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Damit richtete er sich auf und wandte sich um. In den Händen hielt er ein Schwert, das er Taran reichte. Wie sich herausstellte, wies es an Griff und Scheide nicht die geringste Verzierung auf; dennoch war es in seiner Ausgewogenheit eine Waffe von wahrem Adel. Taran verneigte sich tief vor Dallben und stammelte ein paar Dankesworte.

Kopfschüttelnd meinte der alte Zauberer: „Ob du wirklich Veranlassung hast, mir dafür zu danken, bleibt abzuwarten. Ich wünschte, du brauchtest es nie zu führen und wenn du dich seiner trotzdem bedienen mußt, so führe es mit Verstand.“

„Und seine geheimen Kräfte?“ fragte der Junge mit glänzenden Augen. „Ich bitte dich, sie mir nicht zu verschweigen, so daß ich…“

Dallben unterbrach ihn. „Geheime Kräfte?“ meinte er achselzuckend. „Mein lieber Junge, dies ist ein Stück Metall, das in der Schmiede die Form eines Schwertes erhalten hat, und nichts weiter. Genausogut hätte der Schmied daraus eine Spitzhacke schmieden können oder auch eine Pflugschar. Wie alle Waffen ist diese Klinge so gut und so schlecht, wie es das Herz und die Fäuste des Mannes sind, der sie führt. Mit anderen Worten: Von dir allein wird es abhängen, welche geheimen Kräfte du ihr entlockst. Doch genug davon, laß dir nun Lebewohl sagen!“

Dallben legte dem Jungen die Hand auf den Scheitel. Taran merkte zum erstenmal, wie alt das Gesicht des Zauberers war; zum erstenmal sah er bewußt die Sorgenfalten, die es durchfurchten.

„Machen wir’s kurz!“ sagte Dallben. „Wir werden uns morgen früh nicht mehr sehen, ich eigne mich nicht für Abschiede. Deshalb werde ich’s vorziehen, nicht dabeizusein. Viel Glück auf den Weg also, Taran – und nun hinaus mit dir! Bitte Prinzessin Eilonwy, daß sie dich mit dem Schwert gürte, wie es Brauch ist. Du weißt ja, die alten Sitten verlangen es, daß ein Mädchen den jungen Kriegsmann zu gürten habe – und alte Sitten soll man nach Kräften pflegen, finde ich.“

Eilonwy räumte gerade die Küche auf, als Taran hereinstürmte.

„Schau!“ rief er. „Dallben hat mir ein Schwert geschenkt! Möchtest du wohl so freundlich sein, mich damit zu gürten? Ich bitte dich herzlich darum!“ Überrascht blickte Eilonwy auf und errötete.

„Wenn es dein Wunsch ist.“

„Er ist es“, sagte der Junge. „Außerdem bist du das einzige Mädchen hier in der Gegend.“ „Ach, da liegt der Hund begraben!“ erwiderte Eilonwy. „Soll ich dir etwas sagen, Taran von Caer Dallben? Du kannst gehen und dich mit deinem Schwert gürten lassen, von wem du magst! Und wenn du zwei Wochen lang suchen mußt, bis du ein anderes Mädchen findest: Mir ist das völlig einerlei!“ Sie schüttelte wütend den Kopf und begann, mit den Schüsseln zu klappern. „Was hast du denn?“ fragte Taran verdutzt. „Ich wollte dich nicht verletzen! Wenn du mich gürtest, verrate ich dir, was wir in der Versammlung der Männer beschlossen haben.“

Eilonwy horchte auf, dann streckte sie beide Hände nach Tarans Schwert aus und drängte: „Oh – her damit, her damit! Nicht daß ich neugierig wäre, verstehst du! Gewiß ist von wichtigen Dingen die Rede gewesen, nicht wahr?“ Flink schnallte sie Taran den Ledergurt um die Hüften. „Du wirst nicht von mir erwarten, daß ich dir eine der üblichen Reden halte, von Mannestugend und Unüberwindlichkeit, und was sonst noch gebräuchlich ist. Erstens erscheinen mir große Worte bei einem Hilfsschweinehirten unpassend, und zweitens sind sie mir kaum geläufig.“ Sie trat einen Schritt zurück, musterte Taran aus schmalen Augen und sagte: „Hm – ich muß zugeben, daß sich das Schwert an deiner Seite ganz gut macht.“

Taran zog die Klinge und hielt sie empor. „Sieh!“ rief er. „Welch eine herrliche Waffe für einen Kriegsmann!“ „Schluß damit!“ Voller Ungeduld stampfte Eilonwy mit dem Fuß auf. „Berichte mir nun von der Ratsversammlung!“

„Es geht nach Annuvin“, flüsterte Taran. „Beim Morgengrauen brechen wir auf und holen den Schwarzen Zauberkessel.“

„Das sagst du mir jetzt erst?“ rief Eilonwy. „Da bleibt mir ja kaum noch Zeit, meine Sachen zu packen. Wie lang werden wir fort sein? Dallben muß mir ein Schwert geben, auf der Stelle!“

„Nein, nein!“ widersprach ihr der Junge. „Der Zug nach Annuvin ist reine Männersache, Mädchen haben da nichts verloren.“

„Wie?“ unterbrach ihn Eilonwy. „Männersache? Das könnte euch wohl so passen! Ich werde mit Gwydion reden, so gut wie du bin ich allemal… Du wagst es, den Kopf zu schütteln! Raus da aus meiner Küche, Taran, bloß raus mit dir!“

Taran zog den Kopf ein und ergriff die Flucht. Eine Tonschüssel flog durch die Luft und zerschellte mit lautem Scheppern knapp neben seiner Schulter am Türpfosten.

