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Die Verwalterin schüttelte den Kopf und wischte sich die Hände an ihrer großen safrangelben Schürze ab.

»Nein, den nicht. Ich brauche einen Rat. Ich zahle auch dafür, wenn ich auch nicht viel besitze.«

Ihr Gesicht war so besorgt, daß Fidelma sie am Arm nahm und zu einer der Bänke am Tisch führte. Sie ließ sich ihr gegenüber nieder.

»Du kannst meinen Rat umsonst bekommen, Cru-inn, wenn er für dich so wichtig ist. Wie kann ich dir helfen?«

»Ich möchte wissen ...«, Cruinn zögerte und sprach dann vorsichtig weiter. »Ich möchte wissen, ob eine Frau von niederem Stande einen Mann von fürstlichem Geblüt heiraten kann. Besteht die Gefahr, daß die Ehe nicht gültig ist?«

Im stillen amüsierte sich Fidelma. Sie wollte schon fragen, welchen Fürsten Cruinn denn heiraten wollte, unterließ es aber, denn sie wollte ihr Gegenüber nicht verspotten.

»Es hängt von der Stellung des Fürsten ab. Ist er königlicher Abstammung?«

»Nein, er ist ein aire coisring, der Fürst eines kleinen Clans«, antwortete Cruinn sofort.

»Aha. Nun, gewöhnlich sollten die formelleren Ehen zwischen Partnern von gleichem sozialem Stand geschlossen werden. Selbst von einem bo-aire erwartet man, daß er die Tochter eines Mannes von gleichem Rang heiratet. Aber Ehen zwischen Angehörigen niederen und höheren Rangs gibt es durchaus.«

Cruinn blickte rasch auf.

»Und ist eine solche Heirat gültig?«

»Ja, natürlich. Doch ich muß dich warnen: die finanzielle Last einer sozial gemischten Ehe fällt schwerer auf die Familie des Partners von niederem Rang. Wenn es die Frau ist, die von niederem Rang ist, wie du andeutest, dann muß ihre Familie zwei Drittel der Rinder zum gemeinsamen Vermögen beisteuern. Es ist ein schwerwiegender Schritt, und du solltest es dir gut überlegen, Cruinn, ehe du eine solche Bindung eingehst.«

Cruinn schüttelte den Kopf und lächelte dünn.

»O nein, es handelt sich nicht um meine Heirat, denn ich war sehr glücklich verheiratet und habe ein Kind. Mein Mann ist zwar schon tot, aber ich bin zufrieden. Nein, ich erkundige mich für eine Bekannte, die es selbst nie wagen würde, danach zu fragen.«

Fidelma verbarg ihr Lächeln. Cruinn stellte solche Fragen sicher nicht für eine Freundin. Fidelma war sich sicher, daß es sich um eine persönliche Angelegenheit handelte, konnte sich aber nicht vorstellen, wie Cruinn das Herz selbst des geringsten Lords eines Clans erobert haben sollte. Das war natürlich voreingenommen, was sie aber nicht daran hinderte, ein spöttisches Vergnügen dabei zu empfinden.

»Sag deiner Freundin, sie soll gut darüber nachdenken, denn es gibt einen alten Dreisatz, der besagt, es sei ein Unglück für die Nachkommen eines einfachen Mannes, nach einer Heirat mit den Nachkommen selbst des geringsten Lords zu trachten.«

Cruinn stand auf und knickste dankbar.

»Ich werde das beherzigen, und ich danke dir für deinen Rat, Lady. Nun bereite ich dir das Essen.«

Die Welt ist schon merkwürdig, dachte Fidelma und eilte die Treppe hinauf, um ihre Satteltaschen in ihrem Zimmer abzulegen und Eadulfs in sein Zimmer zu bringen.

Eadulf lag mit geschlossenen Augen auf dem Bett ausgestreckt.

»Wie geht es dir?« fragte sie mitfühlend und legte die Taschen auf den nahen Tisch.

Eadulf zuckte beim Klang ihrer Stimme zusammen und öffnete die Augen nicht.

»Ich glaube, es ist an der Zeit, daß du ein cepoc für mich singst, aber sing es bitte nicht so laut.«

Fidelma schmunzelte. Ein cepoc war ein Grabgesang, die Klage um jemanden, der in die Andere Welt gegangen war.

»Hast du den Aufguß probiert, den Marga dir gegeben hat?« erkundigte sie sich fürsorglich.

