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Die Perser herrschten mit einer völlig anderen Mentalität als die grausamen assyrisch-babylonischen Unterdrücker, die ganze Völker verschleppten und Kulte zerstörten, wobei die Babylonische Gefangenschaft nur das bekannteste Beispiel ist. Kyros nahm nach der Eroberung Babylons sogleich die Stellung und Zeremonien der dortigen Könige ein und huldigte deren Göttern. Die unterjochten Völker erhielten ihre Götterstatuen zurück, die Juden ihre Tempelgeräte.

Wer waren jene Perser? Ursprünglich bezog sich ihr Name auf einen einzigen indoarischen Stamm aus der Landschaft Persis im iranischen Hochland oberhalb des Persischen Golfes. Etwa um die Zeit, als die Dorer in Griechenland einwanderten, waren die Perser in den assyrischen Raum eingedrungen und hatten zeitweilig unter der Vorherrschaft der Meder gestanden. Kyros und seine Nachfolger, die das erste persische Weltreich beherrschten, gehörten zur Dynastie der Achämeniden.

Was danach geschah: Mit genau diesen Persern mussten sich die Griechen bei Marathon und Salamis 70 Jahre nach der Befreiung der Juden aus der Babylonischen Gefangenschaft auseinandersetzen.

DIE GESCHICHTE DER ANTIKE

ca. 500 v. Chr. bis 300 n. Chr.

NEUES DENKEN

Wegen des ungefähr gleichzeitigen Auftretens von Konfuzius, Lao-tse, Buddha und der griechischen Naturphilosophen während der Jahrhunderte um 500 v. Chr. sprach der Philosoph Karl Jaspers (1883–1969) in seinem 1949 erschienenen Buch Vom Ursprung und Ziel der Geschichte von einer »Achsenzeit der Weltgeschichte«. Was will er damit sagen?

ACHSENZEIT    In den bis dahin am weitesten entwickelten vier Kulturkreisen China, Indien, Orient und rund um die Ägäis traten die Vordenker auf, die die bis heute gültigen geistigen Grundlagen ihrer Kulturkreise formuliert haben. Diese Männer sorgten dafür, dass die Menschen das Nachdenken lernten und das religiöse Erleben verinnerlichten. Sie verharrten nicht mehr in einem mythischen und magischen Naturdenken, das sich in Aberglaube, Zauberei, Vielgötterei und legendenhaften kosmischen Weltentstehungssagen äußerte. Diese Traumwelt wurde nachhaltig erschüttert. Mit Konfuzius, Buddha, Zarathustra, den Vorsokratikern und den biblischen Propheten erlangten die Menschen ein Selbst-Bewusstsein, das es ihnen ermöglichte, Naturerscheinungen zu berechnen, ethische Normen aus der Rücksichtnahme auf andere zu entwickeln, die politische Gemeinschaft nach frei und selbst geschaffenen Gesetzen zu organisieren und das Göttliche nicht mehr als Teil der diesseitigen materiellen Welt, sondern als jenseitiges, immaterielles Gegenüber zu begreifen.

Natürlich verwandelte sich die Welt damit nicht schlagartig. Aber in China, Athen, Rom entstanden nun Konzepte, um das Gemeinwesen zu organisieren, mit klaren Zuständigkeiten, Machtverteilungen und Machtbegrenzungen. Beamte wurden in Rom und Athen nur noch für einen bestimmten Zeitraum gewählt, in China mussten sie ihren Amtsbereich nach einer bestimmten Zeit wechseln. Auch wenn diese Gesetze abertausendfach unterlaufen wurden – so etwas hatte es vorher nicht gegeben. Machtfragen hatte man bisher immer nur mit Gewalt gelöst. Und obwohl der Aberglaube bis heute nicht aus unserem Denken verschwunden ist – seit damals gab es eine neue Option.

