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»Wovon reden Sie eigentlich?«

»Ich will Ihnen die Kontrolle über Ihre Waffen geben, liebes Kind.« Während sie noch sprach, wechselten die Statusanzeigen und meldeten, dass sich soeben eine Reihe von bisher gesperrten Waffensystemen zugeschaltet hatten. Khouri traute ihren Augen kaum, das Arsenal, das ihr plötzlich zur Verfügung stand, war beeindruckend. »Das wäre geschafft«, sagte die Mademoiselle. »Soll ich noch etwas für Sie wach küssen, bevor ich gehe?«

»Jetzt sollte ich wohl danke sagen…«

»Nur keine Umstände, Khouri. Dankbarkeit wäre das Letzte, was ich von Ihnen erwarten würde.«

»Jetzt bleibt mir natürlich nichts anderes übrig, als den Dreckskerl tatsächlich zu töten. Muss ich mich dafür auch bedanken?«

»Sie haben die… äh… Beweise gesehen. Die Anklageschrift, wenn Sie so wollen.«

Khouri nickte. Ihre Kopfhaut scheuerte an der Innenverkleidung des Helms. In einem Raumanzug gestikulierte man nicht. »Ja, die Sache mit den Unterdrückern. Ich weiß natürlich immer noch nicht, ob auch nur ein Wort davon wahr ist…«

»Dann bedenken Sie wenigstens die Alternative. Nehmen wir an, Sie scheuen davor zurück, Sylveste zu töten, und hinterher stellt sich heraus, dass ich die Wahrheit gesagt habe. Was glauben Sie, wie Sie sich fühlen würden, besonders, wenn Sylveste…« — die Staubgestalt lächelte gespenstisch — »sein Ziel erreicht?«

»Mein Gewissen wäre doch immer noch rein?«

»Gewiss doch. Hoffentlich wäre das Trost genug, wenn Sie zusehen müssten, wie Ihre gesamte Spezies von den Unterdrücker-Systemen ausgerottet wird. Wobei ich zugeben muss, dass Sie höchstwahrscheinlich keine Gelegenheit mehr hätten, Ihren Fehler zu bereuen. Die Unterdrücker leisten ganze Arbeit. Aber das werden Sie schon noch herausfinden…«

»Ich danke jedenfalls für den guten Rat.«

»Das war noch nicht alles, Khouri. Haben Sie sich eigentlich schon überlegt, dass es für meine lange Abwesenheit einen triftigen Grund geben könnte?«

»Nämlich?«

»Ich sterbe.« Die Mademoiselle ließ das Wort einen Moment im Staubsturm hängen, dann fuhr sie fort: »Nach dem Zwischenfall mit dem Weltraumgeschütz ist es Sonnendieb gelungen, einen weiteren Teil von sich in Ihren Schädel einzuschleusen — aber das ist Ihnen natürlich bekannt. Sie haben sein Eindringen gespürt, nicht wahr? Ich erinnere mich an Ihre Schreie. Sie waren sehr eindrucksvoll. Es muss ein seltsames Gefühl gewesen sein. Ein Angriff auf Ihr Innerstes.«

»Aber seitdem hat sich Sonnendieb nicht mehr bemerkbar gemacht.«

»Haben Sie sich nie gefragt, warum nicht?«

»Was soll das heißen?«

»Das soll heißen, liebes Kind, dass ich mir in den letzten Wochen Arme und Beine ausgerissen habe, um zu verhindern, dass er sich in Ihrem Kopf weiter ausbreitet. Deshalb haben Sie nichts mehr von mir gehört. Ich war zu beschäftigt damit, ihn abzuriegeln. Den Teil von ihm niederzuhalten, den ich versehentlich mit den Bluthunden hatte eindringen lassen, fiel mir schon schwer genug. Aber damals erreichte ich immerhin eine Pattsituation. Diesmal ist alles ganz anders. Sonnendieb ist stärker geworden, während jede seiner Attacken an meinen Kräften zehrt.«

»Heißt das, er ist immer noch da?«

»Und ob. Sie haben nur deshalb nichts mehr von ihm bemerkt, weil ihn der Krieg, den wir beide in Ihrem Schädel führen, ähnlich stark in Anspruch nimmt wie mich. Der Unterschied ist nur, dass er unentwegt Fortschritte erzielt — er zerstört mich, unterwandert meine Systeme, setzt meine eigene Abwehr gegen mich ein. Oh, er ist mit allen Wassern gewaschen, glauben Sie mir.«

