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Ja, der heftige Regen bot eine willkommene Ablenkung davon, lieferte das langersehnte und dringend nötige Trinkwasser, und überdies wusch er die Makel der Sünde vom Deck. Denn das, was da im Morgengrauen geschehen war, wollte Lawler doch eigentlich liebend gern so rasch wie möglich vergessen.

4

In dieser Nacht suchten ihn beunruhigende Träume heim. Nicht Träume voll Mord, sondern erfüllt von heftigen erotischen Leidenschaften.

Schattenhafte weibliche Gestalten umtanzten ihn im Schlaf, gesichtslose Frauen, bloße sich drehende und windende Leiber, bloße Sexualgefäße, um das Verlangen in sie zu ergießen. Sie hätten jede und alle sein können, waren das anonyme Mysterium Weib schlechthin, ohne Individualität, charakterlos, nichts als ein Schwarm schwingender Brüste, breiter Hüften, fülliger Hintern, dichtwuchernder Schamhaardreiecke. Manchmal glaubte er, der Tanz bestehe einzig aus losgelösten Brüsten oder aus einer Folge sich unablässig öffnender Schenkel, oder aus feuchtschimmernden Lippen, oder flatternden Fingern, oder zuckenden Zungen.

Unruhig warf er sich auf dem Lager herum, driftete fast ins Erwachen hinauf, sank aber stets wieder in den Schlaf zurück, der neue sinnliche Fieberschauder brachte. Wolken von Weiblichkeit umlagerten seine Koje mit Augen wie lüsterne Spalte, geblähten Nüstern, nackten Leibern. Die Körper hatten jetzt auch Gesichter — die Gesichter der Frauen von Sorve, die er gekannt und geliebt und nahezu restlos vergessen hatte, eine große, große Schar von Weibern, alle die Bockssprünge, die beiläufigen Ausbrüche seiner prallvollen Jugendjahre waren neu zum Leben erwacht und drängten sich nun um ihn, die unausgeformten Gesichter der noch halbkindlichen Mädchen, die Lüsternheit in den Gesichtern der älteren Frauen, die mit einem Jungen, der halb so alt war wie sie, herumspielten; der spähende Blick in den Gesichtern von Frauen, die mit einer Liebe geschlagen waren, von der sie wußten, daß sie ohne Erfüllung bleiben mußte. Eine nach der anderen zogen sie dicht an Lawler vorbei, ließen sich von ihm berühren, sich näherziehen — und lösten sich dann in wolkigen Rauch auf, um fast sogleich einer anderen Platz zu machen. Sundira — Anya Braun — Boda Thalheim (die noch nicht ›Schwester Boda‹ geworden war) — Mariam Sawtelle — Mireyl — wieder Sundira — Meela — Moira — Sundira — Sundira — Anya — Mireyl — Sundira…

Lawler fühlte alle Qualen sexuellen Verlangens, dem keine Hoffnung auf Erfüllung beschert ist. Sein Glied war ein riesiger Schmerzensbaum. Die Hoden zerrten wie Eisengewichte. Ein zum Wahnsinn reizender, unwiderstehlicher heißschwüler weiblicher Geschlechtsduft wogte ihm um Nase und Mund wie eine feuchte erstickende Decke, drang tief in seine Kehle und erfüllte seine Lungen. Er keuchte und rang nach Luft, bis alles in ihm brannte und nach Erlösung schrie.

Und hinter diesen Phantasiegebilden, hinter dem schmerzenden Gefühl von Not und Frustration lauerte etwas anderes: Da war etwas Unbekanntes, Vibrierendes, vielleicht ein Geräusch, jedenfalls aber ein beständig breiter werdender Strahl von starkem sensorischem Input, der sich schneidendscharf von den Lenden bis in seinen Schädel hinaufbohrte. Er spürte, wie das Etwas in ihn eindrang, dicht hinter seinen Hoden, wie ein Speer aus Eis, und wie es durch alle die dampfenden Windungen seiner Eingeweide heraufdrang, durch das Zwerchfell, das Herz, wie es ihm die Kehle durchstieß und immer weiterstieß bis in sein Gehirn. Er war gepfählt und kreiste langsam wie ein aufgespießter Fisch überm Grillfeuer; und während er rotierte, wuchs und wuchs und wuchs die Intensität der erotischen Empfindungen, bis ihm schien, als existiere nichts anderes im ganzen Universum als dieses sein zwanghaftes Bedürfnis nach sofortiger sexueller Vereinigung.

