„Das ist keine Art, mit jemandem zu reden“, sagte ich. „Schon gar nicht, wenn man von dem Betreffenden etwas will.“
Ich rannte den Korridor entlang ins Klo hinein. Sibla kam hinterhergeklappert.
„Wir tun Ihnen einen Gefallen! Sie sind nur zu dumm, um das zu erkennen!“
„,Uninformiert’ wäre wohl das bessere Wort – und das ist einzig und allein Ihre Schuld!“
Ich schlug die Tür zu und verriegelte sie.
„Warten Sie! Hören Sie zu! Wenn Sie jetzt gehen, dann können Sie in ernsthafte Schwierigkeiten kommen!“
Ich lachte. „Tut mir leid. Sie tragen ein wenig zu dick auf!“
„Dann gehen Sie eben, Sie ungebildeter Affe! Werfen Sie Ihre Chance auf Zivilisation weg!“
„Wovon sprechen Sie?“
Stille.
Dann: „Nichts. Tut mir leid. Aber Sie müssen wissen, es ist sehr wichtig.“
„Das wußte ich bereits. Was ich noch wissen möchte ist, warum?“
„Das kann ich Ihnen nicht sagen.“
„Dann gehen Sie zum Teufel“, sagte ich.
„Ich wußte, es würde den Aufwand nicht wert sein“, sagte Sibla. „Nach allem, was ich gesehen habe, ist Ihre Rasse lediglich ein Haufen von Barbaren und Degenerierten.“
Ich wandte mich dem Fenster zu, öffnete es weit. Dann schwang ich mich auf den Sims, wo ich einen Moment verharrte, um die Entfernung zu schätzen.
„Immer noch besser als ein Haufen Klugscheißer“, sagte ich, dann sprang ich.
7
Dennis Wexroth sagte kein einziges verdammtes Wort. Hätte er es getan, ich hätte ihn wahrscheinlich auf der Stelle erschlagen. Er stand da, die Handflächen gegen die Wand gepreßt, eine zunehmende Röte verunstaltete seine rechte Augenhöhle, wahrscheinlich würde binnen kurzem ein ansehnliches Veilchen daraus werden. Der Hörer seines Telefons lag im Papierkorb, dort hatte ich ihn hingeschleudert.
In meinen Händen hielt ich ein prächtig aussehendes Pergament, das besagte, daß ybissaC mahgninnuC kcirederF sich den Grad eines eigoloporhtnA red drotkoD erworben hatte.
Ich kämpfte um meine Selbstbeherrschung, legte das Dokument auf den Schreibtisch zurück und dämmte den Strom meiner Verwünschungen ein.
„Wie?“ fragte ich. „Wie um alles in der Welt konnten Sie das nur bewerkstelligen? Das … das ist illegal!“
„Es ist, im Gegenteil, vollkommen legal“, sagte er. „Glauben Sie mir, es wurde unter notarieller Aufsicht angefertigt.“
„Nun, warten wir ab, was die Gerichte zu dieser Sache meinen“, sagte ich. „Ich hätte niemals zu einer Graduierung zugelassen werden können, ich habe weder eine Dissertation vorgelegt, noch habe ich mich irgendwelchen mündlichen Prüfungen unterzogen, geschweige denn meine Graduierungsunterlagen eingereicht. Und nun sagen Sie mir einmal, wie Sie mich rechtens zum Doktor machen wollen. Das würde mich wirklich sehr interessieren.“
„Zuerst einmal sind Sie hier eingeschrieben“, sagte er. „Das macht Sie würdig, hier graduieren zu dürfen.“
„Würdig, ja – berechtigt, nein. Das ist ein großer Unterschied.“
„Das stimmt, aber die Voraussetzungen für eine Graduierung werden von der Universitätsleitung erstellt.“
„Was haben Sie getan? Sich mit ihnen zu einer speziellen Audienz verabredet?“
„Natürlich gab es eine außerordentliche Konferenz. Dort wurde unter anderem das Postulat aufgestellt, daß die Einschreibung zum Vollzeitstudenten nur mit dem Ziel erfolgen kann, als Abschluß zu graduieren. Konsequenterweise, wenn alle anderen Faktoren zutreffend sind …“
„Ich habe kein einziges Hauptfach beendet“, sagte ich.
„Die formalen Vorlesungsbestimmungen sind dehnbar, wenn es zu einer vorgezogenen Graduierung kommt.“
„Aber ich habe überhaupt kein Vordiplom gemacht!“
Er lächelte, überlegt es sich dann aber und verbarg sein Grinsen.
