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Die Sonne strahlte hoch aus dem Himmel durch die Windschutzscheibe der Limousine, als sie in westlicher Richtung durch die Everglades von Florida fuhr. Die Fenster an Barbaras Seite waren fest geschlossen, so daß sie unter der Hitze litt. Sie wußte daß der Okeechobee-See irgendwo rechts und nördlich dieser Straße liegen mußte, aber von hier aus war nur eine weite Moorlandschaft zu sehen, in der gelegentlich einige düstere Zypressen aufragten, die Barbara an Friedhöfe erinnerten. Die Straße war auf weite Entfernungen hin überschwemmt, aber das Wasser stand nirgends höher als zwei oder drei Zentimeter — bis jetzt.

»Die hohe Flut, die Sie vorausgesagt haben, ist wirklich gekommen, Miß Katz«, stellte Benjy grinsend fest. »Ich habe noch nie von einer gehört, die das Land bis hierher überschwemmt hätte.«

»Leise, Benjy«, mahnte Hester. »Mister K. schläft noch.«

Barbara wünschte sich, sie wäre so überzeugt von ihrer eigenen Weisheit, wie Benjy es zu sein schien. Sie warf einen Blick auf ihre alte Armbanduhr — sie zeigte vierzehn Uhr zehn — und einen zweiten auf die Rückseite des Kalenderblattes, auf dem zu lesen stand, daß die Flut um dreizehn Uhr fünfundvierzig ihren Höhepunkt erreicht haben sollte. Aber wurde dieser höchste Stand landeinwärts nicht erst später erreicht? So war es doch jedenfalls bei Flüssen, glaubte Barbara sich zu erinnern. Sie mußte zugeben, daß sie nicht genug über dieses Thema wußte.

Ein offener Wagen raste mit erheblich höherer Geschwindigkeit an ihnen vorüber und überschüttete den Rolls-Royce mit einem Wasserschauer. Er entfernte sich rasch und zog eine lange Wasserfahne hinter sich her. Das Kabriolett war mit vier Männern besetzt gewesen.

»Schon wieder einer dieser verrückten Fahrer«, murmelte Hester.

»Wenn er so weiterfährt, landet er noch im Straßengraben«, stellte Benjy fest.

Dieser Zwischenfall hatte den alten KKK aufgeweckt, der jetzt Barbara zum erstenmal an diesem Tag hellwach ansah. Er hatte die Vorbereitungen zur Abfahrt in einer Art Trancezustand über sich ergehen lassen, der Barbara, aber nicht Hester beunruhigt hatte. »Er hat nur nicht genügend Schlaf gehabt«, hatte Hester ihr erklärt. »Wenn er erst einmal ausgeschlafen hat, geht es ihm wieder besser.«

Jetzt sagte er energisch: »Rufen Sie den Flugplatz an, Miß Katz. Lassen Sie zwei Plätze nach Denver in der nächsten Maschine buchen. Sagen Sie dem Mann am Schalter, daß ich ihm, dem Piloten und der Gesellschaft eine hohe Belohnung verspreche. Denver liegt fünfzehnhundert Meter hoch und ist für die Flut unerreichbar. Ich habe dort gute Freunde.«

Barbara warf ihm einen ängstlichen Blick zu und wies dann schweigend aus dem Fenster.

»Ja, jetzt erinnere ich mich wieder«, sagte KKK langsam. »Aber warum sind Sie nicht selbst auf die Idee mit dem Flugzeug gekommen, Miß Katz?« klagte er dann und sah auf ihre schwarze Tasche, die ein Reklamegeschenk einer Fluggesellschaft war.

»Ich habe die Tasche von einer Freundin bekommen. Ich bin per Anhalter von New York nach Florida gefahren. Ich fliege nicht oft«, gab Barbara bedrückt zu. Sie hätte sich in diesem Augenblick am liebsten selbst geohrfeigt. Sie hatte ihren Millionär auf so brillante Weise retten wollen — und hatte sich von einem Rolls-Royce so blenden lassen, daß sie die einzig richtige Methode übersehen hatte. Vielleicht war sie jetzt daran schuld, daß sie alle elend umkamen. Großer Gott, weshalb hatte sie nicht wie ein Millionär gedacht!

