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Doch es waren keine Tentakel. Es waren die Wurzeln von Teldrassil. Auf jeden Druiden bewegte sich eine Wurzel zu, sie schlängelten sich heran, als wollten sie angreifen. Dennoch rührte sich niemand. Sie alle wussten, dass Teldrassil sie nicht verletzen wollte, sondern stattdessen um Hilfe bat...

Eine riesige Wurzel wand sich bereits um Fandral. Dabei bildeten sich an der Hauptwurzel kleine Auswüchse. Sie wiederum wickelten sich um den Erzdruiden wie Rankengewächse, bis er von ihnen halb bedeckt war.

Es war eine Variante – eine gigantische, natürlich – jener Methode, wie die Druiden mit der Flora von Azeroth kommunizierten. Was man nicht sehen konnte, war, dass die Ranken ihr Innerstes durchdrangen, Nachtelf und Pflanze fast zu einem einzigen Wesen machten.

Fandral hielt das Götzenbild von Remulos ausgestreckt. Es leuchtete nun in einem schwachen Grün. Diese Farbe deutete auf den Drachen hin, mit dem das Götzenbild verbunden war. Nicht einmal Remulos wusste, an welchen der grünen Drachen seine Kreation gebunden war. Diese Wahl war im Geheimen von Ysera getroffen worden. Doch dieser Drache musste sehr mächtig sein.

Broll spürte etwas Angst, als die Magie der Figur sowohl ihn als auch Teldrassils Wurzel berührte. Doch sein Vertrauen in den Erzdruiden verdrängte seine Erinnerung an die scheußlichen Taten des Artefakts. Die Magie drang in den Geist des Druiden und seine Seele ein...

Er wurde zu Teldrassil, und Teldrassil wurde zu ihm.

Broll konnte die Freude nicht zurückhalten, die ihn überkam. Er fühlte sich, als läge ihm ganz Azeroth zu Füßen, so tief und so weit reichten die Wurzeln des Weltenbaums mittlerweile. Er blickte weit über die Insel hinaus, weit über die umgebenden Wasser...

Bevor seine Wahrnehmung sich allerdings noch mehr ausdehnen konnte, spürte Broll ein Ziehen. Ein Hauch von Schwäche berührte ihn. Doch Fandrals Gedanken erfüllten seinen Geist und versicherten ihm – und dem Rest -, dass sie sich auf dem richtigen Weg befanden.

Die Macht der Druiden floss in Teldrassil hinein und nährte ihn. Stärkte ihn. Was auch immer den Baum quälte, würde sich ihrem vereinten Willen und Verlangen nicht dauerhaft widersetzen können. Und dann würde ihnen Teldrassil bei der Suche nach Malfurion helfen, wie der Erzdruide es versprochen hatte...

Er hatte gerade an seinen Shan’do gedacht, da bemerkte Broll einen Missklang in seinem Bewusstsein. Finsternis breitete sich in seinen Gedanken aus, und er spürte dasselbe Unbehagen, das er erlebt hatte, als er die Vision des korrumpierten Teldrassils gesehen hatte. Broll versuchte, dieses Unbehagen loszuwerden, doch stattdessen wuchs es...

Broll Bärenfell...

Der Klang seines Namens verdrängte den letzten Rest innerer Ruhe. Kannte er die Stimme? War es...

Die Verbindung zwischen Teldrassil und ihm brach ab. Broll keuchte und fiel auf die Knie. Vage spürte er die anderen um sich herum, darunter Hamuul. Hatte Hamuul nach ihm gerufen, so wie schon zuvor? Nein, es hatte fast schon nicht echt geklungen. Das Geräusch war spurlos aus seinen Gedanken verschwunden.

Es war schwer, sich darauf zu konzentrieren. Wie ein Traum entschlüpfte es in sein Unterbewusstsein...

Hamuul legte eine Hand auf seine Schulter. Broll sah auf. Eine Handvoll Druiden umstanden ihn, die meisten waren Freunde.

„Es geht mir gut“, sagte er atemlos. „Vergebt mir, dass ich den Zauber brach...“

„Ihr hattet nichts damit zu tun“, antwortete Naralex verblüfft, als er sich zu Broll hinabbeugte. „Hamuul rief uns zu Euch, und wir waren die Nächststehenden. Doch Ihr habt unseren Zauber nicht unterbrochen...“

Naralex und Hamuul halfen dem Druiden beim Aufstehen. Broll errötete vor Verlegenheit. „Wenn ich es nicht war, wer dann?“

Doch noch während er sprach, spürte er durch das Land um sich herum, dass die Druiden nicht mehr allein waren. Eine fremde Präsenz näherte sich schnell.

