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   Das Haus von Onkel Hans war sehr gemütlich,  und  mein  kleines  Zimmer  unter  dem Dach  erst  recht.  Er  hatte  Wiesenblumen hineingestellt,  und  es  gab  ein  uraltes  Waschbecken  an  der  Wand. Als ich alles angesehen hatte,  backte  er  in  der  Küche  zwei  dicke Apfelpfannkuchen mit Zucker und Zimt, und während wir aßen, fragte ich: »Wo ist denn die Katze?«, denn Katzen liebte ich ganz besonders.

      »Sie  versteckt  sich  immer,  wenn  jemand kommt«,  sagte  Onkel  Hans,  »und  dann  be-obachtet  sie  erst  alles,  und  irgendwann schleicht sie herbei und sagt Guten Tag.«

   »Guten Tag«, sagte neben mir auf dem Boden

Der Esel schlug heftig mit dem Schwanz und iahte laut.

eine  grauschwarz  getigerte  Katze  und  sprang auf meinen Schoß.

   »Oh!«, rief Onkel Hans, »Bella, da bist du ja!

Das ist unsere kleine Käthe, von der ich dir so viel  erzählt  habe!«

   »Das seh ich«, sagte Bella, rollte sich auf meinem Schoß zusammen und schnurrte.

   »Was hast du denn von mir erzählt?«, wollte ich wissen, und Onkel Hans sagte: »Och, alles, was man eben so erzählt � dass du schöne Aufsätze schreibst, dass du meistens zwei verschie-dene  Strümpfe  trägst,  was  für  eine  Leseratte du bist...«

   »Warum trägst du meistens zwei verschie-dene Strümpfe?«, fragte Bella, und ich antwortete:  »Passende  Strümpfe  zu  finden  hält  viel zu lange auf.«

   Onkel Hans lachte und sagte: »Ich sehe, ihr beide versteht euch. Das ist wichtig, denn Bella ist  hier  sowas  wie  der  Chef  für  gute  oder schlechte  Laune.  Wenn  sie  faucht,  geht  alles in  Deckung.«

      Ich  streichelte  die  Katze  und  fühlte  ihr Schnurren durch meinen ganzen Körper, und

Mir fielen die Augen zu und ich hörte noch den Hund, der draußen ein langgezogenes Heulen ausstieß.

auf einmal fühlte ich auch, wie müde ich war

� von der langen Reise, von all den Aufregun-gen. Und Onkel Hans sagte:

   »So, nun gehst du in dein Bett, und ich lauf rasch  in  die  Wirtschaft  rüber  und  ruf  beim Bäcker an, dass du gut angekommen bist, sonst macht sich deine Mutter noch Sorgen. Ich lass dir den Hund da, dann musst du keine Angst haben.«

   »Ich hab keine Angst«, sagte ich und ging sehr glücklich mit Bella im Arm die Treppe hinauf in mein kleines Zimmer. Bella schlief bei mir im Bett und erzählte mir noch, dass Minz und Maunz, die beiden Katzen, die das Paulinchen aus  dem  Struwwelpeter  so  nachdrücklich  vor den Zündhölzern warnen und das verbrannte Paulinchen am Schluss so sehr beweinen, dass diese  beiden  entfernte  Cousinen  von  ihr  wä-

ren.  Und  sie  zitierte  mit  grollender  Stimme:

»Und  Minz  und  Maunz,  die  Katzen,  erheben ihre  Tatzen.«

   Der Mond schien durch das kleine Fenster, mir fielen  die Augen  zu  und  ich  hörte  noch  den Hund, der draußen ein langgezogenes Heulen

ausstieß. Ich verstand: »Ach, ist das blöööööd, wenn man so allllllt wird und die Knoooooo-chen tun so weeeeeeh!« Und dann schlief ich ein.

   Was soll ich noch erzählen � jeder kann sich vorstellen, wie wunderschön es im Westerwald war. Ich machte lange Wanderungen mit Onkel Hans oder auch nur mit dem Hund, dem es  übrigens  gut  gefiel,  dass  er  keinen  Namen hatte  und  einfach  nur  Hund  hieß.  »Es  macht mich wichtiger«, sagte er.