„Wenn Sie sich die Regeln sehr sorgfältig durchlesen“, sagte er, „dann werden Sie sehen, daß das Vordiplom nirgendwo als Voraussetzung für eine vorgezogene Graduierung genannt wird. Bei einem ‚qualifizierten Kandidaten’ genügt auch ein angemessener Ersatz’. Das sind die Phrasen, Fred, die Auslegung besorgt der Vorstand.“
„Zugegeben, diese Bestimmungen stehen in der Dissertationsordnung, ich habe sie gelesen.“
„Gut. Dazu kommt dann noch Geheiligte Erde – Eine Studie über Kultstätten, ein Buch, das Sie im Verlag der Universität herausgebracht haben. Es ist so gut, daß man es als eine Dissertation in Anthropologie ansehen kann.“
„Auf diesem Punkt werde ich Sie vor Gericht festnageln“, sagte ich. „Aber fahren Sie fort. Ich bin fasziniert. Sagen Sie mir, wie Sie das Problem der mündlichen Prüfung gelöst haben.“
„Nun“, sagte er, dabei wegblickend, „die Professoren, die in Ihrem Prüfungsausschuß gesessen hätten, stimmten einhellig darin überein, in Ihrem speziellen Fall auf mündliche Prüfungen zu verzichten. Sie sind schon so lange hier und bei allen so gut bekannt, daß es als überflüssige Formalität angesehen wurde. Zudem waren zwei der Profs Klassenkameraden von Ihnen, damals, in den Erstsemestern, und diese Tatsache erschien ihnen doch zu komisch.“
„Das kann ich mir vorstellen. Lassen Sie mich die Geschichte nun selbst beenden. Die Vorsitzenden der Sprachlichen Fakultät waren der Meinung, ich hätte bereits genügend Kurse in den jeweiligen Sprachen belegt, und sie könnten mir ohne weiteres die geforderten Fertigkeiten bescheinigen. Richtig?“
„Könnte man sagen.“
„War es einfacher, mir ein Doktorat zu geben als ein Vordiplom?“
„Ja.“
Ich wollte ihm noch mal eine reinhauen, aber das wäre keine Lösung gewesen. Daher schlug ich mir nur mehrmals mit der Faust in die hohle Hand.
„Warum?“ fragte ich. „Nun weiß ich, wie Sie es angestellt haben, aber die grundlegende Frage bleibt nach wie vor, warum?“ Ich begann, hin und her zu gehen. „Ich habe dieser Universität sämtliche Vorlesungs- und Praktikumsgebühren bezahlt, dreizehn Jahre lang – ein ansehnliches Sümmchen, wenn man alles zusammenzählt –, und ich habe mir niemals etwas zuschulden kommen lassen. Ich bin immer bestens mit den Fakultätsleitern, den Vorsitzenden und meinen Mitstudenten ausgekommen. Abgesehen von meinem Klettern habe ich den Verantwortlichen niemals Grund für Ärger gegeben, und ich habe auch dem Ansehen der Universität nie geschadet … Bitte entschuldigen Sie. Was ich damit sagen wollte ist, daß ich ein sehr angenehmer Kunde für das war, was hier verkauft wird. Und was geschieht? Ich kehre der Uni den Rücken, verlasse die Stadt kurze Zeit, und währenddessen jubeln Sie mir einen Doktor unter. Verdiene ich so eine Behandlung, nachdem ich jahrelang mein Bestes für die Universität gegeben habe? Ich halte es für eine verdammt schäbige Handlungsweise, und ich möchte eine Erklärung dafür haben. Ich möchte sie auf der Stelle. Hassen Sie mich wirklich so sehr?“
„Gefühle spielten dabei überhaupt keine Rolle“, sagte er, wobei er sich mit einer Hand behutsam über die Wange strich. „Ich sagte Ihnen bereits, ich wollte Sie hier loswerden, einfach, weil Ihr Stil und Ihre Einstellung mir überhaupt nicht passen. Daran hat sich nichts geändert. Aber ich trage keine Verantwortung für das Vorgefallene. Ich war sogar dagegen. Uns wurden … nun … gewisse Zwänge auferlegt.“
„Was für Zwänge?“ fragte ich.
Er wandte sich ab. „Ich glaube, ich bin nicht die richtige Person, um mit Ihnen darüber zu sprechen.“
„Doch, das sind Sie“, widersprach ich. „Erzählen Sie mir alles darüber.“
„Nun, die Universität bekommt eine Menge Geld von der Regierung, wie Sie ja sicher wissen. Für Forschungszwecke, Stiftungen und so weiter …“