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Derweil wollte er hinuntergehen, um die Unterschriftskarten zu prüfen. Er stand auf, verschränkte die Finger und streckte die Hände über den Kopf. Seine Knöchel knackten genau in dem Moment, als die Kugel aus einer .357er in seine Schulter jagte. Er machte den Mund auf, um den Namen seines Angreifers zu rufen, aber zu spät. Die nächste Kugel zerriß sein Herz, und er knallte auf seinen Stuhl.

Die Katzen im Laden hörten die Schüsse.

»Schnell!« maunzte Mrs. Murphy, und die beiden stürmten aus dem Katzentürchen. Während sie zur Bank rannten, hörten sie an der Ecke durch den dichten Nebel Schritte in die andere Richtung laufen.

»Verdammt! Verdammt!« fluchte die Tigerkatze.

»Was ist?«

»Wir hätten hintenrum gehen sollen, um das Auto zu sehen.«

»Zu spät... « Die ziemlich kleine, aber rundliche graue Katze sauste zur Bank.

Sie kamen nur wenige Minuten nach den Schüssen bei der Vordertreppe an und blieben an der Tür so plötzlich stehen, daß sie übereinander purzelten und auf einer Gestalt landeten, die zusammengesackt auf der Schwelle lag, eine rauchende .357er in der Hand.  »O NEIN!« schrie Mrs. Murphy.

24

Kerry McCray lag im Eingang zur Bank. Ein kleines Blutrinnsal sickerte aus ihrem Kopf. Der säuerliche Geruch von Schießpul­ver hing in der Luft. Sie hielt die Pistole fest in der rechten Hand.

»Wir müssen Mrs, Hogendobber holen.« Mrs. Murphy be­schnupperte Kerrys Wunde.

»Vielleicht sollte ich besser bei ihr bleiben.« Pewter streichel­te unentwegt Kerrys Kopf, ein vergeblicher Versuch, sie wie­derzubeleben.

»Wenn Tucker doch bloß hier wäre.« Die Tigerkatze schritt um die reglose Gestalt herum. »Sie könnte Kerry bewachen. Schau, Pewter, wir müssen es riskieren, sie allein zu lassen. Mrs. Hogendobber kriegen wir nur zu zweit hierher.«

Gesagt, getan. Die zwei sprinteten durch den Nebel, ganz niedrig über dem Boden und so schnell, daß die Ballen ihrer Pfoten ihn kaum berührten. Sie blieben unter Mirandas Schlaf­zimmerfenster stehen, das weit offenstand, um die kühlende Nachtluft hereinzulassen. Eine Jalousie schirmte das Fenster ab.

»Los, wir singen«, befahl Murphy.

Sie johlten, heulten und kreischten. Diese beiden Katzen hät­ten Tote auferwecken können.

Miranda kam im Nachthemd ans Fenster, einen Schuh in der Hand. Sie schob die Jalousie hoch und schleuderte ihn hinaus. Mrs. Murphy und Pewter wichen dem Geschoß mühelos aus.

»Fehlschuß! Kommen Sie, Mrs. Hogendobber, nun machen Sie schon!«

»Pewter?« Miranda blinzelte in den Nebel.

Bevor Miranda die Jalousie ganz herunterlassen konnte, sprang die rundliche kleine Katze auf die Fensterbank, gefolgt von Mrs. Murphy.

»Ach bitte, Mrs. Hogendobber, bitte hören Sie auf uns. Es ist was Schreckliches passiert«, sagte Pewter.

»Jemand ist verletzt«, brüllte Murphy.

»Ihr zwei geht mir auf die Nerven. Jetzt macht, daß ihr raus­kommt.« Miranda ließ die Jalousie wieder hochschnappen.

»Nein!« entgegneten sie im Chor.

»Mir nach.« Murphy lief zur Schlafzimmertür.

Miranda wollte einfach nicht kapieren, obwohl Pewter sie un­unterbrochen beschwor, sich zu beeilen.

»Paß auf. Sie könnte zuschlagen«, warnte Murphy Pewter, als sie sich anschlich und Miranda in den Knöchel biß.

»Autsch!« Erbost knipste Mrs. Hogendobber das Licht an und griff zum Telefon. Dabei bemerkte sie, daß die Katzen sie um­rundeten, dann zur Tür gingen und wieder zurück. Das verzwei­felte Gebaren der Tiere rührte sie, aber sie wußte nicht recht, was tun, zudem war sie böse auf Murphy. Sie wählte Harrys Nummer.