»Was wird geschehen?«

»Ganz einfach, ich werde unterliegen. Das kann ich mit Sicherheit sagen, eine mathematische Schätzung auf der Grundlage seiner derzeitigen Fortschritte.« Wieder lächelte die Mademoiselle, die nüchterne Analyse schien ihr eine geradezu abartige Genugtuung zu bereiten. »Ich kann seinen Sieg noch ein paar Tage hinauszögern, doch dann ist alles vorbei. Vielleicht geht es auch schneller. Allein der Auftritt hier kostet mich ungeheure Kräfte. Aber ich hatte keine andere Wahl. Ich musste die Zeit opfern, um Ihnen die Kontrolle über Ihre Waffen zurückzugeben.«

»Aber wenn er siegt…«

»Ich weiß es nicht, Khouri. Aber Sie sollten auf alles gefasst sein. Wahrscheinlich ist er kein so angenehmer Hausgast, wie ich es immer sein wollte. Sie wissen ja, was er mit Ihrem Vorgänger gemacht hat. Er hat den armen Mann in den Wahnsinn getrieben.« Die Mademoiselle trat tiefer in den Staub hinein, schien wie durch einen Vorhang von der Bühne abgehen zu wollen. »Ich bezweifle, dass wir noch einmal das Vergnügen haben werden, Khouri. Ich sollte Ihnen alles Gute wünschen. Aber im Augenblick habe ich nur eine Bitte. Tun Sie, wozu Sie hier sind. Und leisten Sie ganze Arbeit.« Sie wich noch weiter zurück und löste sich auf wie eine Kohlezeichnung, die der Wind verwehte. »Die Mittel dazu habe ich Ihnen verschafft.«

Dann war die Mademoiselle verschwunden. Khouri wartete noch einen Moment und versuchte, ihre Gedanken nicht so sehr zu ordnen, als zu einer halbwegs festen Masse zu verkneten, die hoffentlich mehr als ein paar Sekunden halten würde. Dann sprach sie das Codewort, das den Anzug reaktivierte. Mit einem Gefühl, das von Erleichterung weit entfernt war, stellte sie fest, dass die Mademoiselle Wort gehalten hatte. Die Waffen funktionierten noch immer.

»Verzeihen Sie die Störung«, sagte der Anzug. »Aber wenn Sie die Sicht über das gesamte Spektrum wiederherstellen möchten, werden Sie feststellen, dass wir Gesellschaft haben.«

»Gesellschaft?«

»Ich habe soeben die anderen Einheiten alarmiert. Aber Sie sind am nächsten.«

»Bist du sicher, dass es nicht Sajaki ist?«

»Es ist nicht Triumvir Sajaki, nein.« Vielleicht bildete Khouri es sich nur ein, aber der Anzug schien es übel zu nehmen, dass sie sein Urteil in Zweifel zog. »Auch wenn der Anzug des Triumvirs alle Geschwindigkeitsbegrenzungen überschreitet, wird er erst in drei Minuten hier eintreffen.«

»Dann muss es Sylveste sein.«

Sie hatte inzwischen auf das empfohlene sensorische Overlay umgeschaltet und konnte die nahende Gestalt — eigentlich waren es zwei, und sie waren leicht auseinander zu halten — gut erkennen. Die beiden anderen bemannten Anzüge strebten ebenso gemächlich, wie sie sich vorher entfernt hatten, auf sie zu. »Sylveste, ich nehme an, Sie können uns hören«, sagte Volyova. »Bleiben Sie, wo Sie sind. Wir kommen von drei Seiten.«

Seine Stimme ertönte im Helm. »Ich dachte schon, Sie lassen uns hier elend zugrunde gehen. Wie schön von Ihnen, dass Sie doch noch gekommen sind.«

»Ich pflege Wort zu halten«, sagte Volyova. »Das sollten Sie inzwischen wissen.«

Obwohl Khouri nicht sicher war, ob sie bis zum Äußersten gehen würde, begann sie mit den Vorbereitungen für den Abschuss. Sie rief ein Ziel-Overlay ab, das einen Rahmen um Sylveste legte, und entschied sich dann für eine der harmloseren Anzugwaffen: einen mittelstarken Laser, der in die Kopfpartie integriert war. Verglichen mit der übrigen Bewaffnung war er geradezu harmlos; eigentlich nur dafür geeignet, angriffslustigen Gegnern klar zu machen, dass sie sich besser ein anderes Ziel suchten. Aber gegen einen unbewaffneten Mann aus nächster Nähe sollte er mehr als ausreichend sein.

Jetzt brauchte sie nur noch die Augen zu schließen und Sylveste würde sterben. Genau so, wie die Mademoiselle es wollte.