   Ich lag auf der Wiese hinterm Haus und hörte stundenlang zu, wenn Bella mir von ihrer weit-läufigen Verwandtschaft erzählte � sogar der gestiefelte Kater war ein Vetter dritten Grades und Kater Karlo war ihr Großonkel mütterli-cherseits. Ich holte die Eier von den Hühnern und verbot Quint, schon um fünf Uhr zu krä-

hen.

   Manchmal hielt er sich daran, aber nicht immer,  und  wenn  ich  schimpfte,  sagte  er  vor-wurfsvolclass="underline"

      »Nennt  mich  Octavian  und  ich  krähe  um acht.  Mein  Name  verpflichtet.«

Ach, es war einfach wunderschön. Es gab sehr oft Apfelpfannkuchen  mit  Zucker  und  Zimt, es  gab  Speckpfannkuchen  mit  Salat  oder Leineweberpfannkuchen mit rohen Kartoffel-scheiben und Mettwürstchen. Es gab Bratkar-toffeln,  Nudeln  und  Griesbrei,  und  an  meinen Husten dachte ich überhaupt nicht mehr.

Abends spielten Onkel Hans und ich Domino oder Fang den Spitz oder Schwarzer Peter, und tagsüber gab es immer eine Menge zu tun. So viele  Tiere  wollten  gepflegt,  gefuttert,  ge-bürstet, versorgt werden � ich fiel abends wie ein  Klotz  in  mein  Bett  unter  dem  Dach  und war so glücklich wie noch nie in meinem Leben.

   Aber die Ferien gingen zu Ende. Und eines Tages kam meine Mutter, um mich wieder mit nach  Hause  zu  nehmen.  Wir  holten  sie  am Bahnhof ab. Sie freute sich darüber, dass ich so gut aussah, und kniff Onkel Hans in den Arm:

   »Na, du alter Schlawiner«, sagte sie, »da hast du ja anscheinend mal was richtig gemacht.«

    Im Haus sah sie sich alles an, fand es eine ziemliche  Männerwirtschaft,  ordnete sofort

Dem Hund gefiel es übrigens gut, dass er einfach nur Hund hieß.

einige Gegenstände in der Küche um, putzte die Fenster und sah sich flüchtig die Tiere an

� sie mochte Tiere nicht besonders gern.

   »Das ist Gertrud«, sagte ich ein bisschen bos-haft und zeigte auf eine der beiden Ziegen.

      »Typisch«,  sagte  meine  Mutter,  »die  Ziege nennt er Gertrud, dann heißt der Esel hoffent-lich auch Hans.«

   »Nein, er heißt Igor«, sagte ich, und sie antwortete:

   »Soviel ich weiß, heißt Igor im Russischen Hans.«

Am Abend  vor  der Abreise  bellte  plötzlich draußen laut und aufgeregt der Hund und ein offensichtlich  kleinerer  Hund  antwortete ihm.

   »Wer kommt denn nun noch?!«, sagte Onkel Hans und ging zur Tür. Draußen stand Roswitha Gansauge mit Gustavo, sie hatte einen großen  Kirschkuchen  in  der  Hand  und  sagte:

»Ich  will  nicht  stören,  aber  ich  möchte  dem kleinen  Mädchen  einen  Kuchen  bringen  und Auf Wiedersehn  sagen.«

   Ich schrie auf vor Freude und flog ihr an den Hals, als wäre sie schon mein ganzes Leben lang meine Freundin gewesen, und Gustavo sprang wie ein Gummiball an mir hoch. Bella fauch-te: »Was für eine merkwürdige Kreatur!« und verzog sich beleidigt. Onkel Hans holte einen Stuhl  und  ein  Glas  Rotwein  für  Roswitha Gansauge,  und  meine  Mutter,  die  Früchtetee trank, sagte:

      »Ach,  hast  du  hier  auch  schon  wieder Damenbekanntschaften?«

      »Gertrud,  nehme  ich  an?«,  strahlte  Roswitha  Gansauge und gab ihr die Hand. »Ich bin Roswitha Gansauge, und das ist Gustavo. Wir sind mit Katharina hergefahren, und ich wohne nicht weit weg und hatte heute Lust, mal vor-beizukommen und diesen Kirschkuchen abzu-liefern und zu hören, wie es Katharina so geht.«