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1378–1417

ABENDLÄNDISCHES SCHISMA    Wegen des Exils der Päpste in Avignon war Italien in Anarchie versunken. Die heilige Katharina von Siena reiste daher in die Provence und bewog 1376 Papst Gregor XI. zur Rückkehr.

Gregor XI. starb 1378. Nachfolger wurden Urban VI. auf der einen (römischen) Seite und Clemens VII. auf der Seite Avignons. Die Römer wollten keinen französischstämmigen Papst mehr, Urban war Italiener. Die Mehrheit der Kardinäle war aber französisch. Beiden fehlten Macht und Wille, die bürgerkriegsähnlichen Zustände in Italien zu beenden – im Gegenteil, man schürte sie teilweise noch. Das Schisma spaltete ganz Europa. Die Gegenpäpste aus Avignon hatten natürlich kein Interesse, es zu beenden. Der Papst aus Avignon wurde von den iberischen Königreichen Kastilien, Aragón, Portugal und von Neapel-Sizilien anerkannt. Hinter dem römischen Papst standen das Reich, England, Ungarn und Polen. Das Abendländische Schisma wurde erst auf dem Konzil von Konstanz (1414–1418) beigelegt. Inzwischen hatte man auch in Frankreich eingesehen, dass die Spaltung des Papsttums auf die Dauer nicht aufrechterhalten werden konnte, und den deutschen König und späteren Kaiser Karl IV. um Vermittlung gebeten. Dessen Bruder, König Sigismund, war auf dem Konzil die treibende Kraft zum Ausgleich. Im Konstanzer »Konzilsgebäude« wurde 1417 Martin V. als von allen anerkannter Papst gewählt. Der einigte sich 1429 mit dem letzten Gegenpapst über dessen Rücktritt.

ca. 1415

HUSSITEN    In Konstanz wurden auch die als ketzerisch verurteilten Lehren des Engländers John Wyclif (der bereits gestorben war) und des Böhmen Jan Hus verurteilt. Hus (1370–1415) hatte in seinen Schriften Wyclif ausgiebig zitiert. Auch kritisierte er, was später Luther gegen die Amtsträger der Kirche aufbrachte: »Die Priester predigen wohl gegen unsere Unzucht und unsere Laster, aber von den ihrigen sagen sie nichts.« Priester und Mönche galten als Inbegriff der Heuchelei. In Böhmen war Hus sehr populär, er predigte auf Tschechisch und beflügelte das Nationalbewusstsein der Tschechen, die sich von der deutschen Oberschicht diskriminiert fühlten. (Prag war damals Residenz der Kaiser.) Hus war 1415 gegen die Zusage von freiem Geleit nach Konstanz gekommen, wurde aber festgenommen und als Ketzer verbrannt. Nach seinem Tod wurde die Hussiten-Bewegung eine bürgerkriegsähnliche Bedrohung von Brandenburg über Sachsen, Böhmen und Bayern bis Ungarn und Polen. Das Zentrum der hussitischen »Ketzer« blieb Böhmen. Die Truppen von Kaiser Sigismund wurden bei ihren »Kreuzzügen« regelmäßig von den hussitischen geschlagen, bis sich die Hussiten spalteten. Die Mischung aus »Religionskrieg« und tschechischem Nationalaufstand war ein Vorspiel des Dreißigjährigen Krieges.

ca. 1450

BUCHDRUCK    Nach den schlimmsten Wellen der Pest, im auslaufenden Spätmittelalter und fast schon an der Schwelle zur Renaissance auch nördlich der Alpen, gelingt Johannes Gutenberg (ca. 1397–1468) zunächst in etwas mühsamer handwerklicher Erfinderarbeit, aber letztlich erfolgreich die epochale Innovation des Buchdrucks. Jahrhundertelang hatte es keinen vergleichbaren technischen Fortschritt gegeben und es sollte lange dauern, bis eine ebenbürtige Neuerung folgte. Die kulturellen Folgen dieser technischen Erfindung können gar nicht überschätzt werden. 1962 prägte der einflussreiche kanadische Medientheoretiker Marshall McLuhan, der auch das Schlagwort »Globales Dorf« erfunden hat, das Wort von der Gutenberg-Galaxis für das seither in schriftlicher Form leicht zu vervielfältigende Weltwissen.

