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»Er kann nicht mehr gehen?«

»Er wird nie wieder gehen können«, sagte Hagman.

Tarrant fluchte lästerlich. Er war einer von Sharpes Unruhestiftern, ein verdrossener Mann aus Hertfordshire, der nie eine Gelegenheit versäumte, um betrunken und bösartig zu werden. Aber wenn er nüchtern war, dann war er ein guter Schütze, der in der Schlacht die Nerven behielt.

»Es wird alles in Ordnung kommen, Ned«, sagte Hagman tröstend zu ihm. »Du wirst es überleben.«

»Trag mich«, bat Tarrant seinen Freund Williamson.

»Lass das!«, fuhr Sharpe Williamson an. »Nimm sein Gewehr, die Munition und den Säbel.«

»Sie können ihn nicht einfach hier zurücklassen«, sagte Williamson und verhinderte, dass Hagmann den Tornister seines Freundes abschnallte.

Sharpe packte Williamson an der Schulter und zerrte ihn fort. »Ich sagte, lass ihn!« Es widerstrebte ihm, doch der Verwundete würde sie verlangsamen, und die Franzosen würden Tarrant besser ärztlich versorgen, als jeder von Sharpes Männern es konnte. Der Schütze würde in ein französisches Lazarett kommen, von französischen Militärärzten behandelt werden, und wenn er nicht an Wundbrand starb, würde er vielleicht gegen einen verwundeten französischen Gefangenen ausgetauscht werden. Tarrant konnte heimkehren, als Krüppel, und würde höchstwahrscheinlich in einem Armenhaus der Gemeinde enden. Sharpe schob sich zwischen den Bäumen hindurch, um Harper zu finden. Karabinerkugeln fetzten durch die Bäume, und Blätterstückchen wirbelten durch die Lichtbahnen hinter ihnen.

»Fehlt jemand?«, fragte Sharpe Harper.

»Nein, Sir. Was ist mit Tarrant?«

»Er hat eine Kugel in der Hüfte und wird hierbleiben müssen«, sagte Sharpe.

»Ich werde ihn nicht vermissen«, sagte Harper. Bevor Sharpe den Iren zum Sergeant gemacht hatte, war er ein Kumpan des Unruhestifters gewesen, der einer der Rädelsführer gewesen war. Jetzt war Harper eine Geißel für die Unruhestifter. Es ist sonderbar, was drei Streifen bewirken können, dachte Sharpe.

Sharpe lud sein Gewehr, kniete sich bei einem Lorbeerbaum nieder, spannte die Waffe und spähte zu den Franzosen. Die meisten der Dragoner saßen auf den Pferden, doch ein paar Männer waren zu Fuß und versuchten ihr Glück mit ihren Karabinern, obwohl die Distanz zu groß war. Sharpe schätzte, dass in ein, zwei Minuten an die hundert Infanteristen als Verstärkung da sein würden. Es war höchste Zeit, zu verschwinden.

»Senhor.« Ein sehr junger portugiesischer Offizier trat zu Sharpe und verneigte sich.

»Später!« Sharpe wollte nicht so brüsk sein, doch die Zeit drängte und er wollte sie nicht mit Höflichkeiten verschwenden. Er schob sich an dem portugiesischen Offizier vorbei und rief nach Hagman. »Haben Sie Tarrants Sachen?«

»Hier, Sir.« Hagman trug das Gewehr des Verwundeten über der Schulter, und seine Patronentasche baumelte vom Gürtel. Es hätte Sharpe gewurmt, wenn die Franzosen ein Baker-Gewehr erbeutet hätten. Sie machten schon Ärger genug, ohne dass man die beste je ausgegebene Waffe einem feindlichen Plänkler überließ.

»Hier entlang!«, befahl Sharpe und marschierte nach Norden vom Fluss fort.

Er verließ absichtlich die Straße. Sie folgte dem Fluss, und die Wiesen auf dem Ufer des Douro boten wenig Hindernisse für verfolgende Kavallerie. Ein schmalerer Weg wand sich nach Norden durch die Bäume, und Sharpe schlug ihn ein, nutzte das Waldstück als Deckung auf der Flucht. Als das Terrain höher wurde und sich die Bäume lichteten, gingen sie in Korkeichen über, die kultiviert waren, denn sie lieferten die Korken für Oportos Wein.

