Выбрать главу

Es blieb also keine andere Wahl, als sich zu verstecken und zu warten. Und zu warten… und zu warten. Alle suchten Schutz unter Deck. Über Stunden hin erfüllte das schwirrende Zischen des Hochzeitszuges die Luft, unterbrochen von Wimmern und dem Krachen plötzlicher heftiger Zusammenstöße.

Schließlich trat wieder Stille ein. Vorsichtig wagten sich Lawler und ein paar andere an Deck.

Die Luft war wieder frei, der Schwarm war weitergezogen. Aber wo irgendwelche Aufbauten an Deck den Flug der Fische behindert hatten, türmten sich tote und sterbende Hexenfische wie Ungeziefer. So zerschmettert die meisten waren, manche besaßen immer noch genug Lebenskraft und zischten, bissen und versuchten sich zu erheben und sich den Leuten ins Gesicht zu schleudern, die das Deck säuberten. Sie brauchten den ganzen Tag, um wieder klar Schiff zu machen.

Den Hexenfischen folgte eine dunkle Wolke, die Regen versprach, jedoch statt dessen einen schleimigen Überzug entließ, eine wandernde Masse eines kleinen fliegenden Mikroorganismus, die faulig roch, das Schiff in unzählbaren Massen bedeckte und auf Masten und Segeln und Takelung und jedem Quadratmillimeter des Decks eine glitschige stinkende Schicht hinterließ. Die Reinigung beanspruchte weitere drei Tage.

Und danach kamen wieder Rammhörner, und Kinverson kam wieder mit seiner Trommel auf Deck gestapft und trieb sie durch sein Getöse in Verwirrung.

Und nach den Rammhömern…

Lawler begann in der gewaltigen den Planeten umspannenden Meeresmasse mehr und mehr eine starrsinnige, unversöhnliche und feindliche Kraft zu sehen, die unermüdlich bald dies, bald jenes als Reaktion gegen die Anwesenheit der Reisenden ins Feld schickte. Als löste diese Anwesenheit auf der Weite des Meeres einen Juckreiz aus, und als kratzte sich der Ozean. Manchmal war dieses Kratzen recht intensiv. Lawler fragte sich, ob sie lang genug leben würden, um Grayvard erreichen zu können.

* * *

Ein segensreicher Tag kam, mit üppigem Regen. Endlich. Er spülte die Reste des schleimigen Mikroorganismus und den Gestank der toten Hexenfische von Deck und erlaubte den Fahrenden, die Trinkwasserbehälter aufzufüllen. Im Gefolge des Regens erschien ein Schwarm von Tauchern und tummelte sich fröhlich und unbekümmert längsseits des Schiffes. Sie sprangen durch den Schaum wie geschmeidige Tänzer, die Touristen in ihrer Heimat willkommen heißen: Doch kaum war der Taucherschwarm davongezogen, da rückte wieder eines dieser Fäkalienbomben schleudernden Koloniewesen heran und beschoß das Schiff erneut mit Brandbomben. Es war beinahe, als hätte der Ozean verspätet erkannt, daß er durch die Entsendung des Regens und dann der Taucher sich den Reisenden gegenüber zu sehr von der freundlichen Seite gezeigt habe, und als wollte er ihnen nun wieder sein wahres Gesicht zeigen.

Und dann blieb wieder alles einige Zeitlang ruhig. Die Winde wehten günstig, die Geschöpfe der Tiefe nahmen Abstand von dem gewohnten Muster ständiger Angriffe. Die sechs Schiffe zogen weiter ihrem Ziel entgegen. Ihre Heckwasser erstreckten sich lang wie große Straßen über die unermeßliche Einsamkeit, die sie bereits durchquert hatten.

In der Stille eines makellosen Morgens — die See beinahe wellenlos glatt, die Brise fest, der Himmel schimmernd wie ein Opal, der wundervolle blaugrüne Ball von Sunrise knapp über dem Horizont sichtbar und einer der Monde noch erkennbar — stieß Lawler, als er an Deck kam, auf eine Gruppe, die auf der Brücke diskutierte. Delagard war da und Kinverson und Onyos Felk und Leo Martello. Und dann entdeckte Lawler auch Father Quillan, der halb hinter Kinversons mächtiger Gestalt verdeckt stand.

