»Diesmal hat der Cäsar Glück gehabt«, sagte er laut zu seinem Diener.
Julian war nicht zugegen. Vielleicht hätte ich den Mund halten sollen, doch die Bemerkung erschien mir so gemein und nörgelig, dass ich mich nicht zurückhalten konnte und rief: »Vermutlich auch wieder Anfängerglück, wie?« Leises Gelächter kam von den Männern ringsum, die mit der Instandsetzung beschäftigt waren.
Florentius sah mit scharfem Blick in die Runde, trat dann nahe an mich heran und raunte: »Spar dir deine Scherze, Drusus. Neue Besen kehren gut. Er hatte einen kleinen Erfolg gegen einen Haufen Plünderer. Aber er ist waghalsig und wird noch straucheln.«
Eutherius kehrte von seiner diplomatischen Mission beim Kaiser nach Paris zurück. Ich war bei Julian in seinem Arbeitszimmer, als Eutherius vorgelassen wurde.
Julian hatte mir seine Bücher gezeigt. Es war keine so große Bibliothek, wie Marcellus’ Großvater sie in London besessen hatte, doch er hatte ein paar Favoriten, von denen er sich nicht trennte und die er immer wieder las – das Leben Alexanders, um sich dessen Größe vor Augen zu halten, Cäsars Eroberung Galliens wegen der Taktik und Platons Schriften über das Gesetz und die Liebe zur Weisheit. Er besaß aber auch eine viel gelesene Abschrift Homers, die er während seines Studiums in Athen erworben hatte und in einer braunen Lederhülle aufbewahrte, damit er sie immer bei sich tragen konnte, selbst auf Feldzügen.
Jetzt legte er die Bücher beiseite, bestellte warmen Wein und Honigkuchen und schickte nach Oribasius. Er war gespannt und zappelig wie ein Knabe und schritt unablässig umher. Ich sagte, ich werde ihn seinen Geschäften überlassen, doch er wehrte ab: »Nein, bleib. Es gibt nichts, das du nicht hören darfst.«
Eutherius kam direkt aus dem Bad, sah frisch aus wie eine Blume nach dem Regen und duftete nach Lilien.
Er begrüßte Julian; dann wandte er sich mir zu, breitete theatralisch die Arme aus und rief: »Drusus! Welch eine Freude, dich hier zu sehen!« Er nahm meinen Arm und fragte nach Marcellus – er wusste, was einem Mann am wichtigsten ist, und trotz meiner Zurückhaltung war ich vermutlich wie ein offenes Buch für ihn. Wein und Kuchen wurden gebracht, und Julian fragte: »Was gibt es Neues?«
Eutherius ließ sich auf der Liege nieder und zog sein Gewand aus jadegrüner Seide zurecht. Er nahm sich einen Honigkuchen, tunkte ihn in seinen Wein, kostete mit offensichtlichem Genuss und begann zu berichten.
Als er nach einer abenteuerlichen Reise an den Hof in Sirmium kam, verweigerte Oberkämmerer Eusebius ihm eine Woche lang die Audienz beim Kaiser. »Du weißt ja, wie das ist … diese kleinliche Boshaftigkeit, die unter fadenscheiniger Höflichkeit verborgen wird. Zweifellos wollte er mich an meinen Stand erinnern. Doch am achten Tag, nachdem einige meiner alten Freunde sich für mich verwendet hatten, wurde ich endlich vorgelassen und durfte den Purpur küssen.«
Die Audienz, berichtete Eutherius weiter, verlief allerdings wenig erfreulich, denn der Oberkämmerer überfiel ihn mit einem Schwall Fragen über Barbatio – den Heermeister, den Julian wegen Untüchtigkeit entlassen hatte –, während Constantius reglos und stumm wie eine Statue auf seinem juwelenbesetzten Thron saß. Barbatio hatte Julian inzwischen angeklagt, seine Befugnisse in Gallien überschritten zu haben. Nun wollte der Oberkämmerer wissen, was Eutherius einer solch schweren Anschuldigung entgegenzusetzen habe.
»Was hast du darauf geantwortet?«, fragte Julian.
»Dass es Unsinn ist. Und da deine Befugnisse gar nicht beschränkt worden seien, könne weder Barbatio noch ein anderer beurteilen, ob du sie überschreitest. Und dem Kaiser habe ich gesagt, dass du nur das tust, was nötig ist, um die kaiserliche Politik eines Wiederaufbaus Galliens in die Tat umzusetzen.«
»Und war er zufrieden?«
Eutherius verdrehte die Augen und blickte hinauf zu den geschnitzten Deckenbalken mit der verblassten Vergoldung. »Hast du je erlebt, dass der Kaiser ausspricht, was er denkt? Und was ihm durch den Kopf geht, vermag man nicht zu erkennen. Mit einem Gesicht wie Alabaster hörte er zu. Als es schließlich nichts mehr zu sagen gab, schnippte er nur mit dem Finger, um Schweigen zu gebieten, und verkündete dann in diesem seltsamen Tonfall, den er bei solchen Gelegenheiten benutzt: ›Barbatios Entlassung ist