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Wütend blitzte er sie an und sprach weiter: »Du bist nach wie vor eine Närrin. Er wird sich Mutnedjmets entledigen und dich heiraten, um seine Position als legitimes Mitglied der Dynastie weiter zu stärken. Aus dem gleichen Grund wird er Söhne zeugen. Sobald du ihm die geliefert hast, wird er dich davonjagen, wenn nicht Schlimmeres. Schau, was er seiner eigenen Gemahlin angetan hat. Nimm sein Angebot an, und er wird dich letzten Endes vernichten.«

»Bildest du dir ein, das wüsste ich nicht?«, gab sie zurück. »Haremhab hasst meine Familie und alles, wofür sie stand. Er hat den Ehrgeiz, seine eigene Dynastie zu gründen. Für mich lautet die Frage, ob mein Überleben und das Überleben meiner Dynastie durch meine Kinder mit ihm gesicherter ist, als es andernfalls der Fall wäre. Was für eine Alternative bleibt mir?«

»Zu glauben, dass irgendetwas, was mit dir zu tun hat, durch ihn gesichert wäre, ist dermaßen naiv, dass es an Idiotie grenzt.«

Sie stand auf und wanderte durch den Raum.

»Nur, durch dich wären mein Leben und die Zukunft meiner Dynastie auch nicht gewährleistet«, sagte sie.

Er bedachte sie mit seiner persönlichen Version eines Lächelns, diesem Grinsen, das an das eines Krokodils erinnerte.

»Nichts in diesem Leben ist sicher. Es geht immer nur um Taktik und ums Überleben. Deshalb solltest du dir durch den Kopf gehen lassen, welche Vorteile es dir bringen würde, ein Bündnis mit mir einzugehen.«

Herrisch sah sie ihn an.

»Ich bin keine Närrin. Deshalb habe ich mir bereits durch den Kopf gehen lassen, welche Vorteile es dir bringen würde, ein Bündnis mit mir einzugehen.« Sie blieb stehen und sah ihn an. »Durch eine Ehe mit mir würdest du endgültig ein legitimes Mitglied meiner Dynastie.« Langsam schritt sie um ihn herum. »Jetzt, da der König tot ist, wäre ich für dich das Mittel zum Zweck, das Gefährt für all deine Ambitionen. Als König, der nicht nur regiert, sondern auch den Titel innehat, könntest du noch mehr und noch größere Macht für dich beanspruchen.«

»Meine Ahnen sind der königlichen Familie seit vielen Generationen eng verbunden. Meine Eltern haben deinen Eltern gedient. Als König könnte ich dir jedoch als Gegenleistung für die Ehe die Unterstützung der Priesterschaft, der Ministerien und des Schatzamtes bieten, was dich vor Haremhab und der Armee schützen würde. Denn da mach dir nur ja nichts vor: Er plant einen Staatsstreich.«

»Ich verstehe. Das ist auch eine interessante Perspektive. Nur was ist mit der Zukunft? Du bist sehr alt. Wenn ich dich anschaue, sehe ich einen traurigen, alten Mann. Einen Mann, der der Schmerzen in seinen Zähnen und in seinen Knochen überdrüssig ist. Der der Anstrengung des Ganzen überdrüssig ist. Des Lebens müde ist. Du bist nur noch ein Haufen alter Knochen. Deine Männlichkeit ist nur noch Erinnerung, und selbst die ist verwittert. Wie solltest du mir einen Erben schenken?«

Hass funkelte in seinen Augen, aber er weigerte sich, auf die Provokation zu reagieren und zornig zu antworten.

»Erben können auch auf andere Weise gezeugt werden. Mit meiner Hilfe dürfte sich leicht ein geeigneter Vater für deine Kinder finden lassen. Jedoch wird die Unterhaltung hier jetzt allzu persönlich. Das Allerwichtigste ist, zum Wohle der maat zu regieren. Was ich tue, tue ich ausschließlich zum Wohle der Stabilität und der Vormachtstellung der Beiden Länder.«

Jetzt attackierte sie ihn.

»Deine Nachkommen sind nichts als Schatten. Ohne mich wirst du außer Staub nichts hinterlassen. Nach deinem Tod – und der wird nicht mehr lange auf sich warten lassen, denn keine Macht im Königreich kann dich vor der Sterblichkeit erretten – wird Haremhab deinen Namen tilgen lassen, von den Wänden sämtlicher Tempel im Land. Er wird deine Statuen abbauen und dein Grabmal zerstören lassen. Ein Nichts wirst du sein. Als hättest du nie gelebt. Es sei denn, ich gelange zu dem Schluss, dass du mir nützlich sein könntest. Denn nur durch mich kann dein Name überleben.«

Ohne jede Gefühlsregung hatte er ihr zugehört.

