PROPHETEN Im Alten Testament nehmen die »Prophetenbücher« breiten Raum ein. In ihnen spiegelt sich die Entwicklung der jüdischen Religion in den Jahrhunderten von etwa 800 bis 200 v. Chr. Bekannte Propheten sind Elias (9. Jahrhundert im nördlichen Nachfolgereich nach Salomon), Jesaja (8. Jahrhundert, die Zeit der akuten Bedrohung Israels durch die Assyrer unter Tiglatpileser III.), Jeremias (7. Jahrhundert), Ezechiel (6. Jahrhundert, bereits in Babylon). Die biblischen Propheten waren es, die den monotheistischen Glauben bei den Israeliten durchsetzten, die Abkehr von den naturreligiösen Kulten des Alten Orients. Daher zählt man auch sie zu den geistigen Erneuerern der Achsenzeit.
Nicht alle »Propheten« sind historische Personen und nicht alle ihnen zugeschriebenen Aussagen stammen von ihnen. Es sind eher legendäre Gestalten, ähnlich wie »Homer«. Ihre biblischen Texte wurden teilweise erst Jahrhunderte später schriftlich fixiert und redigiert. Die Quellenlage ist sehr komplex und in der Wissenschaft teilweise umstritten.
DIE BIBEL Die Niederschrift der Bibel begann in der Babylonischen Gefangenschaft und wurde dann jahrhundertelang fortgesetzt. Das von den Christen so genannte Alte Testament war erst gegen 200 v. Chr. fertig; 100 Jahre nach Alexander dem Großen. (Zur Alexanderzeit lagen die Endfassungen der homerischen Epen in Alexandria bereits vor.)
Die Hebräische Bibel der Juden heißt natürlich nicht Altes Testament, sondern Tanach. Das ist ein Akronym aus Tora ( »Lehre«, »Fünf Bücher Mose«), Neviim (»Propheten«), Ketuvim (»Schriften«). Die griechische Bezeichnung für Tora ist Pentateuch; das heißt wörtlich »fünf Gefäße«, weil die Schriftrollen in Tongefäßen aufbewahrt wurden. Das Fassungsvermögen der Tonkrüge bestimmte im Übrigen auch den Umfang der Schriftrollen (»Bücher«).
PHARISÄER In den antiken Religionen stand der rituelle Kult als »Gottesdienst« viel stärker im Vordergrund des religiösen Lebens als der »Glaube«. Gerade in der monotheistischen Jahwe-Religion bildete der Jerusalemer Tempel mit der Bundeslade den Mittelpunkt: der einzige Ort, wo JHWE gegenwärtig war. Für die Juden hatte sich daher nach der Tempelzerstörung Nebukadnezars 587 v. Chr. die Frage gestellt, wie die Religion ohne Tempel, also ohne Gottesdienst, weiterexistieren konnte. Die Antwort der Pharisäer lautete: Durch Gehorsam gegenüber Jahwe und das Einhalten der biblischen Ritualvorschriften, die den jüdischen Alltag außerhalb des Tempeldienstes regelten. Diese Form von Gottesgehorsam von der Sabbatruhe bis zu den Essensvorschriften konnte jeder Einzelne leisten. Die Pharisäer waren volkstümliche Fromme und beschäftigten sich viel mit der heiligen Schrift, daher auch die Bezeichnung »Schriftgelehrte«. Das Wort »Pharisäer« (hebräisch peruschim) bedeutet »die Abgesonderten«, weil sich diese priesterlichen Schriftgelehrten durch besonders aufmerksame Einhaltung der Ritualvorschriften absonderten.
Nach dem Ende der Babylonischen Gefangenschaft bauten die Juden ab 515 mit persischer Genehmigung einen neuen Tempel in Jerusalem. Diese Periode in der jüdischen Geschichte bis zu dessen völliger Zerstörung durch die Römer 70 n. Chr. ist die Zeit des »Zweiten Tempels«. Der Jahwe-Kult konnte von den Hohepriestern fortgeführt werden. Aber auch die Tradition der frommen Pharisäer blieb bestehen. Aus ihren Reihen gingen später die Rabbis (»Lehrer«) hervor. Jesus von Nazareth regte sich 500 Jahre später über diejenigen Pharisäer auf, die die Religionsgebote nur rein äußerlich, mit frömmlerischem Getue befolgten, aber nichts davon verinnerlicht hatten.
