Выбрать главу

Mit gezwungenem Lächeln gestand Eadulf die Wahrheit.

»Es war ein Bluff.«

Fidelma starrte ihn entgeistert an. Langsam sank sie auf einen Stuhl.

»Ein Bluff? Das mußt du mir erklären.«

»Das ist leicht. Rudgal hatte gehört, wie Artgal mit seinem neuen Besitz von zwei Milchkühen prahlte. Artgal gab an, verplapperte sich aber nicht. Er erwähnte jedoch, daß er in neun Tagen eine dritte Milchkuh erhalten werde. Der Zusammenhang ging mir sofort auf. Rudgal hatte mir das erzählt, aber die Bedeutung nicht erkannt.«

Fidelma wurde ganz schlecht bei dem Gedanken, was alles hätte passieren können.

»Und das war alles, was du wußtest, als du ihn vor dem Gericht herausgefordert hast?« fragte sie zaghaft.

Eadulf breitete die Arme aus.

»Es schien mir hinreichend Grund zu geben für die Annahme, daß Artgals neuer Reichtum etwas mit seiner Aussage gegen dich zu tun hatte. Ich bin einfach ein Risiko eingegangen.«

Fidelma starrte ihn entsetzt an.

»Aber kein Brehon hätte es gewagt, zu riskieren, etwas vor Gericht zu behaupten, ohne sichere Kenntnis davon oder einen Beweis zu haben. Hast du noch nie den Satz gehört: sapiens nihil affirmat quod non probat? Ein weiser Mann gibt nie etwas für wahr aus, was er nicht beweisen kann? Wenn Artgal nun nicht gestanden hätte? Wenn du aufgefordert worden wärst, deine Beschuldigung zu beweisen?«

Eadulf machte ein reuiges Gesicht.

»Dann, wie gesagt, wäre es für uns schiefgelaufen. Artgal hätte mich einfach einen Lügner nennen und damit durchkommen können. Aber sein schlechtes Gewissen ließ ihn gestehen, und darauf hatte ich gerechnet.«

Verblüfft schüttelte Fidelma den Kopf.

»So etwas habe ich in all meinen Jahren als Anwältin noch nicht erlebt«, meinte sie schließlich.

»Dann erwidere ich auf deinen lateinischen Spruch mit einem anderen. Si finis bonum est, totum bonum erit«, sagte Eadulf mit selbstzufriedenem Lächeln.

Fidelma lächelte ebenfalls, als sie wiederholte: »Wenn das Ende gut ist, wird alles gut. Ich kann nicht behaupten, daß Ende gut auch alles gut bedeutet, aber erzähle diese Geschichte niemand anderem, vor allem nicht Murgal oder Laisre. Ein durch Täuschung erlangtes Geständnis ist in den Gesetzen der fünf Königreiche nicht vorgesehen.«

»Ich schwöre, es bleibt ein Geheimnis zwischen uns beiden! Aber das ändert nichts an der Tatsache: Artgal wurde bestochen.«

Fidelma schaute in ihren leeren Becher, als suche sie dort nach der Wahrheit.

»Das ist es, was ich nicht verstehe. Man mußte ihn doch nicht bestechen. Ich denke, er hat ehrlich geglaubt, was er zu sehen meinte. Er hätte seine Aussage sowieso nicht geändert. Warum hat Ibor von Muirthemne es riskiert, ihm eine so hohe Summe anzubieten?«

»Wir müssen Ibor von Muirthemne finden«, meinte Eadulf. »Er kann uns sicher weiterhelfen.«

Fidelma sah ihn resigniert an.

»Hast du nicht gehört, was Laisre gesagt hat? Mir sind weitere Nachforschungen verboten.«

»Wann hat dich das je daran gehindert, Nachforschungen anzustellen?« konterte Eadulf belustigt.

»Nun, morgen schließen wir unsere Verhandlungen hier ab, und dann können wir uns mit der Angelegenheit befassen. Die Lösung des Rätsels liegt sicher teilweise oder ganz in Ulaidh, im Norden. Erinnerst du dich, daß wir bei den Leichen im Tal den Halsreif eines Kriegers fanden, der im Norden hergestellt war?«

»Das habe ich nicht vergessen«, antwortete Eadulf.

»Aber wir müssen nicht bis morgen warten. Es ist erst später Nachmittag, und da sind noch die beiden Milchkühe auf Artgals Hof. Selbst stumme Tiere können etwas aussagen.«

Fidelma verstand ihn nicht gleich.

»Tiere fallen nicht vom Himmel«, erläuterte Eadulf. »Sie kommen von irgendwoher. Vielleicht haben sie Brandzeichen. Daraus können wir ersehen, woher sie stammen. Wir könnten dann Ibor selbst nachspüren und feststellen, wen er vertritt und zu welchem Zweck er hier ist.«

Fidelma betrachtete ihn mit zufriedener Anerkennung.