»Du machst den Fehler, dich in Hass zu ergehen. Gefühle zuzulassen wird dir am Ende den Strick drehen, wie es das bei Frauen immer tut. Denn eines vergiss nicht: Allein durch mich kannst du lange genug überleben, um all das zu vollbringen, was du gern vollbringen möchtest. Du solltest inzwischen wissen, dass ich mich vor dem Tod nicht fürchte. Ich weiß, was der Tod ist. Er versteht das.«

Und dabei zeigte er mit dem Finger auf mich.

»Er weiß, dass danach nichts mehr kommt. Es gibt kein Totenreich, und es gibt keine Götter. Das ist alles Blödsinn, Kinderkram. Das Einzige, was wirklich existiert, ist die Macht in den Händen roher Menschen. Das ist der Grund, warum wir alle so versessen darauf sind, sie an uns zu bringen. Womit sollten die Menschen sich sonst gegen ihren unvermeidlichen Untergang absichern?«

Eine ganze Weile sprach niemand ein Wort.

»Ich werde mir alles, was du gesagt hast, durch den Kopf gehen lassen«, sagte sie schließlich. »Und ich werde mich mit Haremhab treffen. Und erst wenn ich sämtliches Für und Wider abgewogen habe, werde ich mich entscheiden. Das wird dann die richtige Entscheidung sein, sowohl für mich und meine Familie wie auch für die Stabilität der Beiden Länder.«

Er erhob sich von der Liege und schlurfte Richtung Tür. Doch bevor er hinausging, drehte er sich noch einmal steif zu ihr um. »Wäge sorgfältig ab, welches der beiden Szenarien das kleinere Übel ist. Haremhabs Armee oder meine Welt. Und dann treffe deine Entscheidung.«

Mit diesen Worten verschwand er.

Sofort begann die Königin, wieder im Raum auf und ab zu gehen.

»Haremhab ist schon hier. Das ist zu früh! Aber warum wartet er noch?«, fragte die Königin.

»Weil er weiß, dass er damit eine gespannte Atmosphäre und Angst erzeugen kann. Das ist Taktik. Er will den Eindruck erwecken, er habe die Lage im Griff. Gebt ihm nicht diese Macht über Euch«, erwiderte ich.

Einen Moment lang sah sie mich an.

»Du hast recht. Wir verfolgen unsere eigene Taktik. An die muss ich mich halten. Ich darf mich nicht von der Angst irreleiten lassen.«

Ich nickte und verneigte mich.

»Wohin gehst du?«, wollte sie ängstlich wissen.

»Ich muss noch etwas mit Eje besprechen. Ich muss ihn etwas fragen. Simut wird bei Euch bleiben, bis ich zurückkomme.«

Ich schloss die Tür hinter mir und lief der schlurfenden Gestalt durch den finsteren Korridor nach. Als er meine Schritte hörte, blieb Eje stehen und drehte sich argwöhnisch um. Ich verneigte mich.

»Was ist jetzt wieder los?«, blaffte er mich an.

»Ich habe eine Frage, auf die ich eine Antwort brauche.«

»Verschwendet mit Euren törichten Fragen nicht meine Zeit. Dafür ist es zu spät. Ihr hattet eine Aufgabe und habt versagt. Verschwindet.«

Und dabei wedelte er herablassend mit seiner knochigen Hand vor meinem Gesicht.

»Mutnedjmet ist hier im Malqata-Palast eingesperrt. Das wurde vor Jahren so veranlasst, auf Eure Weisung und, wie ich annehme, nach Absprache mit Haremhab. Und ich nehme ebenfalls an, dass man sie seither mehr oder weniger vergessen hat.«

Er wirkte erstaunt, als er ihren Namen hörte.

»Und?«

»Sie ist opiumsüchtig. Wer sie mit der Droge beliefert? Die Antwort lautet: jemand, der sich heimlich um sie kümmert. Zum Dank für die Droge, die sie natürlich verzweifelt benötigt, hat sie seine Anweisungen befolgt. Sie war es, die das Relief, die Totenmaske und die Puppe in die königlichen Gemächer geschmuggelt hat. Soll ich Euch sagen, wie sie diesen mysteriösen Mann nennt? Sie nennt ihn den ›Doktor‹.«

Jetzt hörte Eje mir mit ernster Miene zu.

»Hättet Ihr das doch bloß ein paar Wochen früher herausgefunden!«

»Hätte man mir doch bloß ein paar Wochen früher von ihr erzählt«, erwiderte ich.