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Der Bischof hatte in alle Ecken geschaut, nun wandte er sich ihr zu, die Laterne immer noch in der Hand. Sein Gesicht war eine Maske offener Feindseligkeit.

»Wo ist er?« knurrte er.

Fidelma starrte ihn mit gleichem Abscheu an.

»Wo ist wer? Du wirst dieses unbegründete Eindringen sehr genau zu erklären haben, Brehon von Laigin. Weißt du, was du tust? Du brichst alle Gesetze des ...«

»Halt den Mund, Frau!« brummte der Mann mit dem Schwert an ihrer Brust und unterstrich den Befehl mit einem leichten Zustoßen.

Fidelma spürte den Einstich. Sie sah den Krieger nicht an, sondern hielt den Blick auf Forbassach gerichtet.

»Sag deinem Raufbold, wer ich bin, Forbassach, und denke du auch daran. Wenn das Blut der Schwester des Königs Colgü fließt, die außerdem noch dalaigh bei Gericht ist, dann bedeutet das Blut um Blut. Du kennst das Gesetz. Es gibt einige Dinge, die durch nichts zu entschuldigen sind. Du hast die Grenzen meiner Geduld überschritten.«

Bischof Forbassach stutzte bei der eisigen Wut in ihrer Stimme. Er hatte Mühe, sein eigenes Temperament zu zügeln, und brauchte eine ganze Weile dazu.

»Du kannst dein Schwert einstecken«, sagte er gepreßt zu dem Mann. Dann wandte er sich wieder an Fidelma. »Ich frage dich noch einmal, wo ist er?«

Fidelma betrachtete die einschüchternde Gestalt des Brehons von Laigin mit kühler Neugier.

»Und ich frage dich noch einmal, wen meinst du damit?«

»Du weißt ganz genau, daß ich den Angelsachsen meine.«

Überrascht erfaßte Fidelma, was sich hinter dieser Frage verbarg, zwang sich aber dazu, ihre Gefühle nicht zu zeigen.

Bischof Forbassach verzog ärgerlich das Gesicht.

»Tu doch nicht so, als wüßtest du nicht, daß Bruder Eadulf entkommen ist.«

Fidelmas Blick wich seinem nicht aus.

»Ich tue nicht so. Ich habe keine Ahnung, wovon du redest.«

Der Bischof drehte sich zu seinem kleinen Heer um.

»Ihr bleibt hier«, befahl er denen, die Fidelmas Gefährten im Griff hatten. »Haltet die beiden fest. Ihr anderen durchsucht dieses Gasthaus, und zwar gründlich, auch die Nebengebäude. Seht nach, ob Pferde fehlen.«

Fidelma sah, daß Lassar mit verstörtem Gesicht hinter den Männern auftauchte. Sie hätte sie gern beruhigt. Doch ihr eigenes Herz schlug schneller. Sie durfte nicht zulassen, daß Forbassach die Lage beherrschte.

Da erhob sich eine dünne, jammernde Männerstimme über dem Wirrwarr.

»Was soll’n der Lärm? Dis is’n Gasthaus, un ich hab für ‘n gutes Bett un ‘nen ruhigen Schlaf bezahlt.«

Ein kleiner Mann schob sich durch die Menge an der Tür. Er war offensichtlich aus trunkenem Schlaf gerissen worden, sein Haar war zerzaust, ein rasch umgenommener Mantel deckte seine Blöße.

Verärgert über die Unterbrechung, wandte sich Bischof Forbassach um.

»Was hier passiert, geht dich nichts an, Gabran. Scher dich dahin, wo du hingehörst!«

Der kleine Mann trat noch einen Schritt vor und baute sich auf wie ein Terrier vor einem Jagdhund. Kurzsichtig blinzelte er den Bischof an und erkannte ihn. Verwirrt und Entschuldigungen murmelnd, zog er sich zurück.

»Du behauptest also, der Angelsachse wäre nicht hier?« fragte Forbassach nun Fidelma.

Fidelmas Augen glänzten vor Freude.

»Ich behaupte gar nichts; ich sage dir, daß er nicht hier ist. Anscheinend ist er entkommen?«

Bischof Forbassach beantwortete ihre Frage mit einem Hohnlächeln. »Als ob du das nicht wüßtest.«

»Ich weiß es nicht.«

»Er ist nicht in seiner Zelle in der Abtei. Er ist entkommen, und Bruder Cett wurde von den Leuten bewußtlos geschlagen, die ihm bei seiner Flucht halfen.«

Fidelma atmete tief durch, als er ihre Schlußfolgerung bestätigte. Es war ein Atemzug voll Hoffnung. Sie warf Forbassach einen scharfen Blick zu.

