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Nicht weiter schlimm. Mir schmeckt Sandwüterfleisch ohnehin besser. Die Wüstenumgebung gab ihnen mehr Geschmack. Hier, nördlich von Pandaria, nützte ihr der Gedanke zwar wenig, aber die Zeit würde kommen. Wenn wir Kalimdor zurückerobern.

Ja, diese Zeit würde kommen. Sie wusste es. Alle Zandalari wussten es. Sämtliche Trolle stammten von dieser noblen Blutlinie ab, aber die meisten hatten sich weiter und weiter von diesen Wurzeln entfernt und waren dabei immer tiefer gesunken. Man musste sich nur ihre Physiologie ansehen, um das zu erkennen: Khal’ak war größer als jeder unreine Troll, dem sie je begegnet war, und im Vergleich zu der Hingabe, die sie den Loa schenkte, war die Verehrung der anderen nur ein Spiel. Zugegeben, einige Trolle achteten noch die Traditionen der Vergangenheit – die Schattenjäger waren eines der seltenen Beispiele dafür –, aber ihre eigenen Traditionen waren nicht länger die der echten Zandalari.

Wenn sie bei ihren Missionen für Vilnak’dor durch die Welt reiste, glaubte sie manchmal, inmitten der verdorbenen Trolle einen Hauch, einen Funken der traditionellen Wege zu erkennen. Sie suchte stets nach jenen, die Elemente der alten Tage in sich trugen, und oft war diese Suche vergebens. Viele, denen sie begegnete, waren Heuchler, die für sich in Anspruch nahmen, die einzig rechtmäßigen Erben der Zandalari zu sein, so als würden Khal’ak und ihr Stamm überhaupt nicht existieren. Nur zu oft – eigentlich immer, um die Wahrheit zu sagen – waren diese selbst ernannten Retter der Trolle aber nur das erbärmliche Produkt einer degenerierten Gesellschaft.

Dass sie so oft scheiterten, überraschte sie inzwischen nicht mehr.

Durch eine lange Reihe von Trollen, welche von den Überlieferungen und Traditionen geprägt waren und sie seit Jahrtausenden getreulich befolgten und weitergaben, stammte Vilnak’dor von den Zandalari ab. Er hatte sich nicht den Verlockungen hingegeben, denen die anderen erlegen waren. Er saß nicht dem Irrglauben auf, dass man die Reiche der Amani und Gurubashi wiederbeleben und verbessern könnte. Er akzeptierte, dass sie ein Fehlschlag gewesen waren und dass dieses Scheitern in einer grundlegenden Instabilität begründet lag. Sie wiederherstellen zu wollen, hieße, ein Desaster herauszufordern, also war er noch weiter in die Vergangenheit zurückgegangen, um eine Allianz aufleben zu lassen, die einst Früchte getragen hatte.

Ein Kapitän der Mogu näherte sich ihr voll Respekt, obwohl sie doch eigentlich an den Mauern seiner Stadt stand. Der dunkelhäutige, kräftig gebaute Mogu überragte sie um anderthalb Köpfe, und sein löwenartiges Äußeres passte außerordentlich gut zu Panadria. Seine Augenbrauen, sein Bart und sein Haupthaar waren so strahlend weiß, wie sein Körper schwarz war. Als sie zum ersten Mal Statuen gesehen hatte, die die Mogu abbildeten, hielt sie sie für künstlerisch überspitzt. Doch als sie den Mogu dann wirklich begegnete, bemerkte sie ihren Irrtum, und als sie sie im Kampf beobachten konnte, wurde ihr klar, dass die weiche Rundlichkeit ihres Äußeren nur die Schärfe und Kantigkeit ihrer Absichten und ihres Muts verbarg.

„Mylady, wir haben fast alles verladen. Mit der ausgehenden Tide können wir nach Süden segeln.“

Khal’ak blickte auf die schwarze Flotte hinab, die im dunklen Wasser ruhte. Ihre Truppen, einschließlich ihrer Elitelegion, waren bereits in Reih und Glied an Bord marschiert. Die Angriffstruppen bestanden abgesehen von Mogu-Spähern hauptsächlich aus Zandalari-Truppen. Keine niederen Trolle, erst recht niemand aus den niederen Völkern – obwohl sie gerne auf Goblin-Artillerie oder eine Handvoll ihrer Kriegsmaschinen zurückgegriffen hätte.

