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Trotzdem — es stellte für mich eine Versuchung dar. Nirgendwo eine Bewegung, keine Anzeichen für menschliches Leben — bis auf Lichter und das Zeltdach, und sehr wenig Anzeichen für andere Lebensformen. Kein Geräusch. Nichts vom Sonar-Frequenz-Monitor. Sollte ich mich sachte bis an den Rand des Stoffes hinunterrollen lassen und das Zeug eingehender studieren?

Die treffendste Antwort darauf war die Feststellung, daß dies die Handlungsweise eines unverbesserlichen Idioten gewesen wäre. Und während die Zeit auf diese Weise verrann, kam auch mir einoder zweimal der Gedanke, daß schon allein die Tatsache meines Hierseins nicht die schmeichelhaftesten Schlüsse auf meine Intelligenz zuließ. Wenn ich mich schon wie ein Dummkopf benehmen mußte, dann schon wie ein richtiger. Ich weiß nicht, woher derartige Überlegungen stammen.

Vielleicht sollte ich wirklich einen Psychiater ko nsultieren.

Ich weiß jetzt nicht mehr, wie knapp daran ich war nachzugeben. Ich weiß nur, daß ich dreimal beinahe die Tankbeine eingezogen hätte und mir es jedes Mal anders überlegte.

Das erste Mal hinderte mich etwas daran, das sich bewegte, und sich als ansehnlicher Hai entpuppte.

Es war das erste größere Lebewesen, das mir hier unten auf dem Meeresgrund begegnete, und ich verschob meine Gedanken wenigstens kurzfristig auf eine andere Ebene. Die nächsten beiden Male, als ich den Tank in Bewegung setzen wollte, ließ mich die Erinnerung an den Hai innehalten. Er war nämlich verschwunden — hatte er etwas gehört, das ich nicht hören konnte, etwas das ihn verscheucht hatte? Ich hatte außen keine Instr umente für das Aufspüren unhörbarer oder hörbarer Frequenzen.

Ich hatte lediglich Sonar-Rezeptoren.

Ich weiß, das alles läßt mich nicht eben als Genie erscheinen, nicht mal als einigermaßen befähigten Operator. Ich wünschte, mir wäre mehr Zeit zur Veröffentlichung meiner Lebenserinnerungen geblieben, ehe ich diese Geschichte berichten mußte.

Um meine Entscheidung einigermaßen zu rechtfertigen, muß man mir die Chance einräumen, mich als vernunftbegabten, reifen Menschen vorzustellen. Im Augenblick fällt mir zu meiner Rechtfertigung nicht mehr ein als die Redensart „Jeder wie er kann“. Und wer könnte sicher sein, welche We ndung seine Gedanken nähmen, wenn er praktisch hilflos in einer Plastikblase von sechs Fuß Durchmesser eine Meile unter der Oberfläche des Ozeans säße? Auf wen dies zutrifft, der möge mit seiner Kritik warten, bis ich fertig bin.

Der zweite Grund, weswegen ich meinen Ballast nicht überstürzt abwarf, sollte sich nämlich sogleich zeigen. Meine Aufmerksamkeit konze ntrierte sich noch immer auf das Wrack. Ich sah es zunächst gar nicht herankommen. Beim ersten flüchtigen Blick aus dem Augenw inkel hielt ich es gar nur für einen weiteren Hai. Dann aber wurde mir klar, daß es sich um eine menschliche Gestalt handelte und ich damit meinen Beweis hatte. Famos. Nichts wie an die Oberfläche, wenn die Gestalt erst verschwunden ist.

Nein, geht nicht. Was ich brauchte, war ein überzeugender Beweis. Und wenn meine eigenen Augen mich nicht zu überzeugen vermochten, war es höchst unwahrscheinlich, daß meine Worte jema nden anderen überzeugen konnten. Was ich da sah, war ein Mensch, was an sich stimmte. Ein Poly-Phasen-Anzug, vier Zoll dick, an den Gliedmaßen ebenso ausgerüstet, kann dem Wasserdruck von eineinviertel Tonnen pro Quadratzoll, der in einer Meile Tiefe herrscht, gut standhalten. Eine solche Taucherrüstung läßt den Träger auch noch einigermaßen me nschenähnlich aussehen und gestattet ihm immerhin eine, wenn auch unbeholfen wirkende Fortbewegung.

Diese Rüstung hier aber gestattete ihm keine wie immer gearteten Schwimmbewegungen, es sei denn er befände sich in einem Quecksilberozean. Und diese ganz unübersehbar menschliche Gestalt schwamm!

Sie tauchte in einiger Entfernung zu meiner Li nken auf, ganz plötzlich, als wäre sie aus der oben herrschenden Dunkelheit heruntergestoßen. Sie schwamm auf mich und das Wrack zu, hatte es aber dabei nicht eilig. Als die Gestalt näher herankam, konnte ich Einzelheiten deutlicher unterscheiden.