Während sie diesen trübseligen Gedanken nachhing, fragte sie sich gleichzeitig, ob der alte KKK sich nicht geirrt hatte, als er von nur zwei Tickets sprach. Er mußte doch fünf gemeint haben — schließlich sprach er mit Hester und Helen und Benjy, als seien sie seine Kinder.

»Haben wir wenigstens genügend Bargeld mitgenommen?« erkundigte er sich jetzt.

»Selbstverständlich Mister Kettering, wir haben die Wandsafes ausgeräumt«, versicherte Barbara ihm. Sie legte die Hand auf ihre Tasche und genoß das beruhigende Gefühl, das ihr die dicken Bündel Geldscheine vermittelten.

Der Rolls-Royce fuhr langsamer. Der letzte Wagen, der sie überholt hatte, stand schräg im Straßengraben, so daß seine Motorhaube kaum noch aus dem Wasser ragte. Die vier Männer, die in dem Wagen gesessen hatten, blockierten jetzt die Straße und winkten aufgeregt.

Dieser Anblick machte Barbara nervös. »Nicht langsamer werden!« rief sie Benjy zu und klammerte sich an der Rückenlehne seines Sitzes fest. »Fahren Sie geradeaus weiter!«

Benjy fuhr noch langsamer.

»Tun Sie, was Miß Katz Ihnen gesagt hat, Benjamin«, befahl der alte KKK. »Schneller!« fügte er noch hinzu und bekam einen Hustenanfall.

Barbara sah, daß Benjy den Kopf zwischen die Schultern einzog, und stellte sich vor, wie er die Augen zusammenkniff, während er auf das Gaspedal trat.

Die vier Männer warteten, bis die Limousine kaum noch fünf Meter von ihnen entfernt war. Erst dann sprangen sie fluchend und schreiend zur Seite. Ihr Bluff war von Anfang an nicht sehr überzeugend gewesen.

Barbara warf einen Blick aus dem Rückfenster und sah, daß einer der Männer eine Pistole gezogen hatte. Aber die anderen warfen sich auf ihn, so daß er nicht zum Schuß kam.

Vielleicht hätten wir doch anhalten sollen, überlegte Barbara.

24

»Okay, alles aussteigen!« rief Doc. »Wir legen eine kurze Pause ein, damit jeder ein paar Schritte gehen oder hinter dem nächsten Busch verschwinden kann«, fügte er noch hinzu und versuchte seiner heiseren Stimme einen fröhlichen Klang zu geben. »Wojtowicz, jetzt haben wir offenbar die Straßensperre erreicht, die Ihrer Meinung nach kommen mußte.«

Die Mitglieder der Gruppe kletterten bereitwillig aus dem Bus, obwohl die meisten sich gleichzeitig über den Aufenthalt beschwerten, und blieben in der kalten feuchten Höhenluft stehen. Hinter ihnen ging die Sonne unter und strahlte dabei ein seltsam grünes Licht aus — die Wissenschaftler der Gruppe waren sich darüber einig, daß daran Vulkanasche schuld sein mußte, die bereits in die Stratosphäre gelangt war, aber der Ladestock murmelte irgend etwas von einer Aura des neuen Planeten.

Allen war klar, daß sie an diesem Tag einiges mitgemacht hatten und daß sich jetzt die Auswirkungen der schlaflos verbrachten letzten Nacht bemerkbar machten.

Der gelbe Anstrich des Schulbusses und der weiße Lack des Lieferwagens, der unmittelbar hinter dem Bus stand, zeigten breite schwarze Rauchspuren, denn beide Fahrzeuge waren den Buschfeuern nur mit knapper Not entkommen. Clarence Dodds linke Hand trug einen dicken Verband. Der kleine Mann hatte sich schwere Verbrennungen zugezogen, während er eine Plane hochhielt, um Ray Hanks, Ida und sich selbst vor den Flammen zu schützen.

Hunter fluchte laut, als er fast aus dem Bus gefallen wäre, weil mitten im Gang noch zwei Schaufeln lagen, die vorher dazu benutzt worden waren, einen breiten Riß in der Straßendecke aufzufüllen, so daß die beiden Fahrzeuge dieses Hindernis überwinden konnten. Er stieß die Schaufeln mit dem Fuß unter den nächsten Sitz und fluchte dabei nochmals vor sich hin.