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»Nun, daraus ergibt sich nichts, womit ich beweisen könnte, daß seinem Wort nicht zu trauen ist.«

Rudgal nickte.

»Stimmt schon. Obgleich ich nicht glaube, daß er tatsächlich etwas gespart hat, um die Kühe zu kaufen. Vor zwei Tagen hatte er noch kein Geld. Wir spielten auf Ronans Hof, und Artgal verlor viel. Einmal bot er sogar seinen Hof und seine Schmiede als Sicherheit für seinen Einsatz an.«

»Dann hat er also die Kühe oder das Geld dafür beim Glücksspiel gewonnen. Das ist auch nicht strafbar.«

Rudgal schüttelte den Kopf.

»So war es nicht. Er gewann gerade so viel, daß er seinen Hof nicht verlor. Zu Geld kam er bei dem Spiel nicht. Er verließ es so mittellos, wie er es begonnen hatte. Er holte nur soviel heraus, wie er eingesetzt hatte.«

Jetzt erwachte Eadulfs Interesse.

»Womit hat er dann die beiden Kühe bezahlt, und wie hast du davon erfahren?«

»Ich habe zufällig mitbekommen, wie Artgal zu Ronan sagte - und das habe ich deutlich gehört -, daß das Glück ihm gerade hold sei, denn er habe zwei Milchkühe als Belohnung dafür erhalten, daß er die Wahrheit gesagt habe.«

Eadulf blickte rasch auf.

»Hat er genau diese Worte benutzt?«

»Genau diese Worte. Er sagte weiter, in neun Tagen würde er noch eine Milchkuh erhalten, das wären dann drei. Mit drei Milchkühen wäre er auf der sicheren Seite.«

Eadulf sah den blonden Krieger scharf an, den die Wirkung seiner Worte anscheinend nicht kümmerte.

»Wiederhole das noch mal - du sagst, du hast gehört, wie Artgal sagte, er habe zwei Milchkühe als Belohnung dafür erhalten, daß er die Wahrheit gesagt habe und daß er in neun Tagen noch eine erhalten würde? Sind das seine genauen Worte?«

Rudgal kratzte sich den Kopf, als helfe ihm das, sich zu konzentrieren.

»Ja. Das sind die Worte, die er benutzt hat.« »Bist du sicher, daß er wirklich sagte, >in neun Ta-gen< werde er noch eine Kuh erhalten? Hat er sich tatsächlich so ausgedrückt?«

»O ja. Von neun Tagen hat er gesprochen.«

Eadulf lehnte sich zurück und trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte.

»Ist das hilfreich?« fragte Rudgal einen Moment später, nachdem Eadulf nichts weiter bemerkt hatte.

Zerstreut schaute Eadulf den Mann vor ihm an.

»Wie? Hilfreich? Ja - vielleicht, ich weiß es noch nicht. Ich muß drüber nachdenken.«

Rudgal hüstelte nervös.

»Dann gehe ich wieder zu Murgal? Was für eine Antwort soll ich ihm bringen?«

Eadulf zögerte einen Augenblick und lächelte dann breit.

»Sag Murgal, daß ich jetzt bereit bin. Ich werde meine Argumente dem Verfahren entsprechend vortragen und sie begründen. Nimm die Bücher mit und richte ihm das aus.«

»Ich dachte, du brauchst sie noch eine Stunde oder so?«

»Jetzt nicht mehr. Ich glaube, ich weiß nun, welchen Weg ich einschlagen muß.«

»Und du erklärst, daß du heute nachmittag vor Murgal plädieren kannst?«

»Das erkläre ich«, sagte Eadulf mit Betonung.

Rudgal nahm die Bücher, und Eadulf begleitete ihn bis zur Tür.

»Sobald ich Murgal verständigt habe«, meinte Rud-gal, »bringe ich Schwester Fidelma diese Nachricht. Ich wünsche dir Glück, Bruder, für dein Bemühen, sie freizubekommen.«

Eadulf hob die Hand zum Zeichen des Dankes, aber es war deutlich, daß er mit den Gedanken woanders war. Nach einer Weile richtete er den Blick auf die Notizen, die er sich aus den Gesetzestexten gemacht hatte. Er setzte sich wieder an den Tisch und verfiel in tiefes Nachdenken.

Kapitel 13

Eadulf war sichtlich nervös, als er seinen Stehplatz vor dem Brehon Murgal einnahm, der traditionell links neben Laisre saß. Der Fürst sah keineswegs glücklich aus; er hing schweigend in seinem Sessel lag und hatte Murgal die Verhandlungsführung überlassen. Fidelma war von Rudgal aus ihrer Haftkammer geholt worden; er stand dicht hinter ihrem Stuhl, der vor Laisre und Murgal aufgestellt war.