»Das mache ich, sobald die dicke Walküre aus der Küche verschwunden ist.«

»Meinst du Cruinn?«

»Genau die.« Eadulf seufzte. »Sie wollte mir eine klebrige Masse zum Essen aufdrängen, als ich hereinkam, noch so ein Kräutermittel. Ich schwöre, sie wollte mich umbringen. Sie erklärte, damit würde es mir besser gehen und sie müsse wissen, was gut ist, denn sie sammle oft Kräuter für die Apothekerin.«

»Im Moment bist du zu nichts zu gebrauchen, Ea-dulf«, sagte Fidelma. »Ich gehe jetzt hinunter und esse. Erhol dich, so schnell du kannst.«

Unten saß Bruder Dianach schon beim Mittagessen. Cruinn war nicht mehr da. Fidelma begrüßte den jungen Mönch und setzte sich. Von Bruder Solin oder dem Neuankömmling im rath war nichts zu sehen.

»Ist Bruder Solin krank?« fragte sie, denn ihr fiel ein, daß sie ihn zuletzt hatte in den Apothekerladen gehen sehen.

Bruder Dianach schaute überrascht auf.

»Krank? Nein. Wie kommst du darauf?«

Fidelma beschloß, das für sich zu behalten.

»So viele Leute leiden anscheinend unter den Nachwirkungen des schlechten Weins gestern abend.«

Bruder Dianach rümpfte mißbilligend die Nase.

»Ich habe Bruder Eadulf heute morgen gewarnt, daß Gleiches nicht gegen Gleiches hilft.«

»Das hast du allerdings«, erwiderte Fidelma und stocherte zerstreut in ihrem Essen. »Ich dachte, ich hätte gehört, es sei ein weiterer Gast im rath eingetroffen?«

Auch darauf ging Bruder Dianach nicht ein.

»Davon weiß ich nichts.«

»Noch ein Reisender aus Ulaidh.«

»Nein. Da irrst du dich bestimmt.«

Auf der Treppe gab es ein Geräusch. Eadulf kam blaß und matt herunter und bereitete sich wortlos einen Aufguß aus Kräutern, die er gewöhnlich in einem kleinen Beutel bei sich trug. Fidelma bemerkte, daß er die Fingerhutblätter, die Marga ihm gegeben hatte, nicht verwendete. Eadulf war in der Kräuterkunde sehr bewandert und wußte, was er tat.

Nach einer Weile kam er mit einem Becher Tee zu ihnen an den Tisch und fing an, mit geschlossenen Augen daran zu nippen.

»Similia similibus curantur?« spottete Bruder Dia-nach verächtlich.

»»Contraria contrariis curantur«, erwiderte Eadulf. »Ich sehe euch später.« Er erhob sich unsicher, nahm seinen Becher und zog sich in sein Zimmer zurück.

Die Tür ging auf, und Bruder Solin kam herein. Er wirkte erhitzt und erregt.

»Ist die Verwalterin nicht da?« fragte er. »Ich habe Hunger.«

Fidelma wollte ihm schon sagen, er könne sich selbst bedienen, als Bruder Dianach aufsprang.

»Ich bringe dir das Essen, Bruder Solin.«

Fidelma schaute den Sekretär mißbilligend an.

»Deine Nase blutet, Solin«, stellte sie sachlich fest. Sie bemerkte auch, daß sein Leinenhemd auf der Brust mehrere Rotweinflecke hatte, und ein paar Spritzer auf seiner Stirn waren angetrocknet. Irgend jemand hatte Solin vor kurzem Rotwein ins Gesicht geschüttet, dessen war sie sich sicher.

Solin schnitt eine Grimasse, zog ein Tuch hervor und hielt es sich an die Nase. Er gab kleine Erklärung, sondern sah sie tadelnd an.

»Ich hoffe, heute nachmittag machen wir größere Fortschritte bei der Verbreitung des Glaubens an diesem Ort.«

»Du warst schuld daran, daß der Vormittag vergeudet wurde«, erwiderte Fidelma kalt.

Bruder Dianach eilte mit einem gefüllten Teller für seinen Herrn herbei und nahm mit unglücklicher Miene wieder am Tisch Platz.

Solin sah Fidelma finster an.

»Vergeudet? Es ist keine Zeitvergeudung, wenn man das Wort Gottes verkündet. Da du deinen Glauben nicht vor diesen Heiden verteidigen wolltest, war es an mir, das zu tun.«

Solin hatte anscheinend immer noch nichts begriffen.

»Hast du nicht bemerkt, daß Murgal mich in die Falle einer theologischen Debatte locken wollte, um damit Zeit zu verschwenden und den Hauptzweck meines Besuchs hier zu vereiteln?« fragte sie.

»Ich sah nur, daß du, statt für deinen Glauben einzutreten, dich aus der Halle entfernt und den Heiden den Sieg überlassen hast!« fauchte Solin. »Und das werde ich Ultan von Armagh übermitteln; du wirst dich vor ihm verantworten müssen.«