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Anschließend drehte er sich wieder zu Vol’jin herum. „Dieser Stein ist das Schiff. Das Symbol auf der Oberseite ist das Feuerschiff.“ Er drehte den Spielstein, sodass der Troll die pandarische Glyphe richtig herum sehen konnte, dann wiederholte er das Wort Feuerschiff in perfektem Zandali.

Dabei huschten seine Augen gerade lange genug hoch, um Vol’jins Reaktion zu erhaschen.

„Dein Akzent. Schlingendorntal.“

Der Mann ignorierte seine Worte und deutete auf den Würfel. „Das Feuerschiff ist für die Pandaren ein sehr wichtiger Spielstein. Er kann alles zerstören, wird dabei aber selbst zerstört. Er wird dann vom Feld genommen. Wie man mir sagte, verbrennen einige Spieler diesen Stein. Von den sechs Schiffen in deiner Flotte kann nur eines ein Feuerschiff werden.“

„Danke!“

Jihui vereinigte in sich viele Aspekte der Pandaren-Philosophie. Jeder Spielstein hatte sechs Seiten, und ein Spieler konnte ihn mit dem anfangs nach oben gerichteten Symbol bewegen und damit angreifen oder den Würfel zur Seite drehen und dann mit dem neuen Symbol entweder einen Zug machen oder angreifen. Es war außerdem erlaubt, einen Würfel aufzunehmen und ihn über das Feld rollen zu lassen, um so willkürlich eine neue Seite zu wählen. Das war auch die einzige Möglichkeit, das Feuerschiff-Symbol auf einem Schiffsspielstein oben erscheinen zu lassen.

Noch interessanter war jedoch, dass ein Spieler entscheiden konnte, gar keinen Zug zu machen, sondern stattdessen einen neuen Würfel aus dem Behälter zu nehmen. Dazu wurde dieser geschüttelt und dann auf den Kopf gestellt; der erste Stein, der herausfiel, wurde ins Spiel aufgenommen. Fielen zwei Steine auf das Brett, wurde der zweite wieder aus dem Spiel entfernt, und der Gegner durfte dafür ohne Strafe einen beliebigen Stein aus seinem eigenen Behälter wählen.

All das machte Jihui zu einem Spiel, das genaues Überlegen belohnte, zugleich aber auch impulsive Elemente beinhaltete. Es schuf ein Gleichgewicht zwischen Bedachtsamkeit und Zufall, auch wenn der Zufall bisweilen Strafen mit sich brachte. Wenn man gegen einen Spieler verlor, der mehr Steine auf dem Spielfeld besaß, wurde das nicht als große Niederlage angesehen, und wenn man sich in einer unterlegenen Position ergab, galt das nicht als ehrlose Kapitulation. Obwohl das Ziel des Spiels darin bestand, alle Würfel des Gegners auszuschalten, galt es als unhöflich, ja sogar als barbarisch, bis zu diesem Punkt weiterzuspielen. Für gewöhnlich fand sich einer der Spieler früher oder später in einer ausweglosen Situation wieder und gab auf; manche verließen sich dann aber auch auf ihr Glück und setzten alles auf eine Karte, um doch noch den Sieg davonzutragen.

Als größter Sieg überhaupt galt es jedoch, wenn man ein Patt erspielte, in dem beide Seiten ausgeglichen waren.

Tyrathan reichte Vol’jin den roten Behälter, und jeder von ihnen schüttelte ein halbes Dutzend Würfel auf das Spielfeld, die sie dann an den äußersten Reihen des zwölf mal zwölf Felder messenden Gittermusters aufstellten. Sie drehten das Symbol mit dem niedrigsten Wert nach oben und richteten die Steine dann auf die des Gegners aus. Anschließend rüttelte jeder von ihnen noch einen weiteren Stein aus seinem Behälter, und sie verglichen das Symbol mit dem höchsten Wert. Tyrathan schlug dabei Vol’jin, er würde also den ersten Zug machen. Nachdem sie die Würfel wieder in die Behälter gelegt hatten, begann das Spiel.

Vol’jin schob einen Stein nach vorne. „Dein Pandarisch. Gut. Besser, als sie wissen.“

Der Mann zog eine Augenbraue nach oben, ohne vom Spielbrett aufzublicken. „Taran Zhu weiß es.“

Vol’jin studierte die gegnerischen Steine und beobachtete, wie der Mensch ein Flankenmanöver vorbereitete. „Du bist ihm. Auf der Fährte?“

„Er zeigt sich nur selten, und wenn, dann will er, dass man ihn sieht.“ Der Mann nagte an seinem Daumennagel. „Interessante Wahl. Wie du deinen Schützen umgedreht hast, meine ich.“

„Dein Zug. Mit dem Drachen. Auch.“ Als er den Zug gemacht hatte, hatte Tyrathan keinen Moment gezögert, aber nun, als Vol’jin ihn lobte, huschte sein Blick wieder zu dem Spielstein hinüber. Er betrachtete den Würfel angestrengt, als würde er nach etwas suchen, dann sah er auf seinen Behälter hinab.

