Der Auftrag zur Verbreitung des christlichen Glaubens wird einem Jesuswort nach dessen Auferstehung (Markus, 16, 15) entnommen: »Gehet hin in alle Welt …« Auch viele der unmittelbaren Jünger Christi sollen sich in dieser Weise missionarisch betätigt haben.
vor 50
APOSTELKONZIL Einige Jahre vor 50 (das genaue Datum ist nicht zu ermitteln) reiste Paulus nach Jerusalem, um sich mit Mitgliedern der christlichen Urgemeinde zu treffen. Hierbei wurde die Taufe als Aufnahmeritual beschlossen, der Verzicht auf die (jüdische) Beschneidung sowie die Heidenmission. Dadurch wurde die christliche Urgemeinde aus überwiegend jüdischen Messiasbekennern für Nichtjuden geöffnet. Der erste Schritt zur Weltreligion war getan.
FROHE BOTSCHAFT ist die exakte deutsche Übersetzung des Wortes »Evangelium«. Verbürgte Originaltexte des Jesus von Nazareth sind bekanntlich nicht überliefert. In der Zeit ihrer vermuteten erstmaligen Abfassung, in den Jahrzehnten um 100, waren bei verschiedenen »christlichen« Gruppen und Sekten viele Evangelien in Umlauf. Die vier kanonischen Evangelien des Markus, Lukas, Matthäus und Johannes entstanden in den Jahren zwischen 70 und 110. Die Idee, Berichte über das Leben und die Lehre Jesus’ von Nazareth aufzuschreiben, scheint von Paulus zu stammen. Sie sollten vor dem Vergessen bewahrt werden und als Grundlage für die Verkündung des Glaubens in der Mission dienen.
Bereits um 125 hatte es in Ephesos eine Glaubensversammlung gegeben, die die vier Evangelien als Berichte über das Leben und Sterben Jesu zur Grundlage der Religion und des Gottesdienstes machte, vor allem des gemeinsamen Abendmahls (Kommunion). Schon damals nämlich galt es, häretische Lehren in Schach zu halten. Die Gemeinde in Ephesos hielt die (auf Griechisch geschriebenen) Evangelien für göttlich inspirierte Texte, eine Vorstellung, die auf zahllosen Darstellungen der vier Evangelienschreiber im Mittelalter ihren Niederschlag fand. Die kritische moderne Bibel- und Literaturwissenschaft kennt heute die Problematik dieser Urheberfrage.
Was danach geschah: Das Zentrum der Verkündung der Frohen Botschaft in den allerersten Jahrzehnten nach Jesu Tod war nicht Jerusalem. Vielleicht weil für die Juden dort der Tempel zu nahe, die Macht der Hohepriester zu groß war. Jedenfalls wurden die zum Christusglauben konvertierten Juden in Jerusalem niedergehalten, Stephanus gesteinigt, Petrus ins Gefängnis geworfen, dem er entkam. Die Jerusalemer Judenchristen verließen größtenteils die Stadt. Mit deren Zerstörung durch die Römer trennten sich die Wege von Judentum und Christentum. Zu dieser Zeit predigten die Apostel bereits in den Metropolen des Nahen Ostens und gelangten bis nach Rom. Den Weg bahnten ihnen die dort ebenfalls bereits vorhandenen jüdischen Gemeinden, verkündet wurde die christliche Frohe Botschaft zunächst in deren Synagogen. Aber dann erfasste diese Botschaft zunehmend die nicht-jüdische »heidnische« Bevölkerung.
MÄRTYRER Gemäß der Apostelgeschichte, eines Teils des Neuen Testaments, war Stephanus, ein Mitglied der Jerusalemer Urgemeinde, der erste christliche Märtyrer. Er wurde gesteinigt, weil er ähnlich wie Johannes der Täufer und Jesus von Nazareth die Juden zur Umkehr und inneren Einkehr aufrief.
Das griechische Wort martys bedeutet wörtlich »Zeuge«; martyrion ist demzufolge »Zeugnis, Beweis«, also im Grunde ein juristischer Begriff. Im antiken und mittelalterlichen Gerichtsverfahren hatten Zeugenbeweise einen ungleich höheren Stellenwert als heutzutage, wo Sachbeweise und Schriftstücke im Vordergrund stehen und Zeugenaussagen von Richtern vorsichtig und kritisch beurteilt werden. Früher galt das gesprochene und vor allem das beschworene Wort als wahr, fast heilig. Vor diesem Hintergrund gewinnt das Wort »Märtyrer« – in der Barockzeit eingedeutscht zu »Blutzeuge« oder »Bekenner« – seine besondere Dimension. Hinzu kommt, dass vor allem in der Frühzeit des Christentums das Leiden für den Glauben große Anerkennung gerade in den intellektuell anspruchsvollen Schichten fand. Fast alle frühen Päpste waren Märtyrer.
