1060/1130
SIZILIEN Auch in Unteritalien und Sizilien bildeten die Normannen eigene Reiche, 1060 formal als päpstliche Lehen. Der sizilische Herrscher Roger II. vereinigte die verschiedenen normannischen Staaten und wurde 1130 König. Sein Enkel, der Stauferkaiser Friedrich II., sollte sehr viel später das sizilische Königreich erben.
1035
SPANISCHE KÖNIGREICHE Im Spannungsfeld zwischen Córdoba und dem Karolingerreich existierte ab 826 das Königreich Navarra mit der Hauptstadt Pamplona. König Sancho III. von Navarra vereinte um das Jahr 1000 Navarra mit den übrigen christlichen Königreichen auf der iberischen Halbinsel. Nach seinem Tod 1035 entstanden aus dessen Erbe Navarra, Kastilien und Aragón. Sie gewannen allmählich die Kraft zur Reconquista, deren Beginn den Kreuzzügen zeitlich etwas vorausgeht.
Einige Zeit nach den Wirren des Bildersturms war in Byzanz Kaiser Michael III. der letzte Kaiser der sogenannten phrygischen Dynastie. Michael war es, der die Slawenapostel Kyrill und Method um 860 mit ihrer Mission beauftragt hatte. Michael III. wurde von seinem früheren Stallknecht, dem Makedonen Basileios 867 ermordet. Mit diesem Basileios I. übernahm eine neue Dynastie die Herrschaft in Byzanz. Die Makedonen-Herrscher führten das Reich zu hoher Blüte.
976–1025
DER BULGARENTÖTER Kaiser Basileos II. (976–1025) war der bedeutendste Feldherr auf dem byzantinischen Kaiserthron. Über das Hauptziel seiner außenpolitischen Aktivitäten sagt sein Beiname alles. Basileos ging fünfzehn Jahre lang Jahr für Jahr mit seinen Soldaten ins Feld gegen die Bulgaren, die sich in einem Partisanenkrieg in den Bergen nicht so einfach wie in einer offenen Schlacht besiegen ließen. Mithilfe von Söldnertruppen gelang es Basileos erfolgreicher gegen die Bulgaren vorzugehen und sie in einer Einkesselungsschlacht 1014 zu besiegen. Angeblich ließ er 14000 Gefangene blenden, nur jeder Hundertste behielt ein Auge, damit er eine Hunderter-Gruppe heimführen konnte. Beim Anblick seiner rückkehrenden Soldaten soll den bulgarischen Zar der Schlag getroffen haben. Basileos dehnte durch diesen Sieg das Territorium von Byzanz im Nordwesten noch einmal erheblich aus. Es sollte die letzte Expansion des byzantinischen Reiches sein. Auch im Osten war die Grenze im syrisch-palästinensischen Raum gesichert, sodass Byzanz wieder eine Ausdehnung wie unter Kaiser Heraklios hatte. Wegen dieser militärischen Erfolge und seiner Rolle als Geburtshelfer Russlands, das so viel von der byzantinischen Kultur übernahm, gilt der Bulgarentöter als einer der bedeutendsten Herrscher Ostroms.
ca. 1000–1050
MAKEDONISCHE RENAISSANCE Das mittelalterliche Byzantinische Reich erlebte nach der Vernichtung des Bulgarenreiches unter Kaiser Basileios II (976–1025) den Höhepunkt seiner Macht. Das sächsische Kaiserhaus der Ottonen und das byzantinische Kaiserhaus waren dynastisch miteinander verbunden, denn Otto II. hatte eine byzantinische Prinzessin geheiratet: Theophanu war nach dem frühen Tod ihres Gatten eine kraftvolle Regentin für ihren unmündigen Sohn Otto III. Eine noch stärkere Verbindung bestand zu den Kiewer Rus. Byzanz hat die russische Kultur bis heute deutlich sichtbar geprägt.
Als Mäzene der »Makedonischen Renaissance« standen das Kaiserhaus und der Hof im Kulturleben von Byzanz an vorderster Stelle. Lehrstühle wurden neu besetzt und die Professoren besser besoldet, Stipendien vergeben. Das vorhandene Wissen enzyklopädisch zu erfassen und dabei neu zu bearbeiten, war eine der wesentlichen Aufgaben. Darstellungen mit mythologischen Szenen aus der Antike, etwa die Entführung der Europa oder von Nymphen- und Nereidenreigen, waren wieder sehr beliebt und wurden gemalt oder in Elfenbein geschnitzt. Die Bewältigung technisch-gestalterischer Probleme wie die Darstellung von bildhaften Szenen in Gewölbemosaiken musste – nach Bilderstreit und Bilderverbot – erst neu gelernt werden.
