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Bernie nickte feierlich, als scherte es ihn nicht einen Pfifferling, was vor mehr als fünfhundert Jahren an einem Augustabend keine zweihundert Meter von dem Platz entfernt, wo er jetzt im Pub saß, geschehen war. Er trank seinen dritten doppelten Whisky und klatschte sich mit der flachen Hand auf den Magen wie nach einer sättigenden Mahlzeit.

»Hab die Kirche für morgen schon hergerichtet«, teilte er Malcolm mit. »Wahnsinn, eigentlich, wenn man sich's mal überlegt, Malkie. Seit zweihundert Jahren kümmern sich die Perrymans um die St.-James-Kirche. Das ist fast so gut wie ein richtiger Stammbaum. Findest du nicht auch? Schon beachtlich, würd ich sagen.«

Malcolm betrachtete ihn ruhig. »Sehr beachtlich, Bernie«, sagte er.

»Hast du dir mal überlegt, wie anders dein Leben vielleicht ausgeschaut hätte, wenn deine Leute diejenigen gewesen wären, die seit Generationen in der alten St.- James-Kirche rummachen? Dann wär ich vielleicht du, und du wärst ich. Was meinst du dazu, hm?«

Was Malcolm dazu meinte, konnte er vor dem Mann, der ihm am Tisch gegenübersaß, nicht laut aussprechen. Stirb, dachte er. Stirb, bevor ich dich eigenhändig umbringe.

»Willst du mit mir zusammen sein, Darling?«, nuschelte Betsy ihm feucht ins Ohr. Wieder ein Samstag. Wieder drei Stunden Bumsen mit Betsy. Malcolm fragte sich, wie lange er die Farce noch würde durchhalten müssen. Er hätte ihr gern gesagt, sie solle auf die andere Seite rutschen - die Frau konnte einem die Luft besser abschnüren als jede Plastiktüte -, aber er wusste, dass beim gegenwärtigen Stand ihrer Beziehung eine Demonstration postkoitaler Nähe zur Erreichung seines Ziels ebenso wesentlich war wie eine Spitzenleistung zwischen den Laken. Und da Alter, zunehmende Lustlosigkeit und schwindende Kräfte dafür sorgten, dass seine Leistung jedes Mal ein kleines bisschen nachließ, wenn er zwischen Betsys wohlgepolsterten Oberschenkeln versank, hielt er es für weise, sie kuscheln und klammern zu lassen, solange er es ertragen konnte, ohne laut zu schreien.

»Wirsind zusammen«, sagte er, ihr über das Haar streichelnd. Es fühlte sich drahtig an, das Resultat von zu viel Wasserstoffsuperoxid und noch mehr Haarspray.

»Oder meinst du, dass du noch mal möchtest? Dafür brauche ich eine kleine Erholungspause, mein Schatz.«

Er drückte seine Lippen auf ihre Stirn. »Du machst mich ganz schön fertig, Bets, mein Liebes. Du bist Frau genug für ein ganzes Dutzend Männer.«

Sie kicherte. »Du magst es.«

»Nicht es. Dich! Ich liebe und begehre dich und kann nicht ohne dich sein.« Manchmal überlegte er, wie er auf den Blödsinn kam, den er ihr erzählte. Es war, als würde automatisch ein primitiver Teil seines Gehirns, der auf Süßholzraspeln spezialisiert war, eingeschaltet, sobald er mit Betsy ins Bett stieg.

Sie grub ihre Finger in sein üppig wucherndes Brusthaar. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, wieso bei einem Mann, wenn er kahl wurde, am ganzen restlichen Körper das Haar in doppelter Fülle wuchs. »Ich meine, richtig zusammen sein, Darling. Wünschst du dir das? Wir zwei. So wie jetzt? Auf immer und ewig? Wünschst du dir das mehr als alles andere auf der Welt.«

Allein der Gedanke beschwor Bilder von Betonmauern herauf. Aber er erwiderte: »Betsy, mein Liebstes«, und ließ seine Stimme ordentlich zittern. »Sag so etwas nicht. Bitte. Ich halte das nicht noch einmal aus.« Damit zog er sie ziemlich grob an sich, weil er wusste, dass sie sich das wünschte. Er drückte sein Gesicht in die Mulde von Hals und Schulter und atmete durch den Mund, um nicht den erstickenden Duft der Tagesration Shalimar in die Nase zu bekommen. Er produzierte Wimmergeräusche wie ein Mensch, der aus dem letzten Loch pfeift. Gott, was würde er nicht alles tun für König Richard.

»Ich hab mich ein bisschen im Internet umgeschaut«, flüsterte sie, während sie seinen Nacken massierte. »In der Schulbibliothek. Am Donnerstag und am Freitag. Die ganze Mittagspause, Darling.«

Er hörte auf zu wimmern, während er in dieser Mitteilung nach tieferer Bedeutung suchte. »Ach, was?« Er knabberte an ihrem Ohrläppchen, während er auf weitere Informationen wartete. Sie wurden ihm auf indirektem Weg gereicht.

