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»Shamera?«, ergriff Elsic das Wort.

»Kerim? Meinst du, es wäre möglich, meine Ausgaben für die Schneiderin zu erhöhen?«, fragte sie.

»Was?«

»Ich glaube, ich habe einen Plan. Ich muss Halvok finden.« Vor sich hin murmelnd ging sie zur Tür.

15

Als sie von ihrem Gespräch mit Halvok zurückkehrte, hatte Kerim in seinem Zimmer Elsic, Dickon und Talbot versammelt.

»Lord Halvok glaubt nicht, dass es klappen wird«, berichtete sie unbekümmert, »aber ihm fällt auch nichts Besseres ein, deshalb hat er seine Hilfe zugesagt. Talbot, du musst mich morgen früh zur Schneiderin begleiten, wenn du so nett wärst.«

»Natürlich, Mädel.«

»Elsic, deine Hilfe brauche ich auch.«

»Was immer ich tun kann«, erwiderte er, wenngleich ihn offensichtlich überraschte, dass er zu etwas nütze sein sollte.

»Wir haben die Möglichkeit, dass Sky nicht der Dämon ist, noch nicht gänzlich ausgeschlossen«, meldete sich Kerim langsam zu Wort. »Falls sie es nicht ist: Wird sie durch das, was du vorhast, verletzt?«

»Nicht körperlich«, antwortete Shamera nach kurzer Überlegung. »Wenn sie menschlich ist, wird es sie höchstens erschrecken.«

Er dachte darüber nach. »Ich vermute, wir haben wohl keine andere Wahl.«

»Warum gerade ich als Begleitung?«, fragte Talbot, als sie durch den morgendlichen Verkehr ritten.

»Ich brauche dich, wenn wir nach Fegfeuer gehen«, erwiderte Sham und wich geschickt einem überladenen Wagen aus.

»Fegfeuer?«

Sie grinste. »Ich brauche auch den Hai.«

Sham verlagerte das Gewicht, und ihre kleine Stute hielt vor dem Laden der Schneiderin an. Talbot tat es ihr gleich und half ihr aus dem ungewohnten Damensattel. Dann holte er eine Münze aus seiner Geldbörse hervor und reichte das Kupferstück und die Zügel beider Pferde einem der Jungen, die auf der Suche nach Gelegenheitsarbeiten durch die Straßen streunten.

Sham hakte sich bei Talbot ein und ließ sich von ihm in den Laden der Schneiderin führen.

Das Garn zu erwerben nahm einige Zeit in Anspruch. Die Schneiderin musste erst überredet werden, bevor sie einwilligte, Sham ihren gesamten Vorrat an Goldgarn zu verkaufen. Es dauerte eine Weile, bis der Goldschmied Nachschub liefern konnte, und die Schneiderin hatte Kleiderbestellungen, für die sie das Garn brauchte. Erst Kerims Brief, der seiner Mätresse unbegrenzte Ausgaben zusicherte, überzeugte die Schneiderin davon, sich zu fügen.

Sie erregten eine Menge Aufmerksamkeit, als sie sich nach Fegfeuer hineinwagten. Sham hatte mit dem Gedanken gespielt, ihre Anwesenheit zu verbergen, letztendlich hielt sie es jedoch für unwahrscheinlich, dass sich Lady Sky die Mühe gemacht hatte, Spitzel anzuheuern. Sie hätte in die Feste zurückkehren und sich wieder in Sham, die Diebin verwandeln können, aber das silbergesprenkelte Seidenkleid – das in kostspieliger Vollkommenheit zu ihrem Pferd passte – würde sich vielleicht noch als nützlich erweisen.

Sie kannte die Verstecke des Hais und hoffte, ihn zu finden, bevor es jemand in der Erwartung einer vollen Geldbörse wagte, sich mit Talbot anzulegen. Und tatsächlich, als sie um eine Ecke bogen, wartete der Hai bereits im Schatten eines löchrigen Vordachs.

Eindringlich sah er eine dreckige Gestalt an, die Shamera und Talbot seit mehreren Minuten verfolgt hatte. Als der Schleicher die Aufmerksamkeit bemerkte, machte er auf dem Absatz kehrt und eilte in die entgegengesetzte Richtung davon.

»Gehen die Geschäfte schlecht, Sham?«

Sie schüttelte den Kopf. »Eigentlich finde ich, dass ich ziemlich erfolgreich geworden bin.«

Der Hai zog die Augenbrauen hoch. »Ach ja?«

»Ich werde dafür bezahlt, nicht zu stehlen. Ich glaube, du hast mir gesagt, dass man weiß, man ist auf seinem Gebiet erfolgreich geworden, wenn man von Leuten dafür bezahlt wird, seiner Tätigkeit nicht nachzugehen.«

»Willkommen im Reich des Erfolgs«, sagte der Hai und schloss ganz Fegfeuer in eine ausholende Geste ein.

