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»Ich bin soeben aus Menzoberranzan zurückgekehrt«, fügte er an, »und verharrte dort, so lange ich konnte, um die Ereignisse vor meiner Abreise zu beobachten.«

»Wie sieht es dort aus?« fragte Vaterpatron Tomphael. Er war schlank, verwegen und ähnelte im Aussehen Nimor, jedoch zog er das Gewand eines Magiers dem Kettenhemd eines Kriegers vor, und er konnte so behutsam in seinem Verhalten sein, daß es manchmal an Feigheit reichte. »Wie kommt die Revolte voran?«

»Nicht so gut, wie ich es gern gesehen hätte, aber in etwa so wie erwartet«, gab Nimor zu. Tomphaels Erkenntniszauber hatten diese Einsicht zweifellos längst gezeigt. Hoffte der Vaterpatron, die Gesalbte Klinge dabei zu ertappen, wie sie einen Fehler zu verschweigen versuchte? Nimor mußte angesichts dieser Einfalt fast lächeln. »Die Sklaven wurden zermalmt. Gromph Baenre mischte sich ein, und es scheint, als hätten seine Leute unseren Illithiden-Freund vernichtet oder vertrieben. Positiv ist, daß wir den gemeinen Menzoberranzanyrn etwas von der Schwäche der Spinnenküsserinnen zeigen konnten. Das ist vielversprechend, und die Priesterinnen waren uns gefällig, indem sie einen beträchtlichen Teil ihres Vorrats an gehorteter Magie aufbrauchten, um ihre aufständischen Sklaven zu vernichten. Die Stadt ist geschwächt.«

»Ihr hättet Euch unmittelbarer in die Angelegenheit einmischen können«, sagte Patron Xorthaul, der das schwarze Kettenhemd eines Priesters trug. »Hättet Ihr die Lakaien des Erzmagiers getötet, dann ...«

»Die Revolte, die wir förderten, wäre so oder so niedergeschlagen worden, und ich hätte sie zu früh aufmerksam werden lassen«, fiel Nimor ihm ins Wort. »Vergeßt nicht, Patron Xorthaul, dies sollte nie etwas anderes sein als eine simple Finte, die leicht abzuwehren war und durch die wir einen Eindruck von der wahren Schlagkraft der Muttermatronen Menzoberranzans gewinnen konnten. Der nächste Schlag wird ihre Streitkräfte niederringen und tief in ihr Fleisch einschneiden.« Er beschloß, das Thema zu wechseln und statt dessen einen anderen in die Defensive zu drängen. »Da ich als letzter kam, weiß ich nichts darüber, welche Fortschritte in den anderen Städten gemacht werden. Was ist mit Eryndlyn? Oder Ched Nasad?«

Auf den grausamen Mienen zeichnete sich ein eisiges Lächeln ab. Nimor kniff die Augen zusammen. Es kam nicht oft vor, daß die Vaterpatrone ein Ereignis mitbekamen, an dem sie gemeinschaftlich Gefallen fanden. Mauzzkyl persönlich berichtete ihm von den neuen Entwicklungen.

»In Eryndlyn machen wir die erwarteten Fortschritte – Tomphael brachte Ergebnisse mit, die den Euren recht ähnlich sind. Doch Ched Nasad ... aus Ched Nasad kehrte Zammzt im Triumph zurück.«

»Tatsächlich?« fragte Nimor, der wider Willen beeindruckt war.

Er widerstand einem heißen Aufwallen von Eifersucht und wandte sich Zammzt zu. Der Drow war so unscheinbar, daß er genausogut ein niederer Waffen- oder Schwertschmied hätte sein können, ein bürgerlicher Kunsthandwerker, der nur geringfügig bedeutender war als ein Sklave. Zammzt verschränkte die Arme vor der Brust und nickte in Anerkennung der Bemerkung, die Großvater Mauzzkyl gemacht hatte.

»Was geschah?« fragte Nimor. »Ched Nasad hätte nicht so leicht fallen dürfen.«

»Wie sich herausstellte, Gesalbte Klinge, hatten die Steinbrandbomben, die Eure Duergar lieferten, einen verheerenden Effekt auf die Netze, auf denen Ched Nasad errichtet worden war«, sagte Zammzt, der seine Unterwürfigkeit zweifellos nur vortäuschte. »Wie die Flamme ein Spinnennetz verzehrt, so zerfraß der Steinbrand die Grundfesten der Stadt. Da die Burgen und die Paläste wie brennende Papierfetzen auf den Höhlenboden stürzten, gelang es den Bewohnern Ched Nasads nicht, eine echte Verteidigung aufzubauen. Keine Feste, die irgendwelche Bedeutung besitzt, hat die Flammen überlebt, und nur wenige der Hausarmeen entkamen der Feuersbrunst, von der die Höhle erfaßt wurde.«