Der Troll kam ihm jedoch zuvor. Er schüttelte einen Spielstein auf das Brett, wo er sich kurz überschlug und dann klappernd zum Stillstand kam. Das Feuerschiff. Er platzierte den Würfel neben dem Schützen und baute so seine Flanke aus. Das Gleichgewicht des Spiels verschob sich – nicht zugunsten eines Spielers, sondern von diesem Teil des Bretts fort.

Tyrathan fügte einen weiteren Stein hinzu – einen Krieger, der zwar nicht auf seiner stärksten Seite landete, aber doch stark genug war. Anschließend verstärkte er diese Flanke durch Ritter, da die sich weiter bewegen konnten. Er führte seine Züge dabei schnell durch, aber nie überhastet.

Vol’jin hob erneut den Kanister, aber da packte der Mensch seine Hand. „Nicht.“

„Lass. Mich. Los.“ Vol’jins Finger spannten sich. Eine Handbewegung, und der Behälter würde in seiner Hand zerbrechen und Spielsteine und Splitter würden in alle Richtungen davonfliegen. Er wollte den Mann anbrüllen, ihn fragen, wie er es wagen konnte, einen Schattenjäger anzufassen, noch dazu den Anführer der Dunkelspeertrolle. Weißt du denn nicht, wer ich bin?

Doch nichts davon geschah. Seine Hand konnte sich nicht weiter anspannen, und um die Wahrheit zu sagen, hatte bereits diese kurze Anstrengung seine Muskeln erschöpft. Sein Griff wurde schwächer, und jetzt war es nur noch die Hand des Mannes, die verhinderte, dass der Behälter auf das Spielbrett fiel.

Tyrathan öffnete die andere Hand, um zu zeigen, dass er keine bösen Absichten verfolgte. „Ich soll dir dieses Spiel beibringen. Du brauchst keinen weiteren Stein. Würde ich zulassen, dass du dir einen nimmst, würde ich gewinnen, und dein Zug würde den Wert meines Sieges steigern.“

Vol’jins Blick wanderte über die Würfel. Auf eine stärkere Seite gedreht könnte der schwarze Krieger seinen Kriegsherrn besiegen, dann müsste er sein Feuerschiff zurückziehen, um auf diese Bedrohung zu reagieren. Doch dadurch würde dieser Spielstein in Reichweite von Tyrathans Drachen kommen. Dann würden beide Steine zerstört, und der Krieger und die Ritter könnten seine rechte Flanke auseinandernehmen. Selbst wenn er die beste Figur aus dem Behälter schüttelte, könnte er das Spiel nicht mehr retten. Falls er seine rechte Flanke verstärkte, würde der Mensch seinen Angriff auf die linke Seite verlagern, und wenn er die linke verstärkte, würde er seine rechte Flanke verlieren.

Vol’jin ließ den Behälter in Tyrathans Hand fallen. „Danke! Für meine Ehre.“

Der Mensch stellte den Behälter auf dem Tisch ab. „Ich weiß, was du vorhattest. So hätte ich zwar gewonnen, aber es wäre ein Sieg gegen einen Schüler gewesen. Und da es falsch ist zuzulassen, dass ein Schüler einen fatalen Fehler begeht, hätte ich letzten Endes trotzdem verloren. So wie ich auch jetzt verliere, weil du mich gezwungen hast, auf deine Laune zu reagieren.“

Sollte es denn nicht so sein, Mensch? Vol’jin kniff die Augen zusammen. „Du gewinnst. Du hast mich. Durchschaut. Ich verliere.“

Tyrathan schüttelte den Kopf und lehnte sich zurück. „Dann verlieren wir beide. Und nein, hier geht es nicht nur um dieses Spiel. Sie beobachten uns. Ich studiere dich. Du studierst mich. Sie studieren uns beide. Sie studieren, wie wir das Spiel gespielt haben, wie wir uns gegenseitig studiert haben. Und Taran Zhu studiert alles, auch die, die uns studieren.“

Ein Schauder rann über Vol’jins Wirbelsäule. Er nickte kurz, in der Hoffnung, dass niemand sonst es bemerkte, aber Taran Zhu würde es natürlich nicht entgehen. Es war gerade deutlich genug, dass der Mensch es sah, und für einen Moment waren die beiden Außenseiter vereint.

Tyrathans Stimme wurde leiser, als er die Spielsteine in die Behälter zurückfallen ließ. „Die Pandaren sind an die Nebel gewöhnt. Sie sehen durch den Dunst hindurch, und sie selbst sind darin unsichtbar. Entfesselt würden sie einen furchterregenden Gegner abgeben, wären sie nicht so ausgeglichen und so besessen von dieser Balance. Sie finden Frieden darin, und sie weigern sich, ihren Frieden einfach so aufzugeben – aus gutem Grund.“