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Ich ging nachdenklich über den Rasen vor der Clubtribüne, um mir das nächste Rennen anzuschauen. Es war wirklich nicht sehr schön, für alle der Buhmann zu sein, und ein Mädchen, mit dem ich einmal in Ascot gewesen war, gab mir den Rest.

«Mein lieber Steven«, sagte sie mit koketter Mißbilligung,»was bist du für ein reicher alter Leuteschinder. Der Ärmste kommt doch kaum über die Runden. Selbst wenn er dir ein paar Pfund zuviel abgeknöpft hat, was soll das Theater? Bißchen zickig, hm?«

«Du meinst, die Reichen sollen Robin Hood nur machen lassen?«

«Was?«

«Schon gut.«

Ich gab es auf und fuhr nach Hause.

Der Abend war wesentlich besser. Um acht holte ich Miss Alexandra Ward in Hampstead ab und ging mit ihr im rotgoldenen Grillroom des Cafes Royal essen.

In freundlichem Licht, bei angenehmer Temperatur und nicht vom Wind gebeutelt, war sie all das, was der flüchtige Eindruck der vorigen Woche hatte erahnen lassen. Sie trug den gleichen langen schwarzen Rock, die gleiche kremfarbene Bluse, den gleichen kremfarbenen Seidenschal. Auch die goldenen Sandalen, die goldgewirkte Handtasche, keine Handschuhe. Aber ihr braunes Haar glänzte seidig, ihre Haut glühte, ihre Augen strahlten, und über allem lag das undefinierbar Besondere, eine typisch amerikanische Gepflegtheit.

Sie kam auf mein Klingeln selbst zur Tür, und wir schauten uns erst einfach mal an. Was sie vor sich sah, war ein kräftig gebauter Mann von gut einem Meter achtzig, dunkelhaarig, dunkle Augen, ohne nennenswerte Mängel. Sauber, ordentlich, manierlich und angetan mit einem herkömmlichen Smoking.

«Guten Abend«, sagte ich.

Sie lächelte, nickte, als müsse sie sich selbst Recht geben, trat dann aus der Tür und zog sie hinter sich zu.

«Meine Schwester wohnt hier«, sagte sie, auf das Haus deutend.»Ich bin zu Besuch. Sie ist mit einem Engländer verheiratet.«

Ich hielt ihr die Wagentür auf. Sie stieg elegant ein, und ich ließ den Motor an und fuhr los.

«Zu Besuch aus den Staaten?«fragte ich.»Ja. Ich komme aus Westchester… bei New York.«»Brutstätte neuer Führungskräfte?«meinte ich lächelnd. Ein kurzer Seitenblick von ihr.»Sie kennen Westchester?«»Nein. Ich war ein paar Mal in New York, weiter nichts. «Wir hielten an einer Ampel. Sie meinte, es sei schön draußen. Ich stimmte ihr zu.

«Sind Sie verheiratet?«fragte sie unvermittelt.

«Haben Sie den Fünfer dabei?«

«Ja.«

«Gut… Nein, ich bin ledig.«

Die Ampel sprang auf Grün. Wir fuhren weiter.

«Sind Sie auch ehrlich?«sagte sie.

«In der Hinsicht ja. Ich bin nicht verheiratet. Nie gewesen.«

«Da weiß ich gern Bescheid«, sagte sie etwas entschuldigend.

«Verstehe ich.«

«Der Frauen wegen.«

«Ja.«

Ich hielt schließlich vor dem Cafe Royal am Piccadilly Circus und half ihr aus dem Wagen. Als wir hineingingen, blickte sie sich um und sah einen kleinen, dünnen Mann meinen Platz hinter dem Steuer einnehmen.

«Er arbeitet für mich«, sagte ich.»Er parkt den Wagen.«

Sie sah mich belustigt an.»Dafür wartet er extra?«

«Gegen Überstundenlohn, Samstagabends.«

«Es gefällt ihm also?«

«Er fleht mich geradezu an, junge Damen auszuführen. Sonst parke ich nämlich selbst.«

Im vollen Licht der Eingangshalle schaute sie noch einmal genau, von wem sie sich da hatte einladen lassen.

«Was erwarten Sie von mir?«sagte sie.

«Bevor ich Sie abholte, habe ich Ehrlichkeit, Direktheit und Ecken und Kanten erwartet. Nachdem ich Sie jetzt eine halbe Stunde kenne, erwarte ich Ecken und Kanten, Direktheit und Ehrlichkeit.«

Sie lächelte vergnügt, die weißen Zähne schimmerten, und Lachfältchen bildeten sich unter ihren Augenlidern.

