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»War das, bevor Seine Majestät Gurig VII. ihm verboten hat, in der Öffentlichkeit Mau-Mau zu spielen? Hat er das nicht mit Sorgen um die ökonomische Stabilität der Hauptstadt begründet?«

»Genau. Jeden Abend gab es mehr bankrotte Hauptstädter, und Juffin verließ jedes Mal eine andere Gaststätte mit einem Rucksack voller Geld. Und in seinen unschuldigen Augen stand stets nur die Frage: «Wer hat diesen Dummköpfen bloß Mau-Mau beigebracht?« Aber eines Tages traf er den groß gewachsenen Mochi, der ihm prompt vorhielt, es sei eine Schande, sein fürstliches Gehalt noch beim Kartenspiel aufzubessern - es gebe in Echo einfach keine soziale Gerechtigkeit. Juffin stellte daraufhin resolut fest, er habe die Welt nicht gemacht, und die Diskussion wurde hitzig. Ich glaube, das hat beiden richtig Spaß gemacht. Aber du kennst ja die Leute aus Kettari: Sie können sich überall verständigen - und am besten außerhalb ihrer Heimatstadt. Irgendwann jedenfalls tippten sie sich an die Nasenspitze, und die Sache war erledigt. Mochi überzeugte unseren Chef davon, man müsse sein Geld mit anderen Menschen teilen. Er ist wirklich enorm beredsam. Und noch eins musst du wissen: Damals war eine Krone viel mehr wert als heute. Viele rebellische Magister hatten große Geldreserven dabei, als sie das Vereinigte Königreich in aller Eile verließen. Damals reichten zwölf Kronen voll und ganz, um ein stattliches Haus zu kaufen und eine Stiftertafel am Eingang anzubringen, die den Namen des Wohltäters verzeichnete. Und dann war noch immer Geld genug da, um einen anständigen Koch und ein sechsköpfiges Orchester zu bezahlen. Na ja, die ersten Jahre jedenfalls leistete Mochi sich ein Orchester, merkte dann aber, dass es für ihn zu teuer wurde. Eigentlich schade, weil das eine gute Idee war. Aber das Wirtshaus namens Juffins Dutzend floriert noch heute - falls so ein kleines Wirtshaus überhaupt florieren kann. Dort gibt es nur zwölf Tische, und an den letzten setzt sich nie jemand. Er steht nur für den Fall bereit, dass Sir Juffin vorbeischaut.«

»Und? Taucht unser Chef dort oft auf?«

»Du kennst diesen Snob doch. Er lässt sich zu keinem Essen überreden, das nicht von unserer wunderbaren Madame Ziiinda stammt«, brummte Kofa. »Eigentlich geht er nur ins Fressfass. Zum letzten Mal hat man ihn meines Wissens vor fünfzig Jahren im Juffins Dutzend gesichtet.«

»Warum hast du mir diese Kneipe eigentlich nicht schon früher gezeigt?«

»Die dortige Küche kennen zu lernen, mein Junge, ist wie ein Ritterschlag«, stellte Sir Kofa mit Nachdruck fest. »Es ist unmöglich, dort mit einem Novizen hinzugehen.«

»Bin ich jetzt also reif genug dafür?«

»Das wohl nicht, aber ich bin heute milde gestimmt«, meinte Kofa lächelnd. »Schwein gehabt.«

In diesem Moment erreichten wir das Tor zu den drei Brücken. Doch statt in die Neustadt zu gehen, spazierten wir an der Stadtmauer entlang, traten in einen spärlich beleuchteten Torweg und landeten vor einer massiven Tür.

»Sind wir etwa schon da?«, fragte ich erstaunt.

»Kaum zu glauben, was? Ich habe mehrmals versucht, Mochi zu überreden, endlich eine Laterne neben den Eingang zu hängen. Tagsüber sieht man hier kaum etwas, und nachts

»Ja, ich an seiner Stelle würde nicht so geizig mit der Werbung in eigener Sache sein.«

»Das Problem ist, dass Mochi Ratschläge kaum erträgt und lieber den ganzen Tag welche erteilen würde. Außerdem kennen seine Stammkunden das Lokal gut, und neue Gäste braucht er ohnehin nicht. Er hat nur zwölf Tische, und einen davon muss er für Juffin frei halten. Aber jetzt komm endlich rein, Max.«

Mein Freund drückte mühsam die Klinke und öffnete nicht minder mühsam die Tür zum Paradies.

Ich kam in einen dunklen Raum und blinzelte verlegen, während meine Augen sich ans Dämmerlicht gewöhnten. Sir Kofa stupste mich in den Rücken und begrüßte die übrigen Gäste freundlich. Ich erkannte kein einziges Gesicht, leistete aber keinen Widerstand, setzte mich auf den ersten freien Stuhl, der sich als erstaunlich bequem erwies, und sah mich um.