6. Jahrhundert v. Chr.

LAO-TSE    Wie der »Gelbe Kaiser« Huang-ti soll Lao-tse von einem Licht- oder Blitzstrahl gezeugt und gleich bei seiner Geburt der Sprache mächtig gewesen sein. Beide sind legendenhafte Gestalten, keine realen Personen der Geschichte. Lao-tse, der »alte Meister«, gilt als der bedeutendste philosophische Denker des Tao (»Weg«), einer umfassenden, tiefgründigen, weltabgewandten Welterkenntnislehre. Er betrachtete das Tao, eine lebendige Lebenskraft und zugleich eine Art »Urvernunft«, als etwas, das man erfahren muss und nicht beschreiben, geschweige denn in einem Buch festhalten kann. Rechtgeleitetes Handeln in vollendetem Pflichtbewusstsein ohne die eitle Erwartung von Reichtum und Ruhm steht im Mittelpunkt der anspruchsvoll-asketischen Ethik. Erst als Lao-tse gegen sein Lebensende in die Emigration ging, soll er seine Gedanken auf Bitten eines Grenzwächters in einem Buch in aphoristischer Form niedergelegt haben. Das Tao-te-king ist auch im Westen eines der bekanntesten Werke der chinesischen Literatur und Philosophie. In den folgenden Jahrhunderten nahm der Taoismus in China religiös-kultische Züge an – bis hin zu Aberglaube und Alchimie.

ca. 550–480 v. Chr.

KONFUZIUS    Kung-fu-tse (»Meister Kung«) ist der bedeutendste praktische Philosoph und Staatsdenker Chinas. Konfuzius ist die latinisierte Form seines Namens. Er stammte aus dem Fürstentum Lu (heute in der Provinz Shandong) am Unterlauf des Gelben Flusses, einem der ältesten Zentren der chinesischen Kultur. Die Kungs waren ein altes Adelsgeschlecht; Nachfahren der Familie und von Konfuzius selbst leben noch heute. Als junger Mann hatte er niedrige Amtsstellen inne. Wegen politischer Wirren musste Kung zweimal emigrieren. So führte er ein Wanderleben durch eine ganze Reihe von kleineren Feudal-Fürstentümern. Um 500 machte Konfuzius eine Karriere in hohen Staatsämtern. Sein Lebensende fällt in die Periode der »Streitenden Reiche« (480–221 v. Chr.).

Konfuzius war wenig an metaphysischen Problemen oder abstrakten Ideen interessiert, vielmehr am Verhalten der Menschen. Seine Schüler überlieferten seine Lehre, die ganz auf Harmonie gestimmt ist: Harmonie in der Familie und Harmonie im Staat spiegeln die Harmonie des Weltganzen. Erreicht wird dies durch eine aristokratische Ethik der permanenten Selbsterziehung und Charakterbildung, die den in sich ausgewogenen, human gesinnten, aufrichtigen Menschen in den Mittelpunkt stellt. Dieses Ideal prägte die chinesische Kultur. Ethik und Etikette spielten in der zutiefst konfuzianisch geprägten chinesischen Gesellschaft, in der das Kollektive vor dem Individualprinzip rangiert, immer eine herausragende Rolle.

vor 221 v. Chr.

STREITENDE REICHE    Auch damals war das Gesamtgebiet Chinas noch nie wirklich einheitlich regiert worden. Das große, ethnisch sehr vielfältige Land kannte nur verschiedene Königreiche und Fürstentümer mit wechselnden Hauptstädten. Die geschichtliche Epoche von der Zeit nach Konfuzius’ Tod bis zur ersten Reichseinigung 221 v. Chr. nennt man »Streitende Reiche«. Zu Beginn dieser Periode gab es ungefähr 16 »Reiche«, um 300 v. Chr. noch sieben. Erst dann einte der erste Kaiser China.

ALSO SPRACH ZOROASTER    Dem Zoroaster (oder Zarathustra) war der Gott Ahura Mazda, der »weise Herr«, erschienen, der ihm ein heiliges Buch der Weisheit und des Wissens aushändigte, das Avesta. Diese Offenbarung erinnert an Moses auf dem Sinai oder an die Erleuchtung Buddhas. Ahura Mazda war ein »guter Gott«, sein Gegenspieler Ahriman der Geist des Bösen und der Finsternis.

Zoroasters Lehre war historisch die erste, die eine Gottesidee als abstraktes, rein geistiges Prinzip formulierte. Sie stellt dem Menschen frei, zwischen Gut und Böse zu wählen. Durch gute Gedanken, gute Worte und gute Taten kann dieser das Paradies erlangen. Zoroaster gelang es, den damaligen Herrscher für seine Religion zu gewinnen. Der Zoroastrismus wurde unter den Königen Kyros und Dareios I. die persische Staatsreligion.