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»Also gut«, sagte Delagard schließlich. »Wenn sie noch auf Kiel sind, finden sie vielleicht ’ne Möglichkeit, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Wenn nicht — dann können sie eben nicht. Nur wir können hier nicht ewig weiter herumhocken.«

»Werden wir je erfahren, was mit ihnen passiert ist?« fragte Pilya Braun.

»Wahrscheinlich nicht«, antwortete ihr Lawler. »Der Ozean ist groß, und er steckt voller Gefahren, von denen wir nicht die geringste Ahnung haben.«

»Aber wenn wir wüßten, was sie erwischt hat«, sagte Dann Henders, »hätten wir ’ne bessere Chance, uns selber zu schützen, wenn das nochmal kommt und uns holen will.«

»Wenn wir auf das stoßen, was immer sie vielleicht erwischt hat, und es will uns erwischen«, sagte Lawler, »dann werden wir eventuell erkennen, was es war. Nicht vorher.«

»Dann laßt uns bloß hoffen, daß uns diese Erkenntnis erspart bleibt!«

7

An einem Tag voll dichten Nebels und heftig wogender See tauchten unbekannte trapezoidförmige Geschöpfe mit dicken, zackenbewehrten grünen Rückenpanzern längsseits des Schiffes auf und begleiteten es eine Weile. Sie sahen aus wie schwimmende Vorratstonnen, die sich Schwimmflossen zugelegt hatten.

Die Panzerköpfe waren flach und breit, mit zugespitzten Schnauzen, und als Augen hatten sie nackte kleine weiße Schlitze. Ihre ausladenden Unterkiefer sahen erbarmungslos aus. Lawler stand an der Reling und beobachtete die Erscheinung, als Onyos Felk zu ihm trat und sagte: »Kann ich dich mal für ’ne Minute sprechen, Doc?«

Felk entstammte wie Lawler einer Ersten Familie, doch diese Tatsache galt nicht mehr viel, seit die Gemeinde in See gestochen war. Der Kartograph war so um die Mitte fünfzig, ein mürrischer, kurzbeiniger, schwerknochiger kleiner Mann, der nie ein Weib genommen hatte. Angeblich wußte er eine Menge über hydranische Planetographie und die entsprechende Ozeanographie, und wenn es im Verlauf der Jahre anders gekommen wäre, hätte sehr leicht Felk es sein können, und nicht Nid Delagard, der die Sorve-Werft kontrollierte, aber die Felks waren berüchtigt für ihr Pech und — für ihre Fehlentscheidungen.

»Geht es dir nicht gut, Onyos?« fragte Lawler.

»Wenn du erst mal hörst, was ich dir zu sagen habe, wird’s dir auch nicht mehr so gut gehen. Komm mit runter.«

Aus seinem Abteil im Vorschiff brachte er eine kleine grünliche Kugel an, einen Meeresglobus, allerdings keineswegs vergleichbar mit dem raffinierten Mechanowerk, das Delagard gehörte. Dieses Planetolabium mußte mittels eines kleinen hölzernen Schlüssels aufgezogen werden, und bei jeder Neubenutzung mußten die Positionen der Inseln von Hand neu gesetzt werden; also schlichtweg ein Jux im Vergleich zu Delagards phantastischem Apparat. Felk benötigte ein paar Minuten, sein Gerät zu justieren, dann hielt er es Lawler hin und sagte: »Da. Schau mal da genau hin, hierher. Das ist Sorve, da. Und das ist Grayvard, da ganz weit droben im Nordwesten. Und das ist der Kurs, den wir gesegelt sind…«

Die Beschriftung war eng, verblichen und schwer zu entziffern. Die Inseln lagen dermaßen eng beisammen, daß es Lawler schwerfiel, klar zu begreifen, was er da sah, auch sobald er die Bezeichnungen entziffert hatte. Aber er folgte dem Zeigefinger von Felk westwärts um den Globus, und während der Kartograph ihre bisherige Reise nachvollzog, vermochte Lawler mehr und mehr die Symbole auf der Karte umzusetzen in einen begreifbaren Linienkurs ihrer bisherigen Reise.

