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Und dennoch konnte Heraklios die nun kommende arabische Expansion nicht aufhalten. Ägypten war den Byzantinern bereits gegen die Sassaniden verloren gegangen. Mit der Schlacht am Yarmuk 636, nur sieben Jahre nach dem Triumpf gegen die Sassaniden, wurde der ganze Nahe und Mittlere Osten innerhalb weniger Jahre arabisch-islamisch, nachdem er 1000 Jahre lang kulturell griechisch geprägt und über 500 Jahre lang politisch Teil des Römischen Reiches gewesen war. Da die Römer und nach ihnen die Oströmer im Nahen Osten als Fremdherrscher ziemlich autoritär regiert hatten, wurden die Araber teilweise wie Befreier begrüßt.

KLOSTER UND KIRCHE

Monte Cassino wurde zum Ausgangspunkt der für das Mittelalter so überaus prägenden Klöster. Sie waren Mittelpunkt des religiösen Lebens, aber auch des technischen Fortschritts, durchorganisierte Wirtschaftseinheiten und somit Schrittmacher der Zivilisation im nördlichen Europa. Nicht zuletzt waren sie Hort der Gelehrsamkeit, wovon die prachtvollen Klosterbibliotheken zeugen.

ca. 530

ORA ET LABORA    »Bete und arbeite« steht zwar nirgendwo ausdrücklich in der Regula Benedicti, der Ordensregel, die Benedikt von Nursia (ca. 480–547) der von ihm gegründeten Klostergemeinschaft auf dem Monte Cassino zwischen Neapel und Rom gegeben hat. Aber sie fasst deren Leitgedanken treffend zusammen. Ähnlich wie vor ihm der Eremit Antonius in Ägypten oder der Kirchenvater Augustinus suchte der junge Gutsbesitzersohn Benedikt alternative Lebensformen und zog sich mit einigen Gefährten in die abgeschiedene Bergwelt Kampaniens zurück – angewidert vom Lotterleben seiner Zeitgenossen.

Die Regel verlangt vom Mönch Einfachheit, Schlichtheit, Verzicht. Natürlich müssen Mönche unverheiratet sein, die Mahlzeiten sind asketisch und karg, die Zeiten für Gebet, Lesung, Arbeit und Schlaf genau vorgeschrieben. Völlig neu und ohne Beispiel ist indes Benedikts Forderung an die Brüder, zu arbeiten – in einer Gesellschaft wie der spätantiken und der darauffolgenden mittelalterlichen, wo Arbeit ausschließlich eine Angelegenheit der Unterschichten war.

540

KLOSTERBIBLIOTHEK    Die Bibliothek, neben Kirche und Kreuzgang das Herzstück jedes Klosters und Quelle aller abendländischen Gelehrsamkeit, war eine Erfindung des römischen Staatsmannes und Gelehrten Cassiodor, der unter Theoderich wichtige Staatsämter innehatte. Er zog sich 540 in das von ihm gegründete Kloster Vivarium in Kalabrien zurück und beauftragte seine Mönche mit dem Sammeln und Abschreiben antiker Manuskripte. Die großen berühmten Bibliotheken der Spätantike waren untergegangen oder zerstört worden: Alexandria, Pergamon, Augustus’ Palastbibliothek in Rom, die Celsus-Bibliothek in Ephesos. Die Gründe dafür waren vielfältig: Brand, Raub, Verrottung von Papyri. Außerdem säuberten die Christen in der Kirchenväter-Zeit die Bibliotheken besonders gründlich von »heidnischen« Schriften. Schätzungsweise hat nur ein, maximal zehn Prozent des gesamten antiken Schrifttums überlebt.

Aus der Zeit bis zur Kaiserkrönung Karls des Großen sind etwa 1800 Manuskripte in lateinischer Sprache überliefert. Auf ihnen beruht ein Großteil dessen, was wir über das Altertum wissen.

600

KIRCHENSTAAT    Papst Gregor (reg. 590–604) stammte aus altem römischen Senatsadel und war der erste Mönch auf dem Papstthron, aber er war zuvor auch schon Stadtpräfekt (»Bürgermeister«) von Rom gewesen. Der als Intellektueller, Musenfreund, Theologe, Administrator und Herrscher vielseitig begabte Patrizier ordnete die Ländereien der Päpste völlig neu und schuf damit die Grundlage des späteren Kirchenstaats. Da sich die oströmischen Kaiser nicht mehr um die Bevölkerung Roms kümmerten, nahm Gregor aus den gestrafft organisierten Erträgen der päpstlichen Güter die für die ärmeren Schichten wichtige Getreideversorgung in die Hand. Schon seit Längerem nahmen die Päpste aufgrund solcher und ähnlicher Aufgaben die politische Führungsfunktion in der Stadt wahr.

