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Als er die Führung der Dunkelspeere und die Verantwortung für den Stamm übernommen hatte, war gleichsam eine ganze Reihe von Ereignissen in Gang gesetzt worden, aber auch hier gab es nichts, was Vol’jin bedauerte. Er hatte keine andere Wahl gehabt, als Zalazane aufzuhalten. Und auch die Entscheidung, der Horde gegen den Zandalari-König Rastakhan zu helfen, war schon lange vorher getroffen worden, als Thrall und die Horde seinem Vater halfen, die Dunkelspeere zu retten und ihre Heimat auf den Echo-Inseln wieder aufzubauen.

Mich von der Horde zurückzuzieh’n, war die schwerste Entscheidung, die ich je selbst getroffen habe. Und fast hätte sie mich das Leb’n gekostet.

Er erreichte das Kloster und schloss sich den Mönchen bei ihren Übungen an, nicht nur, um zu lernen, wie er stärker werden konnte, sondern auch, um ihnen zu zeigen, wozu ein Troll imstande war. Der Mönch, den er bei Zouchin gerettet hatte, indem er einen Zandalari köpfte, hatte Vol’jins Geschichten über die Unerschrockenheit der Trolle bestätigt, und seitdem gaben sich die meisten Shado-Pan deutlich mehr Mühe, wenn sie im Training gegen ihn antraten.

Und er musste sich mehr Mühe bei seiner Verteidigung geben.

Keine Frage, auch unter den Mönchen gab es Totenschädelkrabben und Helmkrabben, aber das beunruhigte Vol’jin nicht. In einer Armee kamen auf jeden Krieger fünf Leute, die zurückblieben, um ihn mit Speis und Trank zu versorgen, seine Rüstung zu pflegen und sich seiner anderen Bedürfnisse anzunehmen. Viele der Shado-Pan, vor allem die alten Mönche, gaben sich mit dieser unterstützenden Funktion zufrieden, während die jüngeren Mönche begierig lernen wollten, wie man gegen Trolle kämpfte.

Taran Zhu beobachtete die Übungen, und Vol’jin sah immer wieder zu dem alten Pandaren hinüber. Gefällt dir die Form des Helms, in den deine Mönche hineinwachs’n? Hin und wieder trafen sich ihre Blicke zwar, aber welcher Art die Gedanken des Shado-Pan auch waren, er ließ sich nichts anmerken.

Wenn er nicht mit den Mönchen trainierte, versuchte Vol’jin, sich möglichst viel Wissen über die Geografie und die militärische Geschichte Pandarias anzueignen. Vor allem Letzteres erwies sich jedoch als frustrierend. Alles lag schon so unendlich lange zurück – zumindest für die Pandaren –, dass es zu Mythen und Folklore geworden war. So hieß es beispielsweise, dass ein Dutzend Mönche einen Bergpass zwölf Jahre lang gehalten hatte, wobei jeder einen Monat lang allein kämpfte und sich dann den Rest des Jahres ausruhte. Jeder dieser Mönche hatte obendrein angeblich einen eigenen Kampfstil entwickelt, und sämtliche Stile der Gegenwart waren von ihnen abgeleitet.

Die Geografie zu studieren war da schon leichter. Alte imperiale Karten zeichneten ein äußerst detailliertes Bild des Kontinents, wenngleich ein paar Bereiche nur vage beschrieben waren, allen voran das Tal der Ewigen Blüten. Der zentrale und südliche Teil auf einer Karte dieses Gebiets war mit Tinte übermalt.

Vol’jin deutete auf die Stelle, als Taran Zhu die Bibliothek betrat. „Ich kann keine Informationen über dieses Gebiet find’n.“

„Das ist ein Problem, das wir lösen müssen.“ Der Mönch drehte sich halb herum, denn nun traten Chen und Tyrathan in den Raum, ausgezehrt und nur ein wenig mit Blut beschmiert. „Wie Eure Freunde herausgefunden haben, scheinen die Eindringlinge nämlich genau dorthin zu ziehen.“

18

Hastig blies Chen die Laterne aus, und die Stille, die den Keller daraufhin erfüllte, verstärkte die Geräusche von oben noch. In den Ohren des Pandaren klang es, als hätte sich eine ganze Kompanie von Trollen in dem Bauernhaus zusammengedrängt.

Einer von ihnen zündete eine Kerze an, sodass dünne Lichtstreifen durch die Spalten zwischen den Bodenbrettern herabfielen. Sie streiften sowohl Chen als auch Tyrathan, und der Mensch erstarrte, einen Finger an die Lippen erhoben. Chen nickte kurz, und der Mensch ließ die Hand wieder sinken, blieb davon abgesehen aber völlig reglos.

