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Marek auf der anderen Seite der Tür hatte das Gesicht zu einer blutrünstigen Grimasse verzerrt — er bleckte die Zähne wie ein Tier beim Angriff, dachte Chris. Mareks Körper war aufs äußerste angespannt, als er sein Schwert zum Zuschlagen hob. Zum Töten. Die Tür sprang auf und nahm Chris die Sicht. Dann aber sah er Marek weit ausholen, er hörte einen Schrei, ein mächtiger Blutschwall spritzte zu Boden, und eine Leiche kippte hinterher.

Die Tür prallte schmerzhaft gegen seinen Körper und drückte ihn gegen die Wand. Auf der anderen Seite krachte ein Mann dagegen und stöhnte auf, als ein Schwert sich splitternd ins Holz bohrte. Chris versuchte, hinter der Tür hervorzukommen, aber der Mann fiel zu Boden und versperrte ihm den Weg.

Vorsichtig stieg er über die Leiche, und die Tür knallte gegen die Wand, als Marek sein Schwert gegen einen weiteren Angreifer schwang. Ein dritter Soldat taumelte unter dem Hieb und fiel Chris vor die Füße. Sein Überwurf war blutdurchtränkt, aus seiner Brust sprudelte Blut wie aus einer Quelle. Chris bückte sich, um dem Mann das Schwert abzunehmen. Als er daran zog, packte der Mann es fest und grinste Chris an. Doch es war nur ein kurzer Moment, dann erschlaffte er und ließ das Schwert los, so daß Chris gegen die Wand taumelte.

Der Mann am Boden sah ihn immer noch an. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse der Wut — und erstarrte dann. O Gott, dachte Chris, er ist tot.

Plötzlich kam rechts von ihm ein weiterer Soldat ins Zimmer und stürzte sich mit dem Rücken zu Chris sofort auf Marek. Ihre Schwerter klirrten, sie kämpften verbissen. Aber der Mann hatte Chris nicht bemerkt, und Chris hob sein Schwert, das sich schwer und unhandlich anfühlte. Er fragte sich, ob er überhaupt in der Lage war, damit auszuholen, ob er den Mann, der ihm den Rücken zukehrte, wirklich töten konnte. Er hob das Schwert, beugte den Arm, als hätte er einen Baseballschläger in der Hand - einen Baseballschläger! —, und wollte eben ausholen, als Marek dem Mann den Arm an der Schulter abschlug. Der abgetrennte Arm schlitterte über den Boden und klatschte unter dem Fenster an die Wand. Einen Augenblick lang machte der Mann ein erstauntes Gesicht, dann schlug Marek ihm mit einem Hieb den Kopf ab, und der Kopf flog durch die Luft, prallte neben Chris gegen die Tür und fiel ihm mit dem Gesicht nach unten auf die Zehen. Hastig zog er seine Füße weg. Der Kopf drehte sich, so daß das Gesicht nach oben schaute, und Chris sah die Augen blinzeln und den Mund sich bewegen, als würde er Worte formen. Er wandte sich ab. Aus dem Halsstumpf des Torsos, der am Boden lag, spritzte noch immer Blut. Langsam breitete es sich auf dem Steinboden aus — Unmengen von Blut, wie es Chris erschien. Er schaute zu Marek hinüber, der schwer atmend auf dem Bett saß, Gesicht und Wams mit Blut bespritzt.

Marek sah zu ihm hoch. »Alles in Ordnung mit dir?« Chris konnte nicht antworten. Er brachte keinen Ton heraus.

Und dann fingen die Glocken der Dorfkirche an zu läuten.

Durch das Fenster sah Chris Flammen, die aus zwei Bauernhäusern am hinteren Rand des Ortes, dicht an der Umgrenzungsmauer, loderten. Auf den Straßen rannten Männer auf Höfe zu. »Da ist ein Feuer«, sagte

Chris.

»Das glaube ich nicht«, sagte Marek, der noch immer auf dein Bett saß. »Doch, wirklich«, sagte Chris. »Schau.«

In der Stadt galoppierten Reiter durch die Straßen; sie waren angezogen wie Händler oder Handwerker, aber sie ritten wie ein Feuerwehrtrupp. »Das ist eine typische Ablenkung«, sagte Marek, »um einen Angriff zu starten.«

»Einen Angriff?«

»Der Erzpriester greift Castelgard an.« »So bald schon?«

»Das ist nur eine Vorhut, vielleicht hundert Soldaten. Sie versuchen, Verwirrung und Unruhe zu stiften. Der Hauptteil des Heers ist wahrscheinlich noch am anderen Flußufer. Aber der Angriff hat begonnen.«

Anscheinend dachten andere das ebenfalls. Unten im Hof strömten Höflinge aus dem Festsaal und liefen auf das Burgtor zu. Das Mahl hatte ein abruptes Ende gefunden, und sie verließen die Burg. Ein Trupp bewaffneter Ritter galoppierte hinaus; sie scheuchten die Höflinge in alle Richtungen, donnerten über die Zugbrücke und stürmten durch die Straßen der Stadt.