Broll blickte zu Fandral, der mit dem Rücken zu Teldrassil stand und seinen Blick auf den Pfad zu ihrer Linken gerichtet hatte. Es war ihm nun klar, dass der Erzdruide den Zauber unterbrochen hatte, und zwar wegen der Ankunft von Außenstehenden.

Eine Gruppe Neuankömmlinge schritt ohne zu zögern in ihre Versammlung. Sie stellten sich schützend vor ihren Anführer. Obwohl es Nachtelfen waren, konnte man sie nicht mit Druiden verwechseln.

Alle waren weiblich und gehörten einem religiösen Orden an. Sie trugen leere Scheiden an der Seite und Köcher auf dem Rücken. Broll nahm an, dass sie ihre Waffen aus Respekt vor der Versammlung der Druiden zurückgelassen hatten. Er konnte an ihrem geschmeidigen Auftreten und der Anmut erkennen, dass sich diese Frauen nicht nur mit einer Vielzahl von Waffen auskannten, sondern auch im Nahkampf.

Die Gruppe bestand aus elf Kriegerinnen, obwohl die Zahl ihres Ordens bei Weitem größer war. Sie waren in Roben aus schimmerndem Mondlichtsilber gekleidet, die bis zu den Knöcheln hinabreichten. Darauf befanden sich elegante silberne Tränenströme, die von der Mitte bis zu den Oberschenkeln hinabliefen und jeweils in einer blauen Kugel endeten. An der Hüfte trugen sie Gürtel mit dekorativen Schnallen. Die Roben fielen frei und erlaubten so den im Nahkampf versierten Frauen viel Beinfreiheit. Selbst ohne ihre Klingen oder die Bögen stellten diese Elfen eine kampfbereite Truppe dar.

Ihre Anführerin blickte schnell – fast schon ungeduldig – über die Druiden hinweg. Sie breitete die Hände aus... und durch den bewölkten Himmel schien plötzlich der größere von Azeroths zwei Monden und spendete Licht.

„Unsere Anwesenheit stört Euch doch nicht, oder?“, fragte Tyrande Wisperwind höflich. „Immerhin ist dies nicht der Ort, wo sich der Zirkel normalerweise trifft...“

„Die Schwestern der Elune sind uns stets willkommen“, antwortete Fandral. „Obwohl eine Versammlung der Druiden für die Hohepriesterin der Mondgöttin und Herrscherin der Nachtelfen von geringer Bedeutung sein dürfte...“

„Sie wäre tatsächlich nicht bedeutsam, auch nicht an diesem unüblichen Ort...“, antwortete sie. Ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich auf eine Art, die Fandral die Stirn runzeln ließ. Die anderen Druiden wurden unruhig, „... wenn Elune mir nicht persönlich eine schreckliche Wahrheit eröffnet hätte...“

Die Druiden begannen zu rumoren. Fandral gebot ihnen mit einer Geste Ruhe, dann fragte er: „Welche ‚schreckliche Wahrheit‘, Hohepriesterin?“

Tyrande schluckte – der einzige Hinweis darauf, dass die Nachricht sie tiefer berührte. „Malfurion – stirbt...“

„Unmöglich! Wir sorgen für die Sicherheit der Gruft, und Eure eigenen Priesterinnen wachen täglich über seinen Körper. Es gibt keinen Grund für solch düstere Annahmen...“

„Dennoch sind sie berechtigt“, antwortete sie. „Sein Zustand hat sich verändert. Malfurion liegt im Sterben, und wir müssen so schnell wie möglich handeln.“

Bevor Fandral antworten konnte, sagte Brolclass="underline" „Und was sollen wir tun, Hohepriesterin?“

Tyrandes Stimme war hart wie Stahl. „Als Erstes müssen wir zur Mondlichtung reisen...“

3

Der Baum

Der Schmerz durchdrang ihn unaufhörlich.

Er spürte, wie sich die langsamen, aber gleichwohl furchtbaren Veränderungen fortsetzten. Seine Arme waren längst um seinen Kopf verdreht, und seine Finger dehnten und streckten sich in alle Richtungen. Seine Beine waren zu einem dicken Stamm verwachsen, die zwei Gliedmaßen hatten sich vereint – ein Zustand, der bereits ein Leben lang anzudauern schien.

Aber wie lange stand er tatsächlich hier, so starr und bewegungslos? Wie lange war es her, seit der Herr des Albtraums ihn gefangen genommen hatte? Was geschah derweil auf der Ebene der Sterblichen?

Was war mit Tyrande passiert?

Wie schon viele Male zuvor, kämpfte Malfurion Sturmgrimm gegen den Schmerz an. Er hätte auch geschrien – wenn er denn noch einen Mund besessen hätte. Nur seine Augen hatte sein monströser Entführer nicht verwandelt. Der Feind wollte, dass er seine eigene Transformation mit ansah, wollte sich an der Hoffnungslosigkeit in seinem Gesicht ergötzen.