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Der Troll stand auf, um sich zu waschen, und als er in die Kammer zurückkehrte, hatte man eine weiße Robe für ihn bereitgelegt. Er zog sie an und folgte dem leisen Gesang einer Flöte auf einen Hof, abseits der Haupträume des Tempels. Chen und Tyrathan standen hier, gemeinsam mit dem Rest der blauen und roten Mönche, und auch Taran Zhu war erschienen – zweifelsohne war er auf einer Wolkenschlange herbeigeflogen. Sie alle trugen Weiß, und einige der Pandaren, die wie Vol’jin während des Kampfes verletzt worden waren, stützten sich auf Krücken oder trugen den Arm in einer Schlinge.

Auf einem Tisch neben ihnen standen fünf kleine weiße Statuen, keine davon höher als eine Handbreit und aus einem weichen Stein geschnitzt. Daneben befanden sich ein kleiner Gong, eine blaue Flasche und fünf kleine Tassen. Taran Zhu verbeugte sich erst vor den Statuen, dann vor den versammelten Kämpfern, und sie erwiderten die Geste, woraufhin der alte Mönch zu Chen, Tyrathan und Vol’jin hinüberblickte.

„Wenn ein Pandaren ein vollwertiger Shado-Pan wird, reist er mit einem unserer besten Künstler ins Herz von Kun-Lai, tief unter die Erde, wo sie ein kleines Stück vom Knochen des Berges markieren. Der Künstler schnitzt dann das Ebenbild des Mönchs hinein, sodass er mit dem Knochen verbunden ist. Und wenn das Rad sich dreht und dieser Mönch dahinscheidet, dann fällt die Statue aus dem Berg. Wir sammeln diese Figuren, und wir bewahren sie im Kloster auf, damit alle sich jener erinnern, die vor ihnen kamen.“

Yalia Weisenwisper löste sich aus den Reihen der Pandaren und schlug den Gong, woraufhin Meister Taran Zhu den Namen des ersten Mönchs rief. Alle verbeugten sich, bis das Echo seiner Stimme verstummt war, dann richteten sie sich wieder auf, der Gong erklang erneut, und der Meister rief einen weiteren Namen.

Es überraschte Vol’jin, dass er sich an diese Namen erinnerte und mühelos die dazugehörigen Gesichter in seinem Geist heraufbeschwören konnte. Er sah sie nicht als die Krieger, die in die Schlacht gezogen waren, sondern so, wie er sie zuvor erlebt hatte, während der Zeit seiner Heilung. Einer hatte ihn mit einer starken Brühe gefüttert, ein anderer hatte seinen Verband gewechselt, und ein Dritter hatte ihm Ratschläge zugeflüstert, wie man Jihui spielte. Er erinnerte sich daran, wie sie gelebt hatten, und auch wenn das den Schmerz über ihren Verlust ein wenig schärfer machte, half es doch, die Wunden schneller zu schließen.

Ihm wurde klar, dass Garrosh die fünf Mönche nicht auf diese Weise sehen würde, wäre er jetzt hier an seiner Stelle. Er hätte sie anhand ihrer kämpferischen Fähigkeiten beurteilt, ihrer Fähigkeit, seine Macht und seinen Willen auf andere zu projizieren. Das würde er erkennen. Doch mehr wären sie nicht für ihn, und es würde auch keinen Unterschied machen, ob es fünf wären oder fünftausend. Sein Kriegshunger gestattete es ihm nicht, Soldaten zu kennen; er kannte nur Armeen.

So will ich nicht sein. Wann immer er auf den Echo-Inseln war, sprach er darum auch mit den Trollen, die sich im Training hervorgetan hatten. Er bemühte sich, sie und ihre Namen im Gedächtnis zu behalten. Er schätzte sie, und er wollte, dass sie das wussten. Nicht nur, damit sie sich stolz fühlten, weil er Kenntnis von ihnen genommen hatte, sondern vor allem, damit er in ihnen nicht nur Zahlen sah, die man in den Fleischwolf des Krieges werfen konnte.

Nachdem der Name des letzten Mönchs verklungen war und alle sich wieder aufgerichtet hatten, stellte Yalia den Gong wieder ab und ging zurück zu den anderen Pandaren. Nun trat Chen vor. Er hob die Tassen – die in seinen Pfoten wirklich winzig wirkten – und stellte eine vor jede Statue, anschließend nahm er die Flasche.