Prinz Adaon

Im ersten Morgengrauen rüsteten sich die Krieger zum Aufbruch. Eilig sattelte Taran den grauen, silbermähnigen Melynlas, den Gwydion ihm geschenkt hatte. Gurgi, der sich elend fühlte wie eine nasse Eule, weil er daheim zurückbleiben sollte, half ihm die Satteltaschen packen. Entgegen seinem ursprünglichen Entschluß war Dallben nun doch vor die Hütte getreten. Zusammen mit Eilonwy, die an seiner Seite stand, verfolgte er still und gedankenverloren das Treiben. „Mit dir spreche ich nicht mehr!“ rief Eilonwy Taran zu. „Auf dich bin ich böse! Ich komme mir vor wie jemand, den man zu einem Festmahl geladen hat – und dann ist er gerade gut genug zum Geschirrspülen. Aber leb trotzdem wohl!“

Mit Gwydion an der Spitze setzte der Reiterzug sich in Marsch. Taran hob sich im Sattel und winkte zurück. Noch konnte er Dallben und Eilonwy sehen, doch bald verschwanden sie hinter den Bäumen des Obstgartens. Der Wald hatte sich kaum hinter Taran geschlossen und Caer Dallben endgültig seinen Blicken entzogen, als sich Melynlas plötzlich unter zornigem Wiehern steil aufbäumte: Ellidyrs Stute Islimach hatte dem grauen Hengst einen Stoß mit dem Maul versetzt. Taran griff in die Zügel; es gelang ihm gerade noch, sich im Sattel zu halten. Ellidyr brach in ein rauhes Gelächter aus. „Nimm dich in acht vor Islimach, sie ist bissig!“ rief er. „Wir sind uns sehr ähnlich, mein Roß und ich.“ Taran setzte zu einer heftigen Antwort an, doch Adaon, der den Vorfall beobachtet hatte, kam ihm zuvor. Er lenkte sein Roß an die Seite Ellidyrs, und nachdem er ihn wegen seines Verhaltens zurechtgewiesen haue, riet er ihm: „Hüte dich vor dem schwarzen Ungeheuer, das ich auf deiner Schulter hocken sah, als ich vergangene Nacht von uns allen träumte! Es könnte dich eines Tages verschlingen, Sohn des Pen-Llarcau!“ Ellidyr lachte trotzig auf. „Bewahrt mich vor Schweinejungen und Träumern!“ rief er und gab seinem Pferd die Sporen. „Weg von hier, Islimach! Wir suchen uns weiter vorn einen Platz!“

Taran blieb Sattel an Sattel mit Adaon. Eine Frage bewegte ihn, doch es dauerte eine Weile, bis er den Mut fand, sie auszusprechen: „Hast du auch mich im Traum erblickt – und wie ist es gewesen?“ Adaon zögerte einen Augenblick mit der Antwort, dann sagte er: „Du, Taran, warst von Trauer erfüllt.“ „Von Trauer?“ meinte der Junge erstaunt. „Ich wüßte nicht, welchen Grund ich zum Trauern hätte! Daß Gwydion mir erlaubt hat, an diesem Zug nach Annuvin teilzunehmen, erfüllt mich mit Stolz. Ich hoffe, wir werden Gelegenheit finden, Ehre und Ruhm zu erwerben – jedenfalls mehr als beim Schweinebaden und Unkrautjäten!“

„Ich bin schon auf manchem Kriegszug dabeigewesen“, entgegnete Adaon, „doch ich habe auch Äcker bestellt und Ernten eingebracht. Daher weiß ich: ein Feld zu pflügen ist höherer Ehren wert, als wenn du es mit dem Blut deiner Feinde tränkst.“

Adaon war ein guter Reiter. Hoch aufgerichtet saß er im Sattel, erhobenen Hauptes, ein Lächeln auf dem Gesicht. Er schien trunken vom Anblick des Morgens, der funkelnd durch das Geäst hereinbrach. Während Fflewddur, Doli und Coll bestrebt waren, mit Gwydion Schritt zu halten, und Ellidyr verdrossen hinter König Morgants Leuten dreinritt, wich Taran nicht von der Seite Adaons. Auf gleicher Höhe folgten sie dem mit welken Blättern bestreuten Pfad.