Das Juffins Dutzend war ein kleines, nettes Wirtshaus nach meinem Geschmack. Die Einrichtung war schlicht, und an den Wänden hingen hübsche Bilder. Nur da und dort tummelte sich ein wenig Kitsch. Die wenigen Besucher erschienen mir wie Mitglieder eines elitären Clubs - keine auferstandenen Kreuzritter oder Träger des hiesigen Nobelpreises zwar, aber angenehm reservierte und doch sympathische Intellektuelle vom Schlage unseres Sir Kofa.

»Mein Leben lang habe ich geträumt, an einen Ort wie diesen zu geraten«, flüsterte ich ihm zu.

»Gefällt es dir hier wirklich?«, fragte er erfreut. »Ich war mir nicht sicher, ob du das alles zu schätzen weißt, aber jetzt bin ich froh. Hallo, Sir Kima, sind Sie aus Ihrem Keller geflüchtet? Daran haben Sie recht getan! So eine Nacht sollte man nicht allein in der Burg Jafach verbringen. Wollen Sie uns nicht Gesellschaft leisten?«

Ich erblickte einen älteren Mann in schlichtem Mantel. Er hatte so intensiv leuchtende blaue Augen, dass ich ganz verwirrt war.

»Kennen Sie sich noch nicht?«, fragte Kofa erstaunt. »Das ist Sir Kima Blimm, der Großvater von Lady Melamori. Du hast schon einiges aus seinem Keller gekostet, Max.«

»Wir kennen uns gut, aber nur vom Hörensagen. Jetzt können wir den offiziellen Begrüßungsritus durchführen«, erklärte der blauäugige Sir Kima lächelnd. »Du bist es wirklich!«, rief er dann und setzte hinzu: »Ich hoffe, du hast nichts dagegen, dass ich dich duze, Max.«

»Aber nicht doch. Wer so oft mit Sir Melifaro zu tun hat wie ich, ist gegen Beleidigungen immun.«

»Das verstehe ich gut«, meinte Kima kichernd und fragte dann deutlich besorgt: »Wie geht es meiner Enkelin? Könntet ihr mir ein wenig über sie erzählen?«

»Was gibt es da schon zu berichten?«, meinte Kofa achselzuckend. »Wenn sie ins Haus an der Brücke kommt, hat sie dieses seltsame Wesen aus Arwaroch auf dem Rücken. Und regelmäßig verirrt sie sich auf die Flure der Stadtpolizei, wo sie die Mitarbeiter von General Bubuta erschrickt, von denen einige echte Angst vor ihr haben. Das macht ihr einen Heidenspaß. Sehen Sie Ihre Enkelin so selten, Sir Kima?«

»Leider praktisch gar nicht. Das Mädchen hat sich mit ihren Eltern gestritten, als ihr Vater ein paar Bemerkungen über ihren exotischen Liebhaber machte. Ich war von Anfang an dafür, die Sache mit Geduld anzugehen. Dieser groß gewachsene junge Mann - wie heißt er noch ... ach ja, Alotho - geht jetzt endlich nach Arwaroch, und die Sache ist bald vergessen. Wie ist meine Enkelin bloß auf die Idee gekommen, den Streit mit ihrem Vater auf mich zu übertragen? Früher hat sie mich oft besucht und mir von ihren Problemen erzählt, aber das hat sich inzwischen alles geändert.«

Kima Blimm ließ den Kopf hängen und sagte dann: »Sündige Magister, ich rede zu viel. Wir sollten das Thema wechseln.«

»Der grausame Mochi kommt auf uns zu - da haben wir sowieso keine andere Wahl. Die nächste halbe Stunde sprechen wir nur übers Essen.«

Ein blonder Mann mit vielen grauen Haaren trat zu uns an den Tisch. Seine blauen Augen musterten uns streng. Er trug eine Brille mit viereckigem Metallgestell und einen schwarzen Lochimantel aus Leder. Aus der Enzyklopädie der Welt von Sir Manga Melifaro wusste ich, dass diese Kleidung typisch für Seeleute war, hatte in Echo bisher aber noch keinen solchen Ledermantel gesichtet.

»Mochi hält diese Sachen für praktischer. Wenn er einen Soßenfleck oder so was abbekommt, muss er den Mantel nicht ausziehen, sondern wischt ihn bloß ab und arbeitet weiter«, erklärte mir Kofa flüsternd.

»So einen vernünftigen Menschen hab ich hier schon lange nicht mehr getroffen«, rief ich begeistert.

»Guten Abend, Kofa! Guten Abend, Kima! Ich freue mich, Sie mal wieder zu sehen. Guten Abend, Max! Ich habe Sie auch ohne Ihren Todesmantel erkannt. Schön, dass Sie bei mir vorbeischauen.«

Alle diese Nettigkeiten hatte Mochi so gereizt gesagt, als hielte er uns am Ohr und wollte uns zwingen, eine Pirogge zu essen.