»Was ist von der Stadt übrig?«

»Sehr wenig, fürchte ich. Eine Reihe isolierter Bezirke und die Gebäude, die in Nebenhöhlen liegen, haben das Feuer überlebt. Von der Bevölkerung der Stadt kam schätzungsweise die Hälfte beim Zusammensturz ums Leben. Etwa ein Drittel trat die Flucht in die anderen Tunnel an, wo zweifellos jeden von ihnen ein unerfreuliches Ende erwartet. Die meisten Überlebenden gehören zu den unbedeutenderen Häusern, die mit uns verbündet sind oder die sehr schnell die neue Ordnung in der Stadt zu schätzen gelernt haben.«

Nimor strich sich übers Kinn und sagte: »Das heißt, von den zwanzigtausend in der Stadt sind nur noch dreitausend übrig?«

»Eher noch weniger, da die Sklaven aus der Stadt geflohen sind«, erwiderte Zammzt und erlaubte sich ein boshaftes Grinsen. »Von den Spinnenküsserinnen ist nichts mehr übrig.«

»Wahrscheinlich entkam eine Reihe von Priesterinnen mit denen, die ins Unterreich flohen«, überlegte Nimor. »Nicht alle werden in den Tunnels sterben. Trotzdem ist das eine großartige Neuigkeit. Wir haben unsere erste Stadt Lolths Herrschaft entrissen, und weitere werden ganz sicher folgen.«

Xorthaul, der Priester im Kettenhemd, schnaubte. »Welchen Sinn hat es, die Lolth-Verehrer aus einer Stadt zu jagen, wenn man die Stadt vernichten muß, um das zu erreichen?« wollte er wissen. »Wir mögen nun über Ched Nasad herrschen, aber unsere Herrschaft beschränkt sich auf einen qualmenden Felsspalt und ein paar arme Weiber.«

Mauzzkyl verlagerte sein Gewicht ein wenig und gab schneidend zurück: »Das ist egal, Xorthaul. Wir sprachen doch schon über den Preis unserer Bemühungen. Jahrzehnte, ja Jahrhunderte des Elends sind unbedeutend, wenn wir unser Ziel erreichen. Geduld ist unser Meister.« Der Großvater lächelte. »Wir haben in nur zwei Monaten etwas erreicht, für das unsere Väter in der Jaezred Chaulssin jahrhundertelang arbeiteten. Ich würde ohne zu zögern im Unterreich ein Dutzendmal das wiederholen, was Ched Nasad widerfuhr, wenn es bedeutet, daß unsere Rasse sich auf diese Weise aus dem Griff der Spinnenkönigin befreien kann. Ched Nasad mag in Ruinen liegen, doch wenn die Stadt wieder aufersteht, dann nach unseren Vorstellungen, mit einer Gesellschaft, die durch unseren Glauben geformt und die unbemerkt von uns geführt werden wird. Wir sind nicht einfach nur Mörder oder Anarchisten, Xorthaul, wir sind die kalte Hand, die die Schwachen aussortiert, die Klinge, die die Geschichte formt.«

Die versammelten Drow nickten zustimmend. Mauzzkyl wandte sich zu Nimor um.

»Nimor, meine Gesalbte Klinge. Menzoberranzan schreit nach dem Feuer, das Ched Nasad läuterte. Scheitere nicht.«

»Verehrter Großvater, ich versichere Euch, das werde ich nicht«, entgegnete Nimor. »Ich habe meinen nächsten Zug schon geplant. Ich kam zu einer Übereinkunft mit einem der großen Häuser. Dieses Haus wird hinter uns stehen, aber es braucht eine Demonstration unserer Entschlossenheit und unserer Fähigkeiten. Ich bin recht zuversichtlich, daß ich eine solche Demonstration erbringen kann. In wenigen Tagen wird in einem Haus in Menzoberranzan eine Muttermatrone verschwunden sein und eine weitere wird sich in unserem Netz verfangen haben.«

Mauzzkyl lächelte kühl und zustimmend, dann sagte er: »Ich wünsche Euch eine gute Jagd.«

Nimor verbeugte sich, dann drehte er sich um und verließ den Kreis. Er hörte, wie sich hinter ihm die Versammlung der Vaterpatrone auflöste und jeder von ihnen in sein eigenes verborgenes Haus in einer der Städte zurückkehrte, die über Tausende von Meilen im Unterreich verstreut waren. Geheime Kabale der Jaezred Chaulssin existierten in mindestens einem niederen Haus in den meisten Drow-Städten. Jeder Vaterpatron herrschte absolutistisch über diese Verschwörung, die Generationen umfaßte, ganze Jahrhunderte, und die vom brennenden Haß der Drow aufeinander lebte. Die unerfreuliche Ausnahme war Menzoberranzan. Dort herrschte seit langer Zeit die alte Matrone Baenre, die nie zugelassen hatte, daß das Haus der Assassinen Fuß fassen konnte. Während acht Vaterpatrone in Städte zurückkehrten, in denen Dutzende loyaler Auftragsmörder und Priester – deren Götter Lolth haßten – ihrem Befehl unterstanden, begab sich Nimor Imphraezl allein nach Menzoberranzan, um weiter an der Vernichtung einer Stadt zu arbeiten.