„Mein Geschenk ist bescheiden. Ich habe nicht viel anzubieten. Ich habe nicht so viel gegeben wie sie, aber meine Freunde sagten, der Kampf gegen die Zandalari würde einen durstig machen. Hiermit will ich ihren Durst stillen. Ich bin froh, dass ich dieses Gebräu mit Euch teilen kann, aber ich finde, diese fünf sollten zuerst trinken.“

Er goss eine goldene Flüssigkeit in die Tassen, und wann immer eine voll war, beugte er den Kopf davor. Als er die Flasche schließlich wieder abstellte, verbeugte sich Taran Zhu erst vor ihm, um sein Geschenk zu ehren, dann vor den Statuen, und die anderen folgten seinem Beispiel.

Der Meister der Mönche blickte die Versammelten an. „Unsere gefallenen Brüder und Schwestern sind erfreut, dass Ihr überlebt habt. Damit habt Ihr sie geehrt und ebenso dadurch, dass Ihr so viele andere gerettet habt. Dass dafür Taten nötig waren, von denen Ihr nie geglaubt hättet, dass Ihr sie je vollbringen würdet, ist bedauerlich, aber Ihr könnt das überwinden. Geht in Euch, trauert, betet; vergesst nicht, was Ihr getan habt, hat für viele das Gleichgewicht bewahrt, und das ist schließlich unsere Aufgabe.“

Nach einer weiteren Serie von Verbeugungen trat Taran Zhu vor die drei Außenseiter. „Ich würde mich gerne mit Euch beraten.“

Taran Zhu führte sie in einen kleinen Raum, wo mehrere ausgebreitete Karten ein detailliertes Mosaik von Pandaria bildeten. Jihui-Steine waren strategisch darauf verteilt, aber Vol’jin hoffte wider alle Hoffnung, dass die dargestellten Kräfteverhältnisse nicht wirklich der Realität entsprachen. Denn sollte dem so sein, wäre Pandaria verloren.

Die nüchterne Miene des alten Mönchs deutete allerdings darauf hin, dass es noch schlimmer war: dass die Figuren lediglich optimistische Vermutungen widerspiegelten.

„Ich muss gestehen, ich bin ratlos.“ Taran Zhu fuhr mit der Pfote über eine Karte. „Die Allianz und die Horde haben bei ihren Vorstößen nie großflächige Massaker angerichtet. Sie glichen einander aus, und beide Seiten haben uns geholfen, mit bestimmten Problemen fertigzuwerden.“

„Wie die Sache mit dem Schlangenherz.“

„Als der Sha des Zweifels freikam, ja.“ Der Pandaren verbarg die Pfoten hinter dem Rücken. „Beide Parteien wären besser geeignet, diese Invasion aufzuhalten, als wir es sind.“

Vol’jin schüttelte den Kopf. „Es gibt viel böses Blut zwisch’n ihnen. Kein Vertrauen. Sie würden auch nur langsam vorankomm’n, und niemand kann sagen, wohin sie zieh’n würden. Und ohne Versorgungslinien und gesicherte Flanken würden sie ohnehin nicht vorrück’n.“

Taran Zhu hob den Kopf. „Könntet Ihr Eure alten Verbündeten denn nicht überzeugen?“

„Meine Seite hat versucht, mich umzubring’n.“

„Und für meine Leute wäre es das Beste, wenn ich wirklich tot wäre.“

„Dann ist Pandaria verloren.“

Vol’jin lächelte, dass seine Zähne aufblitzten. „Wir selbst haben keine Stimme, aber wir können Euch zeigen, wie Ihr mit ihnen sprech’n müsst. Sie sind der Vernunft aufgeschloss’n. Wir brauchen lediglich Informationen, um sie zu überzeug’n, und ich weiß schon, wo wir die herbekommen.“

16

Chen Sturmbräu überprüfte ein letztes Mal seinen Rucksack. Er war ziemlich sicher, dass er alles hatte, was er brauchen würde. Physisch zumindest. Dennoch verharrte er noch einen Moment länger am Eingang des Tempels.

Und lächelte.

Drinnen im Hof überwachte Li Li das Beladen eines Ochsenkarrens; das hieß, sie gab den Steinacker-Brüdern Befehle, wie sie die Ladung auf den Karren hieven und verteilen sollten. Die beiden schienen nicht mehr so sehr unter den Peitschenhieben ihrer Zunge zu leiden, was, wie Chen vermutete, weniger mit ihrer Furcht vor der Pandaren zu tun hatte, sondern damit, dass sie begonnen hatten, sie ins Herz zu schließen. Yalias Vater, Tswen-luo, half den beiden, und seine Gegenwart dämpfte Li Lis Kommentare.

Yalia, die Li Li beobachtet hatte, kam zu Chen herüber. Hätte sie nicht kurz den Blick gesenkt, als sie sich ihm näherte, hätte er geglaubt, dass sie ganz auf ihre Aufgabe konzentriert war. Doch dieser kurze Moment ließ sein Herz höherschlagen. „Wir werden bald zum Aufbruch bereit sein, Meister Chen.“