Kate streckte schwer atmend den Kopf zur Tür herein. »Jungs? Gehen wir. Wir müssen den Professor finden, bevor es zu spät ist.«

Im Festsaal herrschte Chaos. Die Musiker flohen, die Gäste stürzten zur Tür hinaus, Hunde bellten und speisenbeladenes Geschirr schepperte zu Boden. Ritter liefen davon, um in den Kampf zu ziehen, und riefen ihren Knappen Befehle zu. Lord Oliver eilte vom Fürstentisch in die Mitte des Saals, packte den Professor am Arm und sagte zu Sir Guy: »Wir gehen nach La Roque. Kümmert Euch um Lady Claire. Und bringt die Gehilfen!«

Robert de Kere stürzte atemlos in den Saaclass="underline" »Mylord, die Gehilfen sind tot! Auf der Flucht getötet.«

»Auf der Flucht? Sie haben versucht zu fliehen? Auch wenn Sie damit das Leben ihres Meisters gefährdeten? Kommt mit mir, Magister«, sagte Lord Oliver düster und geleitete ihn zu einer Seitentür, die direkt in den Hof führte.

Kate lief die Wendeltreppe hinunter, Marek und Chris folgten dicht hinter ihr. Im ersten Stock mußten sie wegen einer Gruppe, die ein Stück vor ihnen hinunterstieg, innehalten. Kate sah Hofdamen und die rote Robe eines älteren Mannes. Hinter ihr schrie Chris: »Was ist denn los?«, und Kate hob warnend die Hand. Es dauerte noch eine ganze Minute, bis sie auf den Hof traten.

Auch hier ein furchterregendes Durcheinander. Ritter auf Pferden trieben das Gewimmel angsterfüllter Feiernder mit Gewalt auseinander. Kate hörte die Schreie der Menge, das Wiehern der Pferde, die Rufe der Soldaten auf der Mauerkrone. »Hier entlang«, rief sie und führte Chris und Marek an der Mauer entlang, hinten um die Kapelle herum und dann seitlich in den äußeren Hof, der ähnlich überfüllt war.

Dann entdeckten sie Oliver auf einem Pferd, mit dem Professor an seiner Seite und einem Trupp Ritter in voller Rüstung. Oliver rief etwas, und alle ritten auf die Zugbrücke zu.

Kate ließ Chris und Marek zurück, um sie allein zu verfolgen, und sie schaffte es gerade noch, am Ende der Zugbrücke einen Blick auf sie zu erhäschen. Oliver wandte sich nach links, er ritt von der Stadt weg. Eine Wache öffnete ein Tor in der östlichen Mauer, und er ritt mit seiner Truppe hindurch ins nachmittägliche Sonnenlicht. Hinter ihnen wurde das Tor schnell wieder geschlossen. Marek holte sie ein. »Wohin?« fragte er.

Sie zeigte zum Tor. Dreißig Ritter bewachten es. Und noch mehr standen auf der Mauerkrone darüber.

»Dort kommen wir nie raus«, sagte er. Direkt hinter ihnen warfen einige Männer ihre braunen Kutten ab und präsentierten sich als Soldaten in grünen und schwarzen Überwürfen; sie fingen sofort an, sich einen Weg ins Schloß zu erkämpfen. Die Ketten der Zugbrücke begannen zu rasseln. »Kommt.«

Als sie über die Zugbrücke rannten, hörten sie das Holz ächzen und spürten, wie es unter ihren Füßen in die Höhe stieg. Die Brücke war bereits einen Meter in der Luft, als sie das andere Ende erreichten. Sie sprangen und landeten auf der freien Wiese.

»Und jetzt?« fragte Chris und stand auf. Er hatte noch immer sein blutiges Schwert in der Hand.

»Hier entlang«, sagte Marek und lief direkt auf das Zentrum der Stadt zu.

Ihr Weg führte an der Kirche vorbei und dann weg von der schmalen Hauptstraße, in der bereits heftig gekämpft wurde: Olivers Soldaten in Kastanienbraun und Grau gegen Arnauts Soldaten in Grün und Schwarz. Marek führte sie nach links durch den Markt, der jetzt verlassen war, alle Waren verpackt, das Gewimmel der Händler verschwunden. Sie mußten zur Seite springen, als ein Trupp von Arnauts Rittern an ihnen vorbei und auf die Burg zugaloppierte. Einer von ihnen schlug mit dem Breitschwert nach Marek und rief etwas. Marek wich aus, sah ihnen nach und ging dann weiter.