600

GREGORIANISCHER CHORAL    Mittelalterliche Chronisten waren der Meinung, Papst Gregor habe die Choräle selbst komponiert, und in den Buchmalereien jener Zeit wird er oft so dargestellt. Das tat er eher nicht. Aber er nahm besonderen persönlichen Anteil an dieser musikalischen Neuentwicklung in der päpstlichen Hofkapelle und ordnete eine umfassende Sammlung und Neuordnung an. Die in der katholischen Kirche noch heute häufig verwendeten einstimmigen Gesänge ohne Musikbegleitung entwickelten sich über einen Zeitraum von Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten, und wurden später vor allem in den Klöstern gepflegt.

CHINA – WIEDERVEREINIGUNG UNTER DEN SUI

ca. 520

SHAOLIN    Am Fuße des Berges Shaoshi in der chinesischen Provinz Henan, im alten chinesischen Kernland am Huangho, liegt das ursprünglich taoistische Kloster Shaolin. Dorthin gelangte um 520 der aus Indien stammende Königssohn Bodhidharma (ca. 440–528), eine ebenso halb historische, halb legendäre Gestalt wie Benedikt von Nursia. Bodhidharma gilt als Begründer des Zen-Buddhismus. Hauptziel des Zen ist die innere Selbstbefreiung, die Abstinenz von allen äußerlichen Ablenkungen. In China verschmolz diese geistige Übung mit taoistischen Traditionen. Bodhidharma war auch in der höfischen Kampfkunst der Brahmanen ausgebildet, die im Shaolin-Kloster weiterentwickelt wurde. Der Zen-Buddhismus wurde die wesentliche geistige Grundlage der mittelalterlich-ritterlichen Samurai-Kultur in Japan bis hin zu Teezeremonie, Nô-Theater und Ikebana.

560–618

SUI    Nach jahrhundertelangen Wirren wurde China unter der (türkisch-»stämmigen«) Sui-Dynastie (560–618) wiedervereinigt. Die Sui regierten zwar nicht lange, schufen aber durch Verwaltungsreformen die Grundlage für die nachfolgende, sehr bedeutende Tang-Dynastie.

EIN NEUER PROPHET

Mit dem Propheten Mohammed (»der Vielgelobte«) aus Mekka erschien im arabischen Raum eine neue monotheistische Religion, die auch einen neuen Gottesnamen verbreitete: Allah. Alaha war das Wort der syrischen Christen für »Gott« und natürlich war »Allah« kein »neuer Gott« (wie vielleicht die Römer in Mithras einen »neuen Gott« kennengelernt hatten). So etwas kann es in einer universalen, monotheistischen Religion nämlich nicht geben: Gott war schon immer und wird immer sein und ist für alle Menschen da, im Christentum wie im Islam.

um 570–632

MOHAMMED    Als jüngster unter den großen Religionsstiftern ist Mohammed (um 570–632) mit Sicherheit eine historische Person. Er stammte aus dem Clan der Koreischiten, die zur Oberschicht der Stadt Mekka zählten. Durch seine Heirat mit der 15 Jahre älteren Kaufmannswitwe Chadidscha wurde er wohlhabend. Als Karawanenunternehmer lernte er die Welt des Nahen Ostens bis hinauf nach Syrien kennen. Mit Chadidscha hatte er eine Tochter, Fatima, die Stammmutter aller Nachfahren des Propheten.

Mohammed verabscheute die polytheistischen Kulte seiner Heimat, erkannte nur das uralte Kaaba-Heiligtum in Mekka an und verkündete die Lehre vom einen einzigen Gott. Nach dem Tod Chadidschas hatte er in Mekka nicht mehr genügend einflussreiche Beschützer und floh 622 ins benachbarte Medina. Diese »Hedschra« war der Beginn der islamischen Zeitrechnung (nach dem Mondkalender). Aktuell (2010) leben wir im Jahr 1431 des islamischen Kalenders.