»Hier befanden wir uns, als das Netzzeug Struvin gepackt hat. Hier waren wir, als wir die Gillies beim Bau dieser neuen Insel beobachtet haben. Und hier traten wie in das Gelbe Meer ein, und hier, als uns die Rammhörner zum ersten Mal angriffen. Die große Flutwelle kam da über uns und brachte uns leicht vom Kurs ab, so. Kannst du mir folgen, Doktor?«

»Sprich weiter!«

»Hier ist die Grüne See. Und gleich dahinter kommt die Stelle mit den Korallen. Und hier kamen wir an diesen zwei Inseln vorbei, der von den Gillies und der, von der Delagard behauptet hat, daß es Thetopal ist. Und dann kam dieser dreitägige Orkan, der die Flotte zerstreute. Die Hexenfisch-Schwärme waren hier drüben. Und hier ging uns die Golden Sun verloren.« Felks plumper Finger war nun weit um die Rundung des kleinen Globus vorgestoßen. »Fällt dir nicht allmählich einiges Merkwürdige auf, Doc?«

»Zeig mir doch noch mal, wo Grayvard liegt.«

»Hier. Hier oben. Nordwestlich von Sorve.«

»Verstehe ich das nicht richtig, oder gibt es da einen nautischen Grund wegen der Meeresströmungen, daß wir genau westwärts den Äquator entlang segeln, anstatt auf einem nördlich diagonalen nach Grayvard?«

»Wir segeln nicht strikt westlich«, sagte Felk.

Lawler runzelte die Stirn. »Nicht?«

»Diese Karte ist sehr kle in, und man sieht die Breitenlinien nur schwer, wenn man nicht daran gewöhnt ist. Aber tatsächlich fahren wir nicht nur nicht exakt nach Westen, sondern nach Südwest.«

»Also — weg von Grayvard?«

»Ja, weg von Grayvard.«

»Und du bist dir da absolut sicher?«

Für einen Moment zeigte Felks Gesicht den Ausdruck unterdrückten Ärgers, aber nur ganz flüchtig, und seine Augen funkelten. Mit mühsam gebändigter Stimme sagte er: »Nehmen wir nur mal diskussionshalber an, daß ich fähig bin, eine solche Seekarte zu lesen, Doc, ja? Und daß ich am Morgen, wenn ich aufstehe und sehe, wo die Sonne aufgeht, mich noch erinnern kann, wo sie am Tag zuvor aufging, und den Tag davor und so fort, und wo sie vor einer Woche aufging, und daß ich mir daraus wenigstens ungefähr ableiten kann, ob wir nach Nordwest oder nach Südwest segeln, klar?«

»Und wir sind diese ganze Zeit nach Südwesten gefahren?«

»Nein. Wir fuhren auf korrektem Nordwestkurs los. Aber irgendwo bei dem Korallenmeer schwenkten wir wieder in tropische Gewässer und fuhren dann strikt westwärts, genau am Äquator entlang, und kamen Tag für Tag weiter vom Kurs ab. Ich wußte, daß was nicht stimmte, aber ich begriff erst, wie faul die Sache war, als wir an diesen Inseln vorbeikamen. Denn das war ganz und gar nicht Thetopal. Nicht bloß, daß das echte Thetopal in diesem Moment in gemäßigten Gewässern droben Richtung Grayvard treibt, sondern es ist außerdem eine runde Insel. Was wir sahen, war sichelförmig, erinnerst du dich? Tatsächlich sind wir an der Insel Hygala vorbeigefahren. Da ist sie, da unten.«

»Praktisch auf dem Äquator.«

»Genau. Wir sollten aber weit nordwärts von Hygala gewesen sein, wenn wir auf Kurs nach Grayvard gewesen wären. Tatsächlich aber stand Hygala nördlich von uns. Und als Delagard unsere Position neu berechnete, als der Sturm die Flotte zerstreut hatte, brachte er uns auf einen noch südlicheren Kurs. Wir sind jetzt ein gutes Stück unterhalb des Äquators. Das kannst du aus der Stellung des Kreuzes ablesen, wenn du was vom nächtlichen Sternenhimmel verstehst. Aber ich nehme an, du hast wohl nicht drauf geachtet. Aber seit wenigstens einer Woche fahren wir jetzt exakt im Winkel von neunzig Grad zu unserem angelegten Kurs. Möchtest du sehen, wohin wir jetzt fahren? Oder hast du’s dir bereits selbst ausgerechnet?«

»Sag es mir.«

Felk drehte die Karte. »Da — dorthin führt uns unser jetziger Kurs. Du siehst da nirgendwo Inseln, oder?«

»Wir fahren — in das Leere Meer?«

»Wir sind bereits drin. Seit unserem Aufbruch waren Inseln spärlich. Wir haben nur zwei gesichtet, zwei und eine halbe auf der ganzen Fahrt, und seit Hygala gar keine mehr. Und es werden jetzt auch keine mehr kommen. Das Leere Meer heißt deswegen so, weil die Strömungen keine Inseln hierher tragen. Wären wir noch auf Kurs nach Grayyard, dann lägen wir jetzt hier droben nördlich des Äquators, und wir müßten inzwischen an vier verschiedenen Inseln vorbeigekommen sein. An Barinan, Sivalak, Muril und Thetopal. Eins, zwei, drei, vier. Während hier drunten jenseits von Hygala gar nichts ist.«