Etwa zur Zeit der Kaiserkrönung Ottos I. eroberten die Ogusen unter der Führung der Fürsten-Dynastie der Seldschuken die alte Seidenstraßenmetropole Buchara, südöstlich des Aralsees, damals am Rand der persischen Zivilisation gelegen. Die Ogusen waren ein Stammesverband von Turkvölkern aus der kasachischen Steppe, Seldschuk war um das Jahr 1000 der Häuptling eines ogusischen Stammes.
um 1000
SELDSCHUKEN Ebenfalls um 1000 traten Seldschuk und seine Krieger zum Islam über. Sie lösten sich aus dem Stammesverband und drangen von Buchara aus schnell nach Süden und Westen vor. Seit der Eroberung der nordpersischen Provinz Chorasan 1034 und Bagdads 1055 beherrschten die Seldschuken die gesamte persisch-arabische islamische Welt. Wären die Seldschuken nicht aufgetaucht, wäre die islamische Welt in Kleinstaaterei zerfallen und der Islam hätte niemals die Rolle gespielt, die er damals (die Kreuzzüge standen unmittelbar bevor) und bis heute einnimmt.
SULTAN I Der formal weiter amtierende abbasidische Kalif in Bagdad übertrug dem Enkel Seldschuks den Sultanstitel. Die Seldschuken zählten zu den Ersten, die diesen Titel trugen. Das arabische Wort bedeutet »Herrscher« und die Seldschuken fassten die vom Zerfall bedrohte islamische Zivilisation wieder unter einer einheitlichen politischen Führung zusammen.
Übrigens: Sultane und Sultanate gab es im Verlauf der Geschichte der islamischen Reiche von Afrika über den Nahen und Mittleren Osten bis hin nach Indien und Indonesien sehr viele. Heute tragen noch zwei Souveräne diesen Titeclass="underline" der Sultan von Brunei und der Sultan von Oman.
Nach der Eroberung Bagdads dehnten die Seldschuken ihren Machtbereich bis nach Armenien aus und wurden so stark, dass sich Byzanz vom zweiten Seldschuken-Sultan Alp Arslan, einem Neffen des ersten, bedroht fühlte. Kaiser Romanos zog den Türken entgegen und nach einigen Vorgeplänkeln kam es zur
1071
SCHLACHT BEI MANTZIKERT Der Sieg der Türken unter Alp Arslan am 26. August 1071 war vollkommen. Kaiser Romanos IV. geriet in Gefangenschaft, der Weg zur sehr schnellen türkischen Besiedlung Anatoliens war geebnet. Tausend Jahre lang war das griechisch geprägte Kleinasien Teil des Römischen beziehungsweise Oströmischen Reiches gewesen. Nach Mantzikert konnte Byzanz nur noch kleinasiatische Küstenregionen an der Ägäis halten. Anatolien ging für immer verloren. Es war eine weltgeschichtliche Wende, denn ohne diesen seldschukischen Sieg bei Mantzikert gäbe es keine Türken in der Türkei und auch keine osmanische Eroberung von Konstantinopel 400 Jahre später. Byzanz überdauerte diese Zeitspanne noch bis zum Ende seines Daseins.
Nach seiner Freilassung gegen Lösegeld wurde Romanos von der gegnerischen Dukas-Familie gefangen genommen und mit glühendem Eisen geblendet. Wenige Tage später starb er an den Verletzungen.
Was danach geschah: Alp Arslan starb im Jahr darauf, sein Sohn Malik Schah vollendete die Eroberung Anatoliens und erweiterte den seldschukischen Machtbereich um Syrien und Palästina. Er regierte seit 1072, bis ihn seine Ehefrau 1092 vergiftete. Nun zerfiel die Seldschuken-Herrschaft in untereinander zerstrittene Nachfolgereiche. Das war ein Hauptgrund für den Erfolg des Ersten Kreuzzugs. Im Jahre 1300 begann dann von türkisch-anatolischem Boden aus der Aufstieg des kleinen Fürstentums Osman zum Weltreich. Auch die moderne Türkei ist ethnisch, sprachlich und kulturell Erbe der ursprünglich seldschukisch regierten Ogusen.