»Beschuldigst du mich, ihm bei seinem Entkommen geholfen zu haben? Ich bin eine dalaigh und habe mich an die Gesetze der fünf Königreiche zu halten. Ich wußte nichts von alledem, bis du es mir eben ge-sagt hast. Warum brichst du mitten in der Nacht gewaltsam in mein Zimmer ein und bedrohst mich und meine Gefährten?«

»Aus naheliegenden Gründen. Der Angelsachse hat keinen Versuch gemacht zu fliehen, bis du herkamst, und es war klar, daß er nicht aus eigener Kraft entkommen konnte.«

»Auf meinen Eid als dalaigh, Forbassach, ich bin an dieser Angelegenheit nicht beteiligt. Das hättest du auch von mir erfahren können, ohne so dramatisch einzudringen und überflüssige Gewalt anzuwenden. Im übrigen brauchst du diese Gewalt auch nicht weiter gegen meine Gefährten auszuüben.«

Bischof Forbassach drehte sich zu seinen Leuten um, die Dego und Enda noch immer schmerzhaft vorgebeugt hielten.

»Laßt sie los«, befahl er widerwillig.

Die Männer lösten ihren Griff, und die Krieger aus Cashel richteten sich auf. Forbassach gab ihnen einen Moment, um Atem zu schöpfen.

»Nun, wenn ich deinem Wort glauben soll, daß du die Hand nicht im Spiel hattest, vielleicht haben dann deine Männer an deiner Stelle gehandelt. Los, rede!« Er wies auf Dego.

Die Augen des Kriegers zogen sich zusammen, und er hätte wohl den hochmütigen Brehon angegriffen, wenn nicht der muskulöse Bruder Cett daneben gestanden hätte.

»Ich weiß nichts von dieser Flucht, Brehon von Laigin«, antwortete er in gemessenem Ton, in dem aber nichts von der üblichen Achtung vor dem Rang eines Brehons zu spüren war.

In Bischof Forbassachs Gesicht spiegelte sich sein Zorn.

»Und du?« fuhr er Enda an.

»Ich befand mich im Bett, bis deine Raufbolde mich aus dem Schlaf rissen, als sie die Schwester meines Königs überfielen«, erwiderte er trotzig. »Ich kam ihr zu Hilfe. Für die Folgen dieses Überfalls wirst du später noch einstehen müssen.«

»Vielleicht können wir dich dazu bringen, dein Gedächtnis noch einmal zu überprüfen«, erklärte der Bischof mit einem unangenehmen Lächeln.

»Das ist ein Verbrechen, Forbassach!« rief Fidelma, entsetzt über diese Andeutung. »Du wirst dich nicht an meinen Männern vergreifen. Denke daran, es sind erprobte Krieger meines Bruders, des Königs von Cashel.«

»Besser, wir vergreifen uns an ihnen als an dir, Frau«, mischte sich der grimmige Bruder Cett ein.

»Es fließt Blut zwischen Cashel und Fearna, wenn du die Sache ausarten läßt, Bischof Forbassach!« warnte ihn Fidelma scharf. »Das weißt du, auch wenn es deine Raufbolde nicht wissen.«

»Ich kann mich dafür verbürgen, daß diese beiden Krieger das Gasthaus in dieser Nacht nicht verlassen haben, Lord Bischof.«

Die Unterbrechung kam von einem Mann, der vor der Tür des Zimmers stand und sich jetzt hereindrängte.

Fidelma erkannte Mel, den Befehlshaber der Palastwache.

Bischof Forbassach sah ihn überrascht an.

»Woher willst du das so genau wissen, Mel?« fragte er.

»Weil dieses Gasthaus meiner Schwester gehört, wie du weißt, und ich habe hier übernachtet. Mein Bett steht in dem Zimmer neben dem, in dem diese Männer schlafen. Ich habe einen leichten Schlaf, und ich kann bestätigen, daß sie sich nicht geregt haben, bis deine Männer hier hereinstürmten.«

»Du hast lange gebraucht, bis du mir das mitteiltest«, bemerkte Forbassach. »Wenn du einen so leichten Schlaf hast, warum kommst du dann erst jetzt zu mir?«

»Weil deine Männer das Gasthaus meiner Schwester durchsuchten, und ich hielt es für klüger, mitzugehen und aufzupassen, daß sie nicht zu eifrig nachsuchten und dabei ihr Eigentum beschädigten.«

Der Bischof schien einen Moment nicht zu wissen, wie er sich weiter verhalten sollte. Das unerwartete Eingreifen des Kriegers von Laigin ließ ihm offensichtlich wenig Spielraum. Er stand noch unentschlossen da, als einer seiner Männer herbeieilte.