Wie es schien, hatten sich sämtliche Einwohner des rath eingefunden, um das Ereignis mitzuerleben. Eadulf erkannte den Tanist Colla und seine Frau Orla an der rechten Seite des Fürsten. Auch der junge Bruder Dianach war anwesend, seine Miene war finster. Neben ihm saß Esnad. Artgal stand im Hintergrund, immer noch verächtlich grinsend. Die hübsche Apothekerin Marga war da, und an ihrer Seite saß der ansehnliche junge Pferdehändler Ibor von Muirthemne.

Sogar Cruinns umfängliche Gestalt war im Hintergrund zu erblicken. Es herrschte erwartungsvolle Spannung.

Murgal hatte Ruhe gefordert, aber das war kaum nötig. Eine tiefe Stille war eingetreten in dem Augenblick, als Fidelma hereingeführt und ihr bedeutet wurde, sie dürfe sich setzen.

Noch nie war dem Clan von Gleann Geis ein solches Schauspiel geboten worden, wie Colla hinterher zugab.

Murgal eröffnete in aller Form die Anhörung.

»Mir ist der Wunsch Fidelmas von Cashel übermittelt worden, den Antrag zu stellen, daß sie auf Grund ihrer eigenen Sicherheitsleistungen freigelassen werden und in Freiheit bleiben solle bis zu dem Zeitpunkt in neun Tagen, an dem sie, wie vom Gesetz vorgeschrieben, sich gegen die Beschuldigung des Mordes an Solin aus Armagh zu verantworten hat. Ist das richtig?«

»Das ist richtig«, bestätigte Eadulf. »Ich spreche an dieser Stelle für sie.«

Laisre war unzufrieden.

»Hat der Angelsachse das Recht dazu, Murgal?« wollte der Fürst wissen.

»Das hat er, Lord.« Murgals Antwort klang beinahe entschuldigend.

Laisre preßte den Mund zu einer dünnen, geraden Linie zusammen, gab aber das Zeichen, die Anhörung fortzusetzen.

»Verzeih mir, Laisre von Gleann Geis«, begann Ea-dulf stockend und verließ den Verfahrensweg, den Fürsten direkt ansprechend. »Vielleicht darf ich dich über meine Stellung beruhigen. Du nennst mich zu Recht einen Angelsachsen; es stimmt, daß ich nicht in diesem Land geboren wurde. Ich war gerefa in meinem Land, ein Amt, das ich von meinem Vater erbte, ein Friedensrichter ähnlich einem Brehon, und habe nach den Gesetzen meines Volkes Recht gesprochen. Zu dem Weg Christi wurde ich von einem Mann namens Fursa bekehrt, einem Mann aus Eireann, der gekommen war, um die neue Religion in meinem Lande des Südvolks zu predigen. Er überredete mich, meine Ausbildung hier in Eireann fortzusetzen, und ich studierte in Dur-row und Tuam Brecain, obgleich meine Kenntnis eurer Sprache und eurer Gesetze noch lückenhaft ist.«

Murgal antwortete für den finster dreinblickenden Fürsten.

»Deine Rede beweist, daß du dich sehr streng beurteilst, Angelsachse. Du machst dem Vertrauen Fursas in dich alle Ehre. Du brauchst dieses Gericht nur darum zu bitten, dann werden wir dich mit Nachsicht in unseren Gesetzen anleiten. Aus welchen Gründen hast du uns hier zusammenkommen lassen, um darüber zu entscheiden, ob Fidelma von Cashel bis zu ihrer Verhandlung in Freiheit zu setzen sei?«

Eadulf blickte Fidelma kurz mit einem aufmunternden Lächeln an, denn sie saß blaß und steif da in der ungewohnten Rolle als Angeklagte vor einem Brehon. Sie schaute mit ausdrucksloser Miene in die Ferne. Eadulf fuhr fort.

»Ich bin hier, um für die Freilassung Fidelmas von Cashel auf Grund ihres Ranges zu plädieren.«

Laisre schüttelte den Kopf und lehnte sich zu Murgal hinüber.

»Tut er das zu Recht?«

Murgal ignorierte die Frage des Fürsten. Schließlich war er der Brehon und hatte hier den Vorsitz.

»Das ist ein ungewöhnlicher Schritt, Angelsachse. Fidelma von Cashel wird des Mordes beschuldigt. Selbst hoher Rang gewährt in dieser Hinsicht nicht automatisch solche Rechte.«

»Dem möchte ich widersprechen. Das Berrad Ai-rechta sagt, wenn ich den Text richtig verstanden habe, daß selbst bei einer Anklage wegen Mordes der Verdächtige, wenn er von prinzlichem Rang ist und einen guten Ruf hat und die Beweislage unklar ist, durch Entscheidung eines Brehons auf freien Fuß gesetzt werden kann, bis die neun Tage abgelaufen sind, nach denen die Verhandlung stattfinden muß.«