Ein gedämpftes Hallo klang ihr entgegen.

»Ihre Katze hat mich gerade in den Knöchel gebissen, und sie spielt verrückt. Tollwut.«

»Mrs. Hogendobber.« Harry war jetzt wach.

»Pewter ist auch hier. Sie haben unter meinem Fenster geheult wie die Gespenster, und ich hab das Fenster aufgemacht, und sie sind reingesprungen und.« Sie bückte sich, weil Pewter sich an ihrem Bein rieb. Sie entdeckte etwas Blut an Pewters Vorderpfote, mit der die Katze Kerrys Kopf gestreichelt hatte. »Pewter hat Blut an der Pfote. Ach je, Harry, Sie kommen am besten her und holen die Katzen ab. Ich weiß nicht, was ich tun soll.«

»Halten Sie sie drinnen, okay? Ich bin gleich bei Ihnen, und es tut mir leid, daß Murphy Sie gebissen hat. Nur keine Sorge von wegen Tollwut - sie ist geimpft, erinnern Sie sich?« Harry legte auf, fuhr in ihre Jeans und ein altes Arbeitshemd. Sie lief zum Transporter und ließ ihn an. Als sie die Straße entlangraste, steckte sie sich ein Kaugummi in den Mund. Sie hatte in der Eile vergessen, sich die Zähne zu putzen.

Sieben Minuten später war sie an Mirandas Tür. Als Harry ins Wohnzimmer trat, sagte Murphy: »Versuchen wir's noch mal, Pewter. Mutter kapiert ein bißchen schneller als Miranda.«

Beide brüllten: »Kerry McCray ist verletzt.«

»Da stimmt was nicht.« Harry griff nach Pewters Pfote, aber die Katze entschlüpfte ihr und lief zur Haustür.

»Tollwut.« Miranda verschränkte die Arme über ihrem Busen.

»Nein. Das ist keine Tollwut.«

»Dieses Höllenvieh von einer Tigerkatze hat mich gebissen.« Sie schob ihren Knöchel unter ihrem Nachthemd hervor. Man sah zwei vollständige Abdrücke, nicht tief, aber sichtbar in die Haut gekerbt.

»Ihr sollt mitkommen!« Murphy brüllte aus Leibeskräften. Sie kratzte an der Haustür.

»Die zwei wollen etwas. Ich seh mal nach. Gehen Sie ruhig wieder ins Bett. Und ich bitte um Entschuldigung.«

»Ich bin jetzt hellwach.« Miranda ging zurück ins Schlafzim­mer, fuhr in Morgenrock und Pantoffeln und erschien wieder. »Ich kann nicht mehr einschlafen, wenn ich einmal wach bin. Da kann ich ebensogut beweisen, daß ich nicht weniger ver­rückt bin als Sie und diese Katzen.« Damit segelte sie durch die offene Tür. »Ich kann kaum die Hand vor Augen sehen. Wie sind Sie in so kurzer Zeit hergekommen?«

»Zu schnell gefahren.«

»Los, kommt.« Murphy trabte in dem grauen Nebel voraus und wieder zurück. »Folgt meiner Stimme.«

»Harry, wir sind auf der Hauptstraße, und sie halten auf die Bahngleise zu.«

»Ich weiß.« Die Luft fühlte sich klamm an auf ihrer Haut.

»Ist das ein Katzenstreich?«

»Sei still und beeil dich!« Pewter riß allmählich der Gedulds­faden.

»Irgendwas regt sie auf, dabei ist Murphy eine vernünftige Katze - normalerweise.«

»Katzen sind von Natur aus unvernünftig.« Miranda be­schleunigte ihren Schritt.

Die Bank ragte im Nebel auf, das Licht oben brannte noch.

Die Katzen riefen durch den Nebel. Harry sah Kerry als erste, mit dem Gesicht nach unten, die rechte Hand mit der Waffe ausgestreckt. Mrs. Murphy und Pewter hatten sich neben sie gesetzt.

»Miranda!«

Mrs. Hogendobber ging noch ein bißchen schneller, dann er­blickte auch sie, was zunächst wie eine Erscheinung, dann wie ein schlechter Traum aussah. »Grundgütiger Himmel.«

Harry war im Nu an Kerrys Seite. Sie kniete sich hin und fühl­te ihr den Puls. Miranda war jetzt neben ihr.

»Lebt sie noch?« fragte Mrs. Murphy.