KATAKOMBEN Im Süden Roms, in der Nähe der Via Appia Antica befindet sich ein Tuffsteingelände, das mit dem griechischen Wort kata kymbas (»in den Höhlen«) bezeichnet wurde. In die weichen, aber stabilen Tuffmassen ließen sich leicht Stollen und Kammern graben. Manche dieser Höhlensysteme sind sehr ausgedehnt und teilweise mit Stuck und Fresken ausgeschmückt wie Kirchenräume. Von Beginn an wurden diese Höhlen als Grabkammern genutzt, sehr früh schon von den ersten römischen Christen. Ihren Ruf als Zuflucht verfolgter Christen haben die Katakomben vermutlich, weil im 3. Jahrhundert die Gebeine der Apostel Petrus und Paulus hierher gebracht wurden, um sie vor Entweihung zu schützen.
Die Katakomben waren aber weniger Zuflucht als reguläre Versammlungsräume, in denen sicherlich auch Abendmahlsfeiern stattfanden. Es gab zu jener Zeit nämlich noch keine einzige Kirche. Trotz der Gräber und des fehlenden Tageslichtes haben die Höhlen nichts Schauriges. Auch die mittelalterlichen und barocken Kirchen sind »Friedhöfe«, oft mit einer Fülle von Grabdenkmälern. Religion beschäftigt sich eben sehr mit dem Leben »im Jenseits«.
Bei den Griechen war das naturkundliche Denken zum einen durch den Kontakt mit den für sie vollkommen neuen und faszinierenden Wissensschätzen des Orients und Ägyptens ausgelöst, zum anderen durch die Bedürfnisse der seefahrenden Kaufleute vorangetrieben worden. Sehr viele »wissenschaftliche Erkenntnisse« bezogen sich auf geografische Dinge im weiteren Sinn. Ganz anders in China, wo in der kulturellen Blüte der Han-Dynastie (ca. 0–200) ebenfalls Handel und Seefahrt florierten. Als sich auch hier Ansätze naturwissenschaftlichen Denkens zeigten, wurden diese von dem Beamtenadel unterdrückt, ähnlich wie es die christliche Kirche am Anfang der Neuzeit in Europa versuchte. Die Motive waren in beiden Fällen die gleichen: Die unausweichliche Kritik am Althergebrachten und Überlieferten – sowohl des Wissens wie der Gesellschaftsformen – hätte der herrschenden Schicht die Legitimationsgrundlage entzogen. Durch diese Weichenstellung in der Han-Zeit gab es keine systematische Naturforschung in China und damit auch keinerlei »moderne« Entwicklung. Deswegen und aufgrund seiner natürlichen Isolierung, später der bewussten Abschottung, verharrte das Reich der Mitte in einem konservativen Zustand. Gleichwohl gab es in China eine Menge praktisch-technischer Erfindungen.
um 105
PAPIER Die Herstellung von Papier aus zerstampften und zerkochten Pflanzenfasern in einem Sieb ist seit dem Beginn der Han-Dynastie im 2. Jahrhundert v. Chr. nachgewiesen. Das Verfahren oder vielmehr das Rezept wurde aber erst um 105 n. Chr. von dem Eunuchen und Minister Tsai Lun detailliert aufgeschrieben. Obwohl er sich dabei sicher nicht die langen Fingernägel abgebrochen hat, gilt der Nicht-Handwerker Tsai Lun als »Erfinder« des Papiers.
Im Prinzip wird dieses Verfahren bis heute verwendet. Papier und Papierherstellung waren wie Porzellan, Seide und Tee eines der großen chinesischen Geschäftsgeheimnisse und ein dementsprechender Exportschlager. Chinesische Kriegsgefangene in Samarkand gaben das Geheimnis um 750 an die Perser und Araber weiter. Durch sie verbreitete sich die Kenntnis seit dem Hochmittelalter in Europa. Eine von dem Stauferkaiser Friedrich II. 1228 ausgestellte Urkunde ist hier eines der frühesten Papierdokumente. In Europa wurde der Name des altägyptischen Beschreibstoffes aus dem Mark der Papyrusstaude, der ganz anders gewonnen wird, aber auf den ersten Blick ähnlich aussieht, auf das neue Beschreibmaterial übertragen.
um 100–200
PORZELLAN heißt auf Chinesisch tzu. Das für Chinas Kunsthandwerk charakteristischste Material wurde aller Wahrscheinlichkeit nach während der Han-Zeit erfunden. Den genauen Zeitpunkt, Ort und Erfinder kennt man nicht – es entstand um 100 bis 200 n. Chr. im Zuge ähnlichen »alchimistischen« Herumexperimentierens wie sehr viel später (1707 n. Chr.) bei der europäischen Neuerfindung in Meißen.