Sharpe schlug ein zermürbendes Tempo an und ließ erst nach einer halben Stunde halten, als sie an den Rand der Korkeichenplantage gelangten und ein großes Tal mit Weingärten erblickten. Die Stadt war noch in Sicht im Westen, und der Rauch von ihren vielen Feuern trieb über die Eichen und Reben. Die Männer rasteten. Sharpe hatte mit Verfolgern gerechnet, doch die Franzosen wollten offenbar Oportos Häuser plündern und schöne Frauen finden und hatten kein Interesse daran, eine Hand voll Soldaten zu verfolgen, die in die Hügel flüchteten.

Die portugiesischen Soldaten hatten mit Sharpes Männern Schritt gehalten, und ihr Offizier, der zuvor versucht hatte, mit Sharpe zu sprechen, näherte sich ihm jetzt wieder. Er war sehr jung und schlank und trug eine brandneue Uniform. Sein Offizierssäbel hing von einer weißen Schulterschärpe mit silberner Paspelierung herab, und an seinem Koppel hing in einem Holster eine Pistole, die so sauber aussah, als wäre sie noch nie abgefeuert worden. Der Offizier sah gut aus mit seinem schwarzen Schnurrbart, den Sharpe etwas zu dünn fand, und etwas an seinem Auftreten ließ darauf schließen, dass er ein Gentleman war. Seine schwarzen und intelligent blickenden Augen wirkten sonderbar melancholisch, aber das war vielleicht keine Überraschung, denn er hatte soeben erlebt, dass Oporto in die Hände der Invasoren gefallen war. Er verneigte sich vor Sharpe. »Senhor?«

»Ich spreche kein Portugiesisch«, sagte Sharpe.

»Ich bin Leutnant Vicente«, sagte der Offizier in gutem Englisch. Seine dunkelblaue Uniform war an den Seiten weiß paspeliert und hatte Silberknöpfe und rote Manschetten und einen hohen roten Kragen. Er trug eine barretina, einen Tschako mit falscher Front, der seiner bereits beachtlichen Größe über vier Inch hinzufügte. Die Zahl 18 schmückte die Frontplatte der barretina. Er war außer Atem, und Schweiß glänzte auf seinem Gesicht, aber er war entschlossen, gute Manieren zu wahren. »Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Tapferkeit, senhor.«

»Ich war nicht tapfer«, sagte Sharpe, »sondern einfach blöde.«

»Sie waren tapfer«, beharrte Vicente. »Und wir beglückwünschen Sie.« Er wirkte einen Moment, als wolle er den Säbel ziehen und förmlich salutieren, doch Sharpe schaffte es, Vicentes Überschwang mit einer Frage nach der Zahl seiner Männer zu bremsen. »Es sind sechsunddreißig, senhor«, antwortete der junge Portugiese ernst. »Und wir sind vom achtzehnten Regiment, das zweite in Oporto.« Das Regiment, sagte er, hatte die provisorischen Palisaden am Nordrand der Stadt verteidigt und sich dann zur Brücke zurückgezogen, wo es sich in Panik aufgelöst hatte. Vicente war mit diesen sechsunddreißig Männern, von denen nur zehn von seiner eigenen Kompanie waren, ostwärtsmarschiert. »Es gibt noch mehr von uns«, sagte er, »viel mehr, aber die meisten sind auf der Flucht. Einer meiner Unteroffiziere sagte, ich sei ein Narr, wenn ich versuchte, Sie zu retten, und ich musste ihn erschießen, um die Moral aufrechtzuerhalten, damit sich keine Verzweiflung breitmacht. Dann führte ich diese Freiwilligen zu Ihrer Unterstützung.«

Ein paar Sekunden starrte Sharpe den portugiesischen Leutnant nur an. »Was haben Sie getan?«, fragte er schließlich.

»Ich führte diese Männer zurück, um Ihnen zu helfen. Ich bin der einzige Offizier in meiner Kompanie geblieben, also wer sonst konnte die Entscheidung treffen? Hauptmann Rocha fiel durch eine Kanonenkugel hinter der Schanze - und die anderen? Ich weiß nicht, was mit ihnen passiert ist.«

»Nein«, sagte Sharpe. »Was haben Sie zuvor getan? Sie haben Ihren Sergeant erschossen?«

Vicente nickte. »Ich werde natürlich vor ein Kriegsgericht gestellt werden. Ich werde auf Notstand plädieren.« Seine Augen füllten sich mit Tränen. »Aber der Feldwebel sagte, Sie wären alle so gut wie tot und wir seien geschlagen. Er bedrängte die Männer, ihre Uniformen auszuziehen und zu desertieren.«

»Sie haben das Richtige getan«, sagte Sharpe anerkennend.

Vicente verneigte sich wieder. »Sie schmeicheln mir, senhor.«