Der Pandaren konnte kein Wort von dem verstehen, was die Zandalari sagten, dennoch lauschte er angespannt. Seine Hoffnung dabei war weniger, pandarische Ortsnamen aufzuschnappen, sondern vielmehr, einzelne Stimmen zu identifizieren. Einer der Trolle schien viele kurze, scharfe Befehle zu geben, und zwei andere antworteten müde darauf, wobei einer außerdem einige geflüsterte Kommentare abgab.

Er blickte Tyrathan an und hob drei Finger.

Der Mensch schüttelte den Kopf und reckte einen vierten Finger nach oben. Er deutete erst auf die Stelle, wo der Kommandant stand, dann hinüber zu den beiden anderen, die Chen entdeckt hatte, und anschließend in eine Ecke, wo sich der vierte Troll befand. Seine Anwesenheit wurde allein durch das leise Tropfen von Regenwasser auf die Bodenbretter verraten.

Chen schauderte. Das hier war nicht wie damals, als die Oger ihn gefangen hatten. Nicht im Geringsten. Trolle waren im Allgemeinen schlauer als Oger, und die Zandalari rühmten sich damit, wie intelligent sie waren – und wie grausam. Die Handvoll Eindrücke, die er bei Zouchin gesammelt hatte, und die Geschichten, die man sich über andere Schlachten der Trolle erzählte, ließen keinen Zweifel daran, dass man ihn und Tyrathan sofort umbringen würde, falls man sie entdeckte.

Da sie sofort mit der Durchsuchung des Hauses begonnen hatten, hatten die beiden oben weder ihre Waffen noch ihre Rucksäcke zurückgelassen. Sie waren also nicht wehrlos, aber der Keller war ein denkbar schlechter Ort für einen Bogenschützen. Chen konnte sich zwar mit seinen Kampfkünsten verteidigen, aber in einer so beengten Umgebung boten kurze Stichwaffen, wie die Trolle sie zweifelsohne trugen, einen klaren Vorteil. Sollte es also hier unten zu einem Kampf kommen, würde es ein brutales, dicht gedrängtes Handgemenge werden, bei dem selbst die Gewinner blutende Wunden davontragen würden.

Wir müssen hoffen, dass sie nicht neugierig werden und hierherunter kommen. Sobald der Sturm vorüber ist, werden sie weiterziehen. Da wurde das Heulen des Windes noch lauter, wie um Chens Hoffnung zu verspotten. Zumindest werden wir nicht verhungern.

Tyrathan setzte sich auf den Boden und nahm acht Pfeile aus seinem Köcher, jeder mit einer gemein aussehenden gezackten Spitze. Die eine Hälfte hatte zwei scharfe Kanten, die andere vier, und alle diese Kanten waren an ihrem Ende nach innen geschwungen, zum Schaft hin; sobald sie ihr Opfer getroffen hätten, würden sie sich festbohren wie ein Angelhaken, sodass man sie nur schwer wieder herausziehen konnte.

Der Mensch legte die Pfeile nebeneinander, immer einen vierkantigen neben einen zweikantigen, und anschließend drehte er die vierkantigen um. Nun schnitt er mit einem Kürschnermesser kurze Stoffstreifen von seinem Verband und band jeweils zwei Pfeile damit zusammen, sodass jedes Geschoss jetzt zwei Spitzen hatte.

Obwohl seine Miene im Wechsel von Licht und Schatten nur schwer zu deuten war, lag doch eine grimmige Entschlossenheit in Tyrathans Zügen, und immer wieder blickte er bei seiner Arbeit kurz nach oben zur niedrigen Decke, und nachdem er beobachtet und gelauscht hatte, nickte er sich kurz zu.

Es schien eine Ewigkeit zu dauern, aber dann kamen die Trolle schließlich zur Ruhe. Schweres Klappern deutete darauf hin, dass sie ihre Rüstungen zum Schlafen abgenommen hatten – zumindest drei von ihnen. Der Schweigsame blieb in voller Panzerung, aber er verdeckte genug Licht, um Chen zu zeigen, wo er lag. Der Kommandant war der Letzte, der sich hinlegte, und bevor er sich ausstreckte, blies er noch die Kerze aus.

Leise wie ein Geist trat Tyrathan an Chens Seite. „Auf mein Zeichen – du wirst es schon erkennen, wenn es so weit ist – gehst du die Stufen hoch. Such den Schalter, um die Speisekammer zu öffnen und dann töte jeden, der dir begegnet!“

„Vielleicht ziehen sie morgen weiter.“