Nur zwei Schiffe waren noch an der Anlegestelle: Ihr Flaggschiff, das als Letztes ablegen würde, und ein kleineres Schiff, das eigentlich schon längst vor dem Hafendamm ankern sollte. „Warum die Verspätung?“

„Es wurd’n Bedenken ausgedrückt, wegen Zeichen und Omen.“ Der Mogu-Kapitän stand kerzengerade da, seine gewaltigen Fäuste hinter dem Rücken verborgen. „Der Sturm. Das verstehen sie nicht.“

Ihre Augen wurden zu Schlitzen. „Der Schamane. Natürlich. Ich werde mich selbst darum kümmern.“

„Die Tiden drehen sich in sechs Stunden.“

„Das sollte nicht länger als sechs Minut’n dauern, wenn ich erst dort unten bin.“

Der Mogu verbeugte sich so ehrerbietig, dass Khal’ak ihm seinen Respekt beinahe abgekauft hätte. Es war nicht so, als würden er oder die anderen Mogu einen Groll gegen die Zandalari hegen oder sie hassen. Sie bedauerten nur, dass sie auf ihre Hilfe angewiesen waren, und im Stillen wunderten sie sich, warum es so lange gedauert hatte, bis die Zandalari ihnen diese Hilfe angeboten hatten.

Vor vielen Jahrtausenden, als es nur die Zandalari gegeben hatte, in der Zeit, bevor die Nebel Pandaria verborgen hatten, waren sich Mogu und Trolle zum ersten Mal begegnet. Damals existierte gerade einmal ein Viertel der gesamten Schöpfung, doch ausgerechnet diese beiden Völker begegneten einander. Zwei Löwen. Eigentlich hätten sie sich gegenseitig zerstören müssen, dieser erste Mogu und der erste Troll, aber sie taten es nicht. Sie begriffen, falls sie ihre Stärke in einem Krieg maßen, würde der Überlebende geschwächt daraus hervorgehen und womöglich würde er dann einer Kreatur zum Opfer fallen, die ihm eigentlich klar unterlegen war. Das wäre eine Tragödie, die keines der beiden Völker riskieren wollte.

Also standen sie entschlossen Rücken an Rücken und eroberten sich ihren Platz in der Welt. Doch als die weiteren Ereignisse sich entfalteten und jedes Volk mit seinen eigenen Herausforderungen konfrontiert wurde, vergaßen sie ihr Bündnis. Die Mogu verschwanden gemeinsam mit Pandaria, die Trolle mussten mit ansehen, wie ihre Welt auseinandergerissen wurde. Und wie es eben so ist mit alten Völkern, wenn sie von unmittelbaren Problemen bedrängt werden, verblasste ihre frühe Vergangenheit in ihrem Gedächtnis, und die jüngsten Gräuel leuchteten dafür umso blendender auf.

Khal’ak stieg die Treppe hinunter, von einem Absatz zum nächsten. Dazwischen lagen genau siebzehn Stufen. Sie verstand nicht, warum das für die Mogu so wichtig war, aber das musste sie wohl auch nicht. Ihre Aufgabe war nur, die Befehle ihres Meisters auszuführen, und der wiederum wollte seinen Verbündeten, den Donnerkönig, beschwichtigen. Die Macht des einen würde die des anderen mehren, bis sie beide stark genug waren, um ihre ruhmreiche Position zurückzufordern und die Ordnung der Welt wiederherzustellen.

Sie ging weiter durch die Siedlung, die von ihrem Alter gezeichnet war, in der nun aber eine neue Jugend erwachte. Die Mogu, von denen jeden Tag mehr auf der Insel auftauchten, verbeugten sich wortlos, als sie vorüberschritt; sie wussten um ihre Aufgabe, und sie zollten ihr Respekt, weil ihre Taten ihnen Freude gebracht hatten – und sie war noch längst nicht fertig.

Doch obwohl sie sich verbeugten und ihre Ehrerbietung demonstrierten, war noch immer genügend Zurückhaltung in ihrem Verhalten, um Khal’ak zu zeigen, wie überlegen die Mogu sich ihr und den Trollen fühlten, und sie musste sich beherrschen, um nicht zu lachen. Mit ihrem Training wäre es ein Kinderspiel gewesen, sie allesamt zu töten. Die Mogu hatten keine Ahnung, wie labil ihre Position in diesem Bündnis war oder wie verwundbar sie wären, sollten die Zandalari tatsächlich entscheiden, sie zu zerstören.

Kalte Wellen klatschten gegen die Stützpfeiler und die Ufermauer, Möwen zogen ihre Kreise und krächzten über Khal’aks Kopf, und in der Luft lag der Geruch von Salz und verrottendem Fisch, der noch immer unglaublich fremdartig für sie war. Die Taue knarzten, und die Planken knirschten, während die Schiffe auf der dunkelgrünen Oberfläche des Hafens auf und ab wippten.