Dann wälzte er sich von seinem schmalen Lager. Er war nicht sicher, ob er wach war oder noch träumte, als er auf den Gang trat, die Leiter hinaufstieg, durch das Luk hinaus aufs Deck.

Es war eine milde mondlose Nacht. Das Kreuz hing schräg am unteren Himmelsrand wie eine Handvoll Juwelen, die jemand weggeworfen hat. Die See war still mit einer kleinen im Licht der Sterne schimmernden Kräuselung. Es ging ein glatter Wind. Die Segel waren gesetzt und prall.

Gestalten wanderten umher, Schlafwandler, Träumer.

Lawler kamen sie ebenso unbestimmt vor wie die Erscheinungen aus seinen Träumen. Er begriff, daß er sie kannte, mehr aber auch nicht. In diesem Moment waren sie ohne Namen, ohne Identität. Er sah eine kurze dickle ibige Mannsgestalt und einen anderen mit einem knochigen kantigen Körper, und einen ausgemergelten Zwerg mit lappiger Kinnwamme. Doch es war kein Mann, den Lawler suchte… Aber weit hinten am Heck stand eine schlanke große dunkelhaarige Frau. Auf sie strebte er zu. Doch ehe er bei ihr angelangt war, tauchte ein anderer Mann auf, ein hochgewachsener strammer Kerl mit großen funkelnden Augen gleitend aus dem Schatten und ergriff sie am Handgelenk. Und die beiden sanken zusammen aufs Deck nieder.

Lawler machte kehrt. Es gab schließlich noch andere Frauen auf dem Schiff, und er würde sich eine suchen. Er mußte einfach.

Das schmerzhafte Pulsen zwischen seinen Beinen war nicht mehr auszuhalten. Er war noch immer von dieser neuen unvertrauten vibrierenden Empfindung wie gepfählt. Sie besaß die kaltbrennende Schärfe und messerstarre Unerbittlichkeit eines Eiszapfens.

Er stieg über ein Paar hinweg, das sich kopulierend auf dem Deck wälzte: ein grauhaariger älterer Mann mit einem gedrungenen massigen Leib und eine große kompakte Frau mit dunkler Haut und goldenen Haaren. Lawler dachte flüchtig, daß er die beiden einst gekannt habe, doch wie zuvor fielen ihm keine Namen ein. Danach flitzte ein helläugiger kleiner Mann an ihm vorüber, und dann lag da wieder ein engumschlungenes Paar, der Mann gewaltig und muskulös, die Frau geschmeidig, stark, jung.

»Du!« sagte eine Stimme aus dem Schatten. »Komnt her!«

Sie lag einladend unter der Brücke und lockte ihn, ein untersetztes breitleibiges Weib mit einem platten Gesicht, orangefarbenem Haar und zahllosen Sommersprossen auf Gesicht und Brüsten. Ihre Haut schimmerte vom Schweiß, und sie atmete heftig. Lawler kniete vor ihr nieder, und sie zog ihn auf sich und umklammerte ihn mit den Schenkeln.

»Gib’s mir! Gib’s mir!«

Er glitt mühelos in sie. Sie war warm und weich und glatt. Ihre Arme umfingen ihn, und sie riß ihn heftig zu ihren schweren Brüsten nieder. Sein Becken bewegte sich in zwanghaften Stößen. Es ging alles sehr rasch, wild und wütend vor sich, ein Moment brutaler grunzender, schnaubender Brunst. Kaum hatte Lawler zu stoßen begonnen, spürte er, wie die feuchte Öffnung zu beben begann und sich dann in tiefen gleichmäßigen Spasmen um sein Glied schloß. Er fühlte, wie die Lustimpulse durch ihre Nervenbahnen liefen. Und das war verwirrend, daß er fühlen konnte, was sie empfand. Und gleich danach erfolgte seine stoßweise Entladung als Reaktion, und auch dies konnte er doppelt empfinden, nämlich nicht nur als seine eigenen sensuellen Empfindungen, sondern auch die ihren, als sie sein Sperma in sich aufnahm. Und auch dies war seltsam. Es war kaum zu unterscheiden, wo ihr Bewußtsein aufhörte und wo seines begann.