»Manchmal ist man so damit beschäftigt, den Baum zu untersuchen, daß man den Blick auf den Wald verliert. Eine glänzende Idee, Eadulf. Du beweist immer mehr, daß du fast ein dalaigh bist. Aber wir müssen vorsichtig vorgehen. Laisre wird unsere Nachforschungen nicht billigen.«

»Laisre wird nichts davon erfahren. Er und seine Freunde werden bald beginnen zu feiern«, erklärte Eadulf. »Rudgal erzählte mir heute morgen, daß diese abendlichen Feste regelmäßig stattfinden. Ich glaube«, fügte er mit grimmigem Humor hinzu, »es dauert eine Weile, bis ich noch einmal freiwillig zu so einem Fest gehe.«

Fidelma wurde bewußt, daß die Zeit fürs Abendessen nahte und sie die einzigen im Gästehaus waren.

»Wo ist denn Cruinn? Sie müßte doch hier sein und unser Abendessen vorbereiten?« fragte sie.

»Ich fürchte, Cruinn wird das nicht tun. Sie hat anscheinend eine persönliche Abneigung gegen uns gefaßt und verweigert uns den Dienst. Wir müssen selber für uns sorgen. Bruder Dianach ist auch nicht zu sehen. Ich vermute, er akzeptiert die Entscheidung des Gerichts ebenfalls nicht.«

Fidelma war erstaunt.

»Ich kann verstehen, daß Bruder Dianach gegen uns ist. Aber bei Cruinn ist mir diese Feindseligkeit unverständlich. Selbst wenn ich schuldig wäre, was geht sie Bruder Solin an?«

»Sie nimmt dir wahrscheinlich übel, daß du Orla beschuldigt hast. Orla ist hier in Gleann Geis sehr beliebt.«

»Na ja, vielleicht ist es ganz günstig, daß sie nicht da ist. Das gibt uns freie Hand. So können wir uns ohne die Zurückhaltung bewegen, die sie uns auferlegen würde .«

Sie hatte den Satz noch nicht vollendet, als die Tür sich öffnete und Rudgal eintrat. Er wirkte leicht verlegen.

»Ich muß euch leider mitteilen, daß Cruinn sich weigert, für euch zu kochen. Sie ist ziemlich altmodisch .«

»Darüber haben wir gerade gesprochen«, erklärte ihm Fidelma.

»Aber Fidelma wurde doch von Murgal freigesprochen«, meldete sich Eadulf empört zu Wort. »Wie kann Cruinn es da wagen, ihren Pflichten nicht nachzukommen?«

Rudgal zuckte die Achseln.

»Sie ist der Ansicht, wo Rauch ist, da sei auch Feuer. Sie weigert sich, das Gästehaus zu betreten, ehe ihr nicht abgereist seid. Selbst die Ermahnungen Murgals, die zugegeben nicht sehr nachhaltig waren, konnten sie nicht umstimmen. Deshalb bin ich hier, um euch meine Dienste anzubieten, wenn ich auch kein guter Koch bin.«

»Ich danke dir, Rudgal«, sagte Fidelma lächelnd. »Wir können uns gut selbst behelfen, wenn wir nur etwas zu essen und zu trinken bekommen. Wir sind schließlich nur noch einen Tag hier. Und ich bin sicher, Bruder Dianach kann sich auch selbst versorgen. Wo ist er übrigens?«

»Ich habe ihn nicht gesehen.«

Fidelma bedauerte das sehr. Sie erinnerte sich an das geflüsterte Gespräch zwischen Solin und Dianach, bevor Solin zum Stall und in den Tod ging. »Wenn alles gut geht«, hatte Solin zu Dianach gesagt, »fällt Cashel uns zu, bevor der Sommer herum ist.« Uns? Wer war das? Es war klar, daß Dianach an dem feindlichen Komplott beteiligt war, das da geschmiedet wurde. Sie wollte so bald wie möglich mit dem linkischen jungen Schreiber darüber reden, zumal er sich jetzt nicht mehr hinter Bruder Solin verschanzen konnte. Doch wenn er nicht da war, dann gab es genügend anderes zu tun; Eadulf hatte einen guten Vorschlag gemacht.

»Wir haben noch eine Bitte an dich, Rudgal«, sagte Fidelma, die nun wußte, wie sie vorgehen wollte. »Wir möchten zu Artgals Hof und uns die beiden Milchkühe ansehen, mit denen er bestochen wurde.«

Rudgal schaute sie unsicher an.

»Ist das klug, Schwester? Laisre hat weitere Nachforschungen verboten.«