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In der Höhle am Mount Forel träumte John Ackerman von seinem neuen Leben. Er hatte sich bereits auf den Titelblättern der meisten archäologischen Fachzeitschriften gesehen. Nun formulierte er in Gedanken eine Dankesrede für etwas, das, zumindest in seiner Vorstellung, dem Oscar der Archäologie entsprach.

Dieser Fund war eine bedeutende Angelegenheit, ähnlich wichtig wie das Öffnen einer Pyramide oder die Ortung eines bislang unberührten, vollständig erhaltenen Schiffswracks. Magazinartikel, Bücher und Talkshows erwarteten ihn. Wenn sich Ackerman klug genug anstellte, dann bildete dieser Fund die Grundlage einer atemberaubenden Karriere. Er könnte ein allseits anerkannter Großmeister der Archäologie werden, der Mann, den die Medien in solchen und ähnlichen Fällen um eine Stellungnahme und Bewertung bitten würden. Er könnte richtig prominent werden — und das allein war heutzutage schon eine bedeutende Karriere. Wenn er insgeheim ein wenig nachhülfe, wäre der Name John Ackerman schon bald das Synonym für große Entdeckungen.

Dann meldete sein Computer mit einem elektronischen Zwitschern den Eingang einer Nachricht.

Die Nachricht war kurz und bündig.

Informieren Sie vorerst noch niemanden. Wir brauchen mehr schlüssige Beweise, ehe wir mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit geben. Ich schicke Ihnen jemanden, um alles zu überprüfen. Er dürfte in ein oder zwei Tagen bei Ihnen eintreffen. Fahren Sie bis dahin fort, den Fund zu dokumentieren. Tolle Arbeit, John, aber behalten Sie vorerst alles für sich.

Als Ackerman die Nachricht das erste Mal las, war er irritiert. Dann dachte er nach und konnte sich mit dem Gedanken beruhigen, dass sein Sponsor wahrscheinlich einige Zeit brauchte, um die Neuigkeit von dem Fund als Sensation in die Presse zu lancieren. Vielleicht hatte er die Absicht, einem der wichtigeren Rundfunksender die Exklusivrechte an dieser Sache zu verkaufen, und brauchte Zeit, um ein entsprechendes Gespräch zu arrangieren. Vielleicht plante er auch eine konzertierte Aktion aus Magazinen, Zeitungen und Fernsehauftritten.

Nicht lange, und Ackerman konnte an nichts anderes mehr denken, und sein Ego begann, verrückt zu spielen.

Je größer die Publicity wäre, desto grandioser konnte sich auch seine Zukunft entwickeln.

Für Ackerman allerdings würde sich sein durch Selbstüberschätzung aufgeblähtes Ego als eine tödliche Kombination erweisen.

4

Manchmal ist es besser, Glück zu haben, statt clever zu sein. Im obersten Stockwerk eines Hotels in einer Stadt, die sich bei Glücksrittern und Hasardeuren besonderer Beliebtheit erfreute, überflog ein Mann in mittlerem Alter namens Halifax Hickman die Digitalfotos auf einem Computermonitor und lächelte. Nach Lektüre eines gesonderten Berichts, den er vor ein paar Stunden ausgedruckt hatte, stellte er auf einem Notizblock einige Berechnungen an und betrachtete noch einmal die Bilder. Unglaublich. Da fand sich endlich die Lösung all seiner Probleme — inklusive eines steuerfreien Bonus.

Es war, als hätte er einen Vierteldollar in einen einarmigen Banditen gesteckt und einen millionenschweren Jackpot gewonnen.

Hickman brach in Gelächter aus — doch es war kein glückliches Lachen. Das Lachen klang böse und hatte seinen Ursprung an einem freudlosen Ort. Von Rache gesteuert und mit Hass getränkt kam es aus den finstersten Winkeln der Seele des Mannes.

Als das Lachen erstarb, griff er nach dem Telefon und wählte eine Nummer.

Clay Hughes lebte in den Bergen nördlich von Missoula, Montana, in einer Hütte, die er selbst gebaut hatte, und auf einem Stück Land, etwa sechzig Hektar groß, das ihm gehörte. Eine heiße Quelle auf seinem Land lieferte Wärme sowohl für die Hütte wie auch für eine Reihe von Gewächshäusern, die ihn im Wesentlichen mit Nahrung versorgten. Sonnen- und Windenergie erzeugten den notwendigen elektrischen Strom. Mobil- und Satellitentelefon hielten die Sprechverbindung zur restlichen Welt aufrecht. Hughes hatte bei einer Bank in Missoula ein Konto mit sechsstelligem Guthaben, eine Adresse bei einem Schließfach- und Versandservice, um Post zu verschicken und zu empfangen, sowie drei Reisepässe, vier Sozialversicherungsnummern und Führerscheine mit verschiedenen Namen und Adressen.