«Das hatte ich nicht gemeint.«

«Nein… Was erwarten Sie denn von mir?«

«Vorbildliches Benehmen und ein gutes Abendessen.«»Wie langweilig.«»Wenn Sie nicht wollen…«

«Die Bar«, ich zeigte hin,»ist da drüben. Ich will.«

Sie schenkte mir nochmals ein entzückendes Lächeln und ging mit mir. Sie trank Wodka mit Martini, ich bevorzugte Scotch, und beide aßen wir ein paar schwarze Oliven und spuckten die Steine diskret in unsere Hände.

«Lesen Sie öfter Mädchen von der Straße auf?«fragte sie.

«Nur wenn sie fallen.«

«Gefallene Mädchen?«

Ich lachte.»Nein, die nicht.«

«Womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?«

Ich nahm einen Schluck Scotch.»Ich bin eine Art Ingenieur. «Es hörte sich uninteressant an.

«Brücken und so weiter?«

«Nichts so Beständiges und Wichtiges.«

«Sondern?«

Ich lächelte.»Ich mache Spielzeug.«

«Sie machen was?«

«Spielzeug. Sachen zum Spielen.«

«Ich weiß, was Spielzeug ist, verdammt.«

«Und was tun Sie?«fragte ich.»In Westchester?«

Sie warf mir über ihr Glas einen belustigten Blick zu.»Sie gehen davon aus, daß ich berufstätig bin?«

«Sie wirken so.«»Nun, ich koche.«

«Hamburger und Fritten?«

Ihre Augen glitzerten.»Hochzeitsessen und so. Partys.«

«Eine Menülieferantin.«

Sie nickte.»Zusammen mit einer Freundin. Millie.«

«Wann fliegen Sie zurück?«

«Donnerstag.«

Donnerstag schien plötzlich sehr nah zu sein. Nach einer merklichen Pause fügte sie, fast als müsse sie sich verteidigen, hinzu:»Es ist ja Weihnachten. Über die

Feiertage haben wir viel zu tun. Allein könnte Millie das nicht schaffen.«

«Natürlich nicht.«

Wir widmeten uns dem Dinner und aßen geräucherte Forelle und Filet Wellington. Sie las die Speisekarte mit beruflichem Interesse von vorn bis hinten durch und fragte den Ober nach den Zutaten einiger Gerichte.

«Hier ist so vieles anders«, erklärte sie.

Von Wein verstand sie wenig.»Ich trinke ihn schon, aber mit Hochprozentigem kenne ich mich besser aus. «Der Weinkellner sah sie zweifelnd an, doch seine Skepsis verschwand sofort, als sie den Cognac, den er mit dem Kaffee brachte, dann richtig als Armagnac erkannte.

«Wo steht Ihre Spielzeugfabrik?«fragte sie.

«Ich habe keine Fabrik.«

«Sie sagten doch, Sie machen Spielzeug.«

«Tu ich auch.«

Sie sah mich ungläubig an.»Soll das heißen, Sie stellen es wirklich her? Ich meine, eigenhändig?«

«Ja«, sagte ich lächelnd.

«Aber…«Sie blickte in dem vornehmen Raum umher, und ihr Gedanke, klar wie ein Bergsee, war: Wenn er mit den Händen arbeitet, wie kann er sich so ein Lokal leisten?

«So viel Arbeit macht mir das nicht«, sagte ich.»Meistens gehe ich zum Pferderennen.«

«Okay«, sagte sie.»Ich geb's auf. Sie haben mich am Haken. Erklären Sie mir das Rätsel.«»Möchten Sie noch Kaffee?«»Mr. Scott…«Sie hielt inne.»Das klingt albern, nicht?«

«Ja, Miss Ward.«

«Steven…«

«Viel besser.«

«Meine Mutter sagt Alexandra zu mir, Millie sagt AI.

Suchen Sie es sich aus.«

«Allie?«

«In Gottes Namen.«

«Ich erfinde Spielsachen«, sagte ich.»Ich nehme Patente darauf. Andere produzieren sie. Ich erhalte Lizenzgebühren.«

«Oh.«

«Steht >oh< für Verständnis, Faszination oder tödliches

Gelangweiltsein? «

«Es steht für o wie ungewöhnlich, o wie interessant und oh, ich wußte gar nicht, daß es solche Leute gibt.«»Davon gibt es ziemlich viele.«»Haben Sie Monopoly erfunden?«Ich lachte.»Leider nicht.«»Aber ähnliche Sachen?«»Mechanisches Spielzeug hauptsächlich.«»Eigenartig…«Sie brach ab und behielt lieber für sich, was sie dachte. Da mir die Reaktion vertraut war, sprach ich den Satz für sie zu Ende.

«Eigenartig, daß ein erwachsener Mensch sein Leben im Spielzeugland zubringt?«