Und am deutlichsten war die Tatsache — noch deutlicher als die Tatsache, daß es sich um eine Frau handelte —, daß sie keine Taucherrüstung trug. Sie trug statt dessen einen Kaltwasser-Coverall vom Typ Scuba-Suit. Daran war nichts auffallend bis auf den runden, durchsichtigen Helm, den sie statt der Atemmaske aufgesetzt hatte. Den Ballast trug sie in Ringen da und dort an Leib und Gliedern anstatt am Gürtel. Ich wiederhole — tatsächlich mußte ich es mir selbst wiederholte Male vorsagen —, daß ihr Anzug kein Druck-Anzug war. Ihre Schwimmbewegungen zeigten klar an, daß der Anzug so flexibel war wie menschliche Haut, genauso wie ein Scuba-Anzug sein soll.

Meinen Tank schien sie nicht zu bemerken. Für mich eine große Erleichterung. Sie bemerkte auch das Wrack erst, als sie sich ihm bereits bis auf zwanzig Yards genähert hatte. Bis dahin war sie nämlich ganz gemächlich am Rand des Zeltdaches entlanggeschwommen, wie auf einem Nachmi ttagsspaziergang. Dann aber wechselte sie jäh die Richtung und hielt direkt auf den Bug der „Pugnose“ zu.

Das wollte mir nicht in den Kopf. Unglaublich, daß niemand gezielt nach dem Wrack suchte und daß jemand durch puren Zufall darauf stieß! Ich hätte eigentlich ein ganzes Arbeitskommando erwartet, das von den Menschen unter dem Zeltdach ausgeschickt würde.

Nun ja, bei der ganzen Sache war dies nicht die erste Überraschung. Hör jetzt auf mit den Arbeitshypothesen, Freund, dafür fehlen dir die Fakten!

Beschränke dich aufs Beobachten. (Ich nenne mich selbst nicht mal beim Namen).

Also verlegte ich mich aufs Zuschauen. Ich sah, wie sie den eingedrückten Bug umrundete, hineinschwamm, dann wieder heraus und schließlich darüber hinwegglitt. Dann werkelte sie mit einem Gegenstand herum, der sich als La mpe entpuppte, die an ihrem Gürtel gehangen hatte. Sie schwamm noch einmal hinein. Das bereitete mir nicht wenig Sorge. Die Tarnung des Tanks war nicht so, daß sie einer näheren Inspektion standgehalten hätte. Die Kammern, die Fortbewegungsfedern…

Da kam sie wieder heraus, ohne sichtbare Anzeichen der Erregung, und in diesem Augenblick, da dämmerte mir etwas. Ein sehr geringfügiger Punkt verglichen mit dem, was ich bereits gesehen hatte — zumindest schien er beim ersten Hinsehen geringfügig. Und als ich länger darüber nachdachte, wuchs er sich immer mehr zu einem Rätsel aus.

Ihr Unterwasseranzug war wie gesagt ganz gewöhnlich, bis auf Helm und Ballast. Diese Alltäglichkeit beinhaltete einen kleinen Tank zwischen den Schultern, dessen oberes Ende am Helm anstieß und vermutlich damit in Verbindung stand, obwohl ich keine Verbindungsröhre sehen konnte.

Das alles war noch einleuchtend. Was mich daran aber störte, war die Tatsache, daß ich keine Luftbläschen sehen konnte.

Nun bin ich mit Atemluftaufbereitungssystemen ziemlich vertraut, und kenne mich bei den dazu benötigten Chemikalien aus — Gemenge aus Alkali-Metall-Peroxyden und Superoxyden, die mit Wasser reagieren und Sauerstoff freisetzen und Kohlendioxyd aufnehmen. Und ich weiß, daß dazu neben einem Behälter für die Chemikalien und einem Misch-System auch eine Art „Lunge“ notwendig ist — ein volumenveränderlicher Umgebungsdruck-Gas-Sack oder — Tank —, wobei die Chemikalien die Zwischenstufe zwischen dieser Sack-Lunge und der Lunge des Benutzers darstellen. Das ausgeatmete Gas muß irgendwo aufbewahrt werden, bis es aufgearbeitet und wieder eingeatmet wird. Diese ›Lunge‹ muß ein Volumen haben, das die von einem Schwimmer bei einem Atemzug ausgeatmete Luft fassen kann — andersherum ausgedrückt, das Volumen muß annähernd dem seiner flachen Lunge entsprechen. An diesem Schwimmanzug war aber kein solcher Sack zu sehen, und der Rückentank war nicht annähernd groß genug, als daß darin einer hätte sein können.