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»Als Chief Constable dieses Bezirks - «, begann Sir Benjamin und bellte die Worte regelrecht hervor. Doch der Doktor unterbrach ihn einfach.

»Der Zug kommt. Begleiten Sie mich auf den Bahnsteig.«

Sie hörten, wie das schwache Rattern lauter wurde. Rampoles Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Dr. Fell scheuchte sie wie eine Hühnerschar zum Bahnsteig. Der Scheinwerfer der Lokomotive blinkte zwischen den Bäumen, als sie um die Kurve kam. Die Schienen schimmerten und begannen zu summen.

Ein langes Quietschen ertönte, als ein Bahnhofsbediensteter die Tür des Gepäckraumes aufzog; Licht fiel auf die Bretter des Bahnsteigs. Rampole sah hinüber. Vor dem unheimlichen Hintergrund des trübgelben Himmels sah er nahe am Bahnhof eine reglose Gestalt stehen. Dann bemerkte er, daß zahlreiche dieser reglosen Gestalten in Ecken und Winkeln entlang des Bahnsteiges herumstanden. Sie alle hatten die Hände in den Seitentaschen ihrer Mäntel.

Schnell drehte er sich um. Dorothy Starberth stand neben ihm und starrte die Gleise hinunter. Der Pfarrer kniff seine blauen Augen zusammen, wischte sich die Stirn mit dem Taschentuch und schien etwas sagen zu wollen. Sir Benjamin blickte verstimmt zum Fahrkartenschalter hinüber.

Schwankend und in einem Schwall von Ruß kam der kurze Zug zum Stehen. Der Scheinwerfer war jetzt riesengroß. Die Maschine seufzte und puffte kräftige Dampfwolken in den Himmel. Über dem Bahnhofseingang blinkte eine weiße Lampe. Hinter den gelben, rußigen Fenstern bewegten sich die Reisenden, die aussteigen wollten. Das einzige Geräusch war jetzt ein unterdrücktes Klicken über dem Gerumpel der Gepäckkarren.

»Da...«, sagte Dr. Fell.

Eben erschien ein einzelner Passagier. Rampole konnte das Gesicht bei den schweren Dampfwolken im Zwielicht nicht erkennen. Dann stand der Reisende unter der hellen Bahnhofslampe, und Rampole starrte ihn an.

Diesen Mann hatte er nie zuvor gesehen. Gleichzeitig registrierte er, daß einer der reglosen Männer vom Bahnsteig, die Hand weiterhin in der Tasche, nähergerückt war. Doch er schaute nur auf diese seltsame Gestalt aus dem Zug: ein großer Mann, mit einem altertümlichen eckigen Filzhut auf dem Kopf und einem grauen, säuberlich gestutzten Schnäuzer über dem starken braunen Kinn. Der Fremde zögerte und schwang einen großen Koffer von der rechten Hand in die linke.

»Da«, wiederholte Dr. Fell. Er ergriff den Arm des Pfarrers. »Sehen Sie ihn? Wer ist das?«

Der Pfarrer machte ein bestürztes Gesicht. »Sie sind wohl verrückt! Den habe ich noch nie in meinem Leben gesehen. Was auf Erden - ?«

»Aha«, sagte Dr. Fell. Seine Stimme wurde plötzlich lauter. Es dröhnte und hallte über den Bahnsteig. »Sie erkennen ihn also nicht wieder. Das sollten Sie aber, Mr. Saunders, das sollten Sie. Denn es ist Ihr Onkel!«

Lange war es still. Einer der reglosen Männer kam herüber, stellte sich neben den Pfarrer und legte ihm seine Hand auf die Schulter.

Er sagte: »Thomas Saunders, ich verhafte Sie wegen Mordes an Martin Starberth. Ich muß Sie darauf hinweisen, daß alles, was Sie sagen, protokolliert und gegen Sie verwendet werden kann.«

Er hatte jetzt die andere Hand aus der Tasche gezogen und hielt darin einen Revolver. Obwohl in seinem Kopf alles durcheinanderwirbelte, sah Rampole, daß die reglosen Gestalten aus allen Ecken des Bahnhofs stumm näherrückten.

Kapitel 17

Der Pfarrer rührte sich nicht, sein Gesichtsausdruck blieb unverändert. Er fuhr fort, sich seiner alten Gewohnheit nach mit einem Taschentuch die Stirn zu wischen, einem breiten, praktischen Taschentuch mit schwarzem Saum; die goldene Uhrkette pendelte. Nur seine blauen Augen schienen geschrumpft zu sein. Nicht verengt, sondern geschrumpft, als ob sie tatsächlich kleiner geworden wären. Rampole spürte, daß er sich bemühte, seine salbungsvolle Geschmeidigkeit, seine Gelassenheit, seine ganze Redegewandtheit zu sammeln wie jemand, der vor dem Tauchen noch einmal tief einatmet.