Sklaverei gehörte zum Alltag in der Antike. Sklavenhandel war ein normaler Erwerbszweig. Der »Markt« rekrutierte sich seit jeher aus Kriegsgefangenen, Beutesklaven (Piraterie, Plünderei) und weiträumigem Sklavenhandel.
Ein weiterer verbreiteter Grund für das Absinken auf den Status eines Unfreien war die Schuldknechtschaft ehemals freier Bauern. Es war ein permanentes Problem der antiken Wirtschaft, dass kleinbäuerliche Betriebe wegen der fortgesetzten Erbteilung zu klein und damit unrentabel wurden – ganz abgesehen von den Folgen von Misswirtschaft oder Missernte. Weil es keinerlei entwickelte Finanzwirtschaft, also keine »Banken« und kein geordnetes Kreditwesen gab, wurde Geld nur direkt in Münzen und dann zu Wucherzinsen ausgeliehen. Das wurde fatal, wenn ein Bauer seine Schulden nicht mehr bezahlen konnte. Er war persönlich haftbar: Der Gläubiger konnte den Schuldner in die Sklaverei verkaufen. Gerade in Attika waren die Dinge so weit gediehen, dass durch diesen Schuldnerverkauf der Kleinbauern sogar der Heeresbestand an Soldaten und damit die Wehrfähigkeit des Gemeinwesens bedroht war. Dies war der soziale und politische Zündstoff der Solon-Zeit.
594 v. Chr.
SOLONS REFORM Der von allen Seiten als Schlichter anerkannte Staatsweise Solon (640–560 v. Chr.) verfügte eine allgemeine Schuldentilgung und die Abschaffung der Schuldknechtschaft. Auf dieser gesünderen wirtschaftlichen Grundlage gliederte er die Bürgerschaft nach ihren Ernteerträgen (modern gesprochen: nach ihrem Einkommen) in vier Klassen. Die Staats- und Rechtsreform stärkte auch die Rechte der Einzelnen im Sinne einer staatsbürgerlichen Gleichstellung. Selbst die Theten, die einfachen Lohnarbeiter ohne eigene Ernteerträge, erhielten nun immerhin das aktive Wahlrecht. Theoretisch stand damit auch einfachen Bauern der Zugang zu politischen Ämtern offen, sofern sie denn ausreichende Einkünfte hatten. Bis dahin war dies ein Privileg der Adelsklasse gewesen.
Damit nahm Athen eine andere Entwicklung als Sparta, wo eine kleine Oberschicht von den Erträgen der Masse der Untertanen, der Heloten, lebte, deren allfällige Aufstände stets im Keim erstickt wurden.
Solons Gesetze wurden auf Tafeln öffentlich ausgestellt und jeder Bürger erhielt ein Klagerecht. Die Einklagbarkeit von Rechten wird somit schon früh als Teilaspekt des demokratischen Prinzips sichtbar.
Was danach geschah: Noch zu Lebzeiten Solons riss der Adlige Peisistratos um 560 v. Chr. unter nicht ganz klar überlieferten Umständen die Alleinherrschaft (tyrannis) über Athen an sich. Athen erlebte eine wirtschaftliche und kulturelle Blüte. Peisistratos führte das Münzwesen ein (die Münzen mit Athena und der Eule) und stiftete 566 das Panathenäen-Fest, dessen Umzug auf den berühmten Elgin-Reliefs des späteren Parthenon dargestellt ist, sowie die Dionysien, aus denen die antike Tragödie hervorging. Seine Regierungszeit galt als Goldenes Zeitalter. Die Söhne Hippias und Hipparch konnten sich 527 bis 510 v. Chr. als Tyrannen halten.
Die Tyrannis der Peisistriden fand um 510 v. Chr. mithilfe Spartas in rochadenreichen Aktionen durch den zweiten großen athenischen Reformer Kleisthenes ein Ende. Sogar das delphische Orakel wurde durch Schmiergeld von Kleisthenes in seine Bestrebungen, die Macht in Athen zu gewinnen, verwickelt: Er erwirkte einen Spruch, der dem spartanischen König die Pflicht auferlegte, die Tyrannis in Athen zu stürzen. Nur zehn Jahre nach der Reform des Kleisthenes (510 v. Chr.) kam es zum Ionischen Aufstand und danach zu den Perserkriegen. Kleisthenes stammte aus der Aristokratenfamilie der Alkmeoniden. Der spätere Staatsmann Perikles war übrigens sein Neffe.