»Ich muss mit Tallow reden.«

Der Hai schüttelte den Kopf. »Daraus wird nichts. Ihm wurde vor fünf, vielleicht sechs Tagen die Kehle aufgeschlitzt.«

»Wer beherrscht dann das Gebiet um die Klippen, wo früher der alte Glockenturm stand?«, fragte sie.

Er kratzte sich am Ohr und schürzte offensichtlich überfragt die Lippen. Sham seufzte genervt.

Talbot grinste. »Er sieht dümmer als ein gestrandeter Dorsch aus. Meinst du, ein wenig Gold könnte gegen diesen Gesichtsausdruck Abhilfe schaffen?«

»Nichts«, entgegnete Sham, »würde dagegen etwas ausrichten. Aber es könnte ihn zum Reden bringen.«

Der Hai bleckte die weißen Zähne. »Aber, aber, Sham, du weißt, du liebst mich – und Geschäft ist Geschäft.«

»Etwa so sehr, wie ich die Pest liebe«, murmelte sie.

Der Hai lachte und fing mühelos das Gold auf, das Talbot ihm zuwarf. Er gab den Fegfeuer-Dialekt auf und wechselte in die Ausdrucksweise eines Höflings. »Ein bezaubernder Fiesling, der sich ›Giftpilz‹ nennt, hat diese Hälfte von Tallows Gebiet übernommen. Brauchst du etwas von ihm?«

»Ich muss selbst mit ihm reden.«

Erneut schüttelte der Hai den Kopf. »Er verspeist junge Frauen wie dich zum Frühstück.«

»Und ich zermahle mir Giftpilze fürs Mittagessen«, gab Sham zurück. »Abends esse ich übrigens Haifischsteak.«

Der Hai seufzte und suchte bei Talbot nach Mitgefühl, als er in einen raueren Dialekt verfiel. »Das macht sie ständig mit mir. Ich werde sie auf keinen Fall ohne mich zum Giftpilz gehen und mit ihm reden lassen, und das weiß sie. Verhandlungsspielraum lässt sie einem trotzdem nie. Und sie zahlt nicht einmal für die Dienste, die ich ihr erweise.«

Talbot grinste. »Wenn das jetzt gerade das erste Mal ist, dass dich eine Frau an den …« Er schaute zu Shamera. »Äh … am Wickel hat, dann kannst du dich glücklich schätzen.«

Der Hai deutete in Talbots Richtung und nahm den schweren Akzent eines Hafenarbeiters an. »Siehst du, Mädel? Du zerstörst noch meinen Ruf. Bald wird niemand mehr den Hai ernst nehmen. Ein hübsches Mädel sagt, geh da lang, und ich frage nur, wie weit. Das wird sich rumsprechen. Demnächst wird kein Hai, sondern ein kleiner Giftpilz die Flüsterer anführen.«

Sham beugte sich vom Pferd, bis sich ihr Gesicht auf derselben Höhe mit seinem befand, und ahmte seinen Akzent nach. »Die werden bald von einem toten Hai reden, wenn du nicht anfängst, dich in Bewegung zu setzen. Wir sterben hier noch an Altersschwäche, und der Wind wird unsere Knochen zum Klappern bringen.«

Lachend trat er den Weg die Straße hinab an und ließ sie ihm über das geröllübersäte rissige Kopfsteinpflaster folgen, so gut sie konnten. Sham holte tief Luft und hustete. Komisch, wie schnell sie sich an die frische, salzige Luft der Feste gewöhnt hatte.

Der Hai führte sie zu einem grob aus Ziegeln und Stein errichteten Gebäude in der Nähe der alten Docks und schüttelte den Kopf, als Talbot dazu ansetzte, abzusteigen.

»Die wissen, dass wir hier sind. Lasst sie zu uns kommen.«

»Das werden sie als Beleidigung auffassen«, merkte Talbot an, dem die Spielchen der Straßen durchaus bekannt waren.

Erneut schüttelte der Hai den Kopf. »Sagt ihnen, ihr wolltet eure Pferde behalten. Das wird er nicht in den falschen Hals bekommen.«

»Hoffentlich«, meinte Sham. »Ich brauche seine Zusammenarbeit.«

Der Hai lächelte zuckersüß. »Die bekommst du.«

Shamera wandte sich an Talbot. »Du weißt, dass er nicht so nett ist, wie er tut, oder?«

»Das bin ich auch nicht«, gab Talbot selbstgefällig zurück.

Sie schnaubte gerade, als ein geschniegelt gekleideter, junger Mann die Tür des Gebäudes öffnete.

»Ich bitte um Verzeihung«, sagte er in einem so reinen Cybellisch, dass Kerim ihn darum beneidet hätte. »Aber der Giftpilz hat mich geschickt, um mich nach dem Grund eures Besuchs zu erkundigen.«