Dann sagte er:

»Das ist absurd. Ich hoffe, das ist Ihnen klar. Allerdings« - eine höfliche Geste mit dem Taschentuch - »scheinen wir - äh - einige Aufmerksamkeit zu erregen. Ich vermute, Sie, meine Herren, sind Kriminalbeamte. Wenn Sie schon so verrückt sind, mich zu verhaften, hätte es doch nicht eines solchen Aufgebotes bedurft. .. Die Leute strömen schon zusammen!« fügte er etwas leiser und verärgert hinzu. »Wenn Sie Ihre Hand unbedingt auf meiner Schulter lassen müssen, dann gehen wir wenigstens zurück zu Sir Benjamins Wagen.«

Der Mann, der ihn verhaftet hatte, ein wortkarger Mensch mit ausgeprägten Linien im Gesicht, blickte zu Dr. Fell hinüber.

»Das ist doch der Mann?« fragte er.

»Ist in Ordnung, Inspektor«, antwortete der Doktor. »Das ist der Mann. Tun Sie ruhig, was er wünscht. - Sir Benjamin, sehen Sie dort den Herrn auf dem Bahnsteig? Erkennen Sie ihn?«

»Großer Gott, ja!« stieß der Chief Constable hervor. »Das ist selbstverständlich Bob Saunders. Er ist zwar älter, als ich ihn in Erinnerung habe, doch ich würde ihn jederzeit wiedererkennen. .. Aber hören Sie, Fell!« Er sprudelte wie ein kochender Kessel. »Sie glauben doch wohl nicht, daß der Pfarrer - daß Saunders - !«

»Sein Name ist nicht Saunders«, meinte der Doktor gelassen. »Und ich bin mir auch ziemlich sicher, daß er kein Geistlicher ist. Wie dem auch sei, Sie haben ja den Onkel erkannt. Ich hatte schon befürchtet, Sie würden damit herausplatzen, bevor ich ihm die Frage stellen konnte. Immerhin bestand die Möglichkeit, daß der falsche Saunders dem echten Pfarrer ähnlich sah. Inspektor Jennings, ich würde vorschlagen, Sie bringen unseren Gefangenen hinüber auf die andere Straßenseite zum grauen Auto dort von Sir Benjamin. Vielleicht sollten Sie, Sir Benjamin, Ihren alten Freund als erster begrüßen, bevor wir anderen dies tun. Erzählen Sie ihm so viel oder so wenig Sie wollen und kommen Sie dann zu uns rüber.«

Saunders nahm seinen Hut ab und fächelte sich Luft zu.

»Dann stecken Sie also dahinter?« wollte er beinahe liebenswürdig wissen. »Ich - äh - das überrascht mich. Das schockiert mich sogar. Ich mag Sie überhaupt nicht, Dr. Fell. Kommen Sie, meine Herren. Sie brauchen meinen Arm nicht festzuhalten, Inspektor. Ich versichere Ihnen, daß ich nicht die geringste Absicht habe wegzulaufen.«

Im schwindenden Tageslicht ging die kleine Gruppe hinüber zu dem Daimler. Bedächtig wandte Inspektor Jennings seinen Kopf: »Ich dachte, ich bringe ein paar von meinen Leuten mit, Sir«, sagte er zu Dr. Fell. »Sie sagten ja, er wäre ein Killer.«

Das häßliche Wort, so emotionslos ausgesprochen, ließ eine Stille entstehen, die nur vom Schlurfen großer Füße durchbrochen wurde. Rampole, der mit Dorothy hinter den anderen ging, starrte auf den breiten Rücken des zuversichtlich voranschreitenden Pfarrers. Der kahle Fleck auf Saunders' Schädel glänzte zwischen dem gelblichen Haarflaum. Er hörte Saunders lachen.

Der Gefangene wurde auf den Rücksitz des Wagens geschoben. Der Pfarrer lehnte sich behaglich zurück und holte tief Luft. Das Wort »Killer« klang immer noch in ihren Ohren. Saunders schien das zu spüren. Vorsichtig glitt sein Blick über sie hinweg, während er mit peinlicher Sorgfalt sein Taschentuch immer wieder neu faltete. Es war, als bereite er seine Rüstung vor.

»Nun denn, Gentlemen«, begann er dann, »lassen Sie uns dies doch für ein hübsches kleines Schwätzchen auf dem Rücksitz eines Automobils nutzen. Was genau werfen Sie mir also vor?«

»Mein Gott«, sagte Dr. Fell und schlug bewundernd auf die Innenverkleidung des Wagens, »das ist verdammt gut, Saunders!

Sie haben doch den Inspektor gehört. Offiziell klagt man Sie lediglich wegen des Mordes an Martin Starberth an.«