Er legte großen Wert auf seine Privatsphäre — ein nicht ungewöhnlicher Wesenszug bei Auftragsmördern, die auf keinen Fall auffallen wollen.

»Ich habe Arbeit für Sie«, sagte Hickman.

»Wie viel?«, kam Hughes sofort zum wesentlichen Punkt.

»Circa fünf Tage für fünfzigtausend Dollar. Und ich sorge für die Beförderung.«

»Da nehme ich an, dass jemand in Kürze einen schlechten Tag erwischen wird«, sagte Hughes. »Was sonst noch?«

»Ich muss einen Gegenstand irgendwohin bringen lassen, wenn es erledigt ist«, antwortete Hickman.

»Hilft es der Sache?«, wollte Hughes wissen.

»Ja.«

»Dann ist der Transport kostenlos«, sagte Hughes edelmütig.

»Mein Jet wird in einer Stunde dort sein«, erwiderte Hickman. »Ziehen Sie sich warm an.«

»Ich möchte Gold«, sagte Hughes.

»Sie bekommen es«, versprach Hickman und unterbrach die Verbindung.

Eine Stunde später landete eine Raytheon Hawker 800XP auf dem Flugplatz von Missoula. Hughes schaltete den Motor seines liebevoll restaurierten 1972er International Scout aus. Er holte eine Tasche aus dem Kofferraum, öffnete sie und warf einen letzten prüfenden Blick auf seine Waffen. Zufrieden, dass alles vorhanden und in Ordnung war, zog er den Reißverschluss der Tasche zu, hob sie heraus und stellte sie auf den Boden. Dann schloss er die Heckklappe, bückte sich und machte die Sprengladung scharf, die er als Diebstahlsicherung installiert hatte.

Wenn sich irgendwer an seinem Wagen zu schaffen machte, während er weg war, würde der Scout explodieren, und sämtliche Hinweise auf seine Eigentümerschaft sowie all seine persönlichen Papiere würden gleich mit vernichtet werden. Hughes war im höchsten Maße paranoid. Er lud sich die Reisetasche auf die Schulter und ging zum Düsenjet.

Siebenundvierzig Minuten später überflog er auf einem nord-nordöstlichen Kurs die kanadische Grenze.

5

Am Tag, nachdem die E-Mail aus Grönland abgefangen worden war, saß Langston Overholt IV in seinem Büro im CIA-Hauptquartier in Virginia und betrachtete ein Foto des Meteoriten. Er warf einen kurzen Blick auf einen Bericht über Iridium und studierte dann seine Agentenliste. Wie üblich herrschte Personalknappheit. Er griff in eine Schüssel auf seinem Schreibtisch, nahm einen Tennisball heraus, warf ihn gegen die Wand und fing ihn wieder auf, sobald er zurücksprang. Dieses eintönige Hin und Her beruhigte ihn.

War es die Sache wert, Agenten von anderen Operationen abzuziehen? Es ging wie immer um das Verhältnis zwischen Risiko und Nutzen. Overholt wartete auf einen Bericht aus dem CIA-Labor, der weitere Informationen über die mögliche Bedrohung liefern könnte. Im Augenblick aber war die Lage ziemlich eindeutig. Er brauchte jemanden, der nach Grönland reiste und den Meteoriten in sicheren Gewahrsam nahm. Sobald dies geschehen wäre, minimierte sich das Risiko um einiges. Und da seine sämtlichen Agenten nicht abkömmlich waren, entschied er sich, einen alten Freund um Hilfe zu bitten.

»Zwei fünf zwei vier.«

»Hier ist Overholt. Wie sieht es in Island aus?«

»Wenn ich noch einen Hering esse«, erwiderte Juan Cabrillo, »könnte ich aus eigener Kraft bis nach Irland schwimmen.«

»Es gibt Gerüchte, dass du für die Kommunisten arbeitest«, sagte Overholt.

»Darüber weißt du bestimmt bestens Bescheid«, gab Cabrillo zurück. »In der Ukraine gab es eine Sicherheitslücke.«