»Du liebst mich doch wirklich, Malcolm, Liebster?«

»Was glaubst du denn?«

»Und du begehrst mich, ja?«

»Das liegt ja wohl auf der Hand.«

»Auf immer und ewig?«

Wenn es sein muss, dachte er und gab sich alle Mühe, es ihr zu beweisen, wenn auch sein Körper sich nicht zu einer Höchstleistung aufschwingen konnte.

Später, beim Ankleiden, sagte sie: »Was es da für eine Auswahl an Themen gibt! Ich konnte es gar nicht fassen. Im Internet kann man wirklich alles nachschlagen. Das musst du dir mal vorstellen, Malcolm. Einfach alles. Bernie spielt heute Abend im Plantagenet mit dem Verein Schach, Darling.«

Malcolm runzelte die Stirn und versuchte, zwischen diesen scheinbar zusammenhanglosen Bemerkungen eine Verbindung herzustellen.

Sie sprach weiter. »Du fehlst ihm als Partner. Er wünscht sich immer, dass du am Vereinsabend mal vorbeikommen und eine Partie mit ihm spielen würdest, Liebster.« Sie ging auf nackten Füßen zur Frisierkommode und begann, ihr Make-up aufzufrischen. »Er spielt natürlich nicht gut. Er benützt Schach nur als zusätzlichen Vorwand, um ins Pub zu gehen.«

Malcolm beobachtete sie aus zusammengekniffenen Augen und wartete auf ein Zeichen.

Sie gab es ihm. »Ich mach mir Sorgen um ihn, Malcolm, Schatz. Irgendwann wird sein Herz einfach nicht mehr mitmachen. Ich begleite ihn heute Abend. Vielleicht kommst du ja vorbei. Malcolm, Liebster, liebst du mich? Wünschst du dir nichts mehr, als mit mir zusammen zu sein?«

Er bemerkte, dass sie ihn im Spiegel scharf beobachtete, während sie sich schminkte. Sie umrandete ihre Lippen mit dunklem Konturenstift und puderte sich die Wangen. Und dabei behielt sie ihn unablässig im Auge.

»Ich wünsche es mir mehr als das Leben«, sagte er.

Und als sie lächelte, wusste er, dass er die richtige Antwort gegeben hatte.

An diesem Abend gesellte sich Malcolm im Plantagenet Pub zu den Mitgliedern des Sutton-Cheney-Schachclubs, dem er auch einmal angehört hatte. Bernie Perryman freute sich wie ein Schneekönig, ihn zu sehen. Er ließ seinen regulären Partner - den siebzigjährigen Angus Ferguson, der wie er das Schachspiel zum Vorwand nahm, um sich voll laufen zu lassen - schnöde im Stich und drängte Malcolm zu einer Partie in die verqualmte Ecke des Gastraums. Betsy hatte natürlich Recht: Bernie ging es mehr ums Trinken als ums Schachspielen, und der Black Bush regte seine Redseligkeit an. Er quasselte ohne Punkt und Komma.

Er redete mit Betsy, die an diesem Abend die Bedienung für ihren Ehemann spielte. Von halb acht bis halb elf rannte sie unaufhörlich zwischen Tisch und Tresen hin und her und brachte Bernie einen Black Bush nach dem anderen, wobei sie jedes Mal in mahnendem Ton sagte: »Du trinkst zu viel«, und: »Das ist aber der Letzte, Bernie.« Aber er schaffte es, ihr immer noch einen abzuschwatzen, tätschelte ihr Gesäß, zwinkerte Malcolm zu und teilte allen, die es hören wollten, laut flüsternd mit, was er mit ihr vorhabe, sobald sie zu Hause seien. Schon glaubte Malcolm, er hätte Betsys verschlüsselte Botschaft am Morgen völlig missverstanden, da handelte sie endlich.

Um halb elf war es so weit, eine Stunde, bevor George, der Wirt, die letzte Runde ansagte. Das Pub war voll, und Malcolm hätte das Manöver vielleicht überhaupt nicht bemerkt, hätte er nicht geahnt, dass an diesem Abend etwas geschehen würde. Während Bernie mit gesenktem Kopf über dem Schachbrett hing und ewig über seinen nächsten Zug nachdachte, ging Betsy zum Tresen, um noch einen »doppelten Blackie« zu holen. Sie musste sich durch ein Gewühl von Dart-Club-Mitgliedern, Sängern des Kirchenchors, Frauen einer Selbsthilfegruppe aus Dadlington und eine Horde Teenager drängen, die am Spielautomaten ihr Glück versuchten. Sie blieb kurz stehen, um sich mit einer Frau zu unterhalten, der offensichtlich die Haare ausgingen und die Betsys Haar mit der künstlichen Begeisterung bewunderte, die Frauen solchen Geschlechtsgenossinnen gegenüber an den Tag zu legen pflegen, die sie auf den Tod nicht leiden können. Und Malcolm sah, wie sie während dieses Gesprächs den Inhalt eines Fläschchens in Bernies Whiskyglas kippte.