Delagard hantierte mit seinem Spähglas. Er bestrich damit die Ferne und berichtete den übrigen etwas, und die deuteten, spähten, gaben Kommentare dazu.

Lawler hangelte sich die Leiter hinauf.

»Ist was im Gange?«

»Irgendwas ja«, sagte Delagard. »Eins von den Schiffen ist fort.«

»Im Ernst?«

»Sieh selbst!« Delagard reichte ihm das Spähglas. »Eine problemlose Nacht. Zwischen Mitternacht und Morgen nichts Außergewöhnliches, melden mir die Spähgasten. Aber zähl mal, wie viele Schiffe du sehen kannst. Eins, zwei, drei, vier.«

Lawler setzte das Glas ans Auge. »Eins. Zwei. Drei. Vier.«

»Welches fehlt?«

Delagard zerrte an seinen dichten fettigen Locken. »Bin mir noch nicht sicher. Sie haben die Flaggen nicht gehißt. Gabe glaubt, es ist die Schwesternschaft, die verschwunden ist. Daß die sich heimlich in der Nacht abgesetzt haben und auf einen eignen unabhängigen Kurs gegangen sind.«

»Aber das war doch verrückt«, sagte Lawler. »Die haben doch gar keine Ahnung von Navigation.«

»Bislang haben sie’s aber ganz gut geschafft gehabt«, bemerkte Leo Martello.

»Ja, aber nur weil sie einfach im Konvoi mitgefahren sind. Aber wenn die jetzt versuchen, allein weiterzumachen…«

»Jaja«, sagte Delagard, »es wäre verrückt. Aber die sind schließlich verrückt. Diese verdammten Lesben, denen trau ich jederzeit zu, daß die…«

Er brach ab. Man hörte Tritte auf der Leiter unterhalb.

»Dag? Bist du das?« rief Delagard. Und zu Lawler gewandt erklärte er: »Ich hab ihn in den Funkraum geschickt, er sollte mal ein wenig rumhorchen.«

Tharps Schrumpfkopf erschien, dann auch der Rest von ihm.

»Die Golden Sun ist abgängig«, verkündete er.

»Die Schwestern fahren auf der Hydros Cross«, sagte Kinverson.

»Richtig«, sagte Tharp beißend. »Aber die Hydros Cross hat geantwortet, als ich sie grad vorhin gerufen hab. Und die Star, die Three Moons und die Goddess. Aber von der Golden Sun nur Funkstille.«

»Bist du ganz sicher?« fragte Delagard.

»Wenn du’s selber versuchen willst, bitte, geh und versuch’s. Ich hab die ganze Flotte gerufen. Und vier Schiffe haben geantwortet.«

»Auch das Schiff der Schwestern?« bohrte Kinverson nach.

»Ich hab mit Schwester Halla persönlich gesprochen. Reicht das?«

Lawler sagte: »Wer führt die Golden Sun? Ich hab es vergessen.«

»Damis Sawtelle«, antwortete Leo Martello.

»Damis würde doch nie so ’nen Alleingang wagen. Dazu ist er gar nicht der Typ.«

»Nein«, sagte Delagard mit einem Blick, in dem sich Argwohn und Zweifel mischten. »Das ist er nicht, oder, Doc?«

* * *

Den ganzen Tag lang versuchte Tharp immer wieder, die Frequenz der Golden Sun einzufangen. Die Funker der anderen vier Schiffe bemühten sich gleichfalls.

Aber auf dem Kanal der Golden Sun blieb alles still. Totenstill.

Delagard stapfte wütend auf und ab. »Ein Schiff, das verschwindet nicht einfach so in der Nacht!«

»Also, das da hat es anscheinend getan«, bemerkte Lis Nikiaus.

»Du halt dein verdammtes Maul!«