Die gesamte Technik des Buchdrucks besteht nicht nur aus dem einzigen Vorgang des Pressens, deshalb ist die oft anzutreffende Bezeichnung Johannes Gutenbergs als »Erfinder der Druckerpresse« nicht besonders genau. Das Druckverfahren besteht aus mehreren Einzelschritten vom Herstellen bzw. Gießen der Lettern über das Einschwärzen mit Druckerfarbe bis zum Pressen. Gutenberg hat für alle Produktionsstufen entscheidende Verbesserungen vorgenommen. Bis dahin wurde auch schon gedruckt – Holzschnitte zum Beispiel –, aber auf umgebauten Most- oder Weinpressen. Das Entscheidende war die Kombination von in beliebiger Anzahl herstellbaren, »beweglichen« Lettern, die mit der Presse in einen Winkelrahmen »gesetzt« wurden.

Das Verfahren hatte unglaublichen Erfolg. Zwischen 1470 und 1490 erhöhte sich die Zahl der Druckorte in Europa von 17 auf 204. Die wichtigsten Druckwerke waren zunächst Ablassbriefe und Kalender. Man hat die schnelle Verbreitung der Reformation mit dem »neuen Medium« in Verbindung gebracht. Auch die Alphabetisierung der Bevölkerung in den nachfolgenden Jahrhunderten wäre ohne massenweise gedruckte Bücher nicht denkbar. Der Buchdruck ist das erste »industrielle« Herstellungsverfahren eines Produkts, das mehrmals vervielfältigt wird.

Mit seinem Hauptwerk, der 42-zeiligen Gutenberg-Bibel, einer lateinischen Bibelausgabe schuf der äußerst sorgfältige Handwerker und Buchkünstler Gutenberg in Mainz nach Meinung vieler Kenner nicht nur das erste bedeutende gedruckte Buch, sondern auf Anhieb das bis heute schönste – oder wenigstens eines der schönsten.

CHINA UNTER DEN MING-KAISERN

1368

MING-DYNASTIE    Erst unter der Ming-Dynastie, die seit 1368 bis 1644 die chinesischen Kaiser stellte, wurde die Große Mauer als das imposante Steinbauwerk vollendet, wie man sie heute fotografieren kann. Nach der »Fremdherrschaft« der Mongolen (Yüan-Dynastie) mobilisierten die Ming-Kaiser erhebliche Ressourcen, um mit dem Blut, Schweiß und Tränen zwangsverpflichteter Bauern dieses Bollwerk zu errichten. Die Bedrohung aus den nördlichen Steppen, dieses jahrhundertealte Dauerthema der chinesischen Außenpolitik, sollte ein für allemal gebannt werden.

Wie so oft, gingen die wichtigsten Impulse und Weichenstellungen von dem ersten Kaiser und Dynastie-Begründer, dem Heerführer Chu Yüan-chang (1328–1398) aus. Nach dem Tod von Kublai Khan war den Mongolen-Kaisern die Herrschaft zunehmend entglitten. Aufgrund sozialer Missstände, Korruption der Beamten und tibetischer Mönche drohte das Reich der Mitte wieder zu zerfallen. Dem Bauernsohn und ehemaligen Mönch Chu Yüan-chang gelang es, sich zum Heerführer aufzuschwingen und sich gegen seine Rivalen durchzusetzen. 1359 besetzte er Nanking, 1368 Peking. 1368 proklamierte er sich selbst zum Kaiser unter dem Namen Hongwu. Der anschließende Reform- und Konsolidierungsprozess dauerte jahrzehntelang.

Was danach geschah: Die Ming-Dynastie regierte 276 Jahre bis 1644. Während der europäischen Reformationszeit und der anschließenden Religionskriege schwelgte China im Luxus eines unangefochtenen Reiches und einer selbstgewissen, jahrtausendealten Kultur, verbunden mit dem dekadenten Übermut der herrschenden Schichten. Seit Beginn des 16. Jahrhunderts kapselte sich China durch die Zerstörung seiner Hochseeflotte und den Bau der Mauer zunehmend von der Außenwelt ab. Den chinesischen Porzellanexport besorgten die holländischen und englischen Kolonialgesellschaften. Als in Europa der Dreißigjährige Krieg zu Ende ging, wurde die reformunfähige und geschwächte Ming-Regierung von der nicht-chinesischen Mandschu-Dynastie aus dem Norden überwältigt, die bis 1911 regierte.

VERBOTENE STADT UND HIMMELSTEMPEL    »Verbotene Stadt« ist die allgemein gängige Bezeichnung für den chinesischen Kaiserpalast mitten in Peking. Diese größte Palastanlage der Welt wurde 1407 bis 1420 erbaut (Gesamtfläche: 740000 Quadratmeter, bebaute Fläche 150000 Quadratmeter, 9999 Räume). Herzstück ist die »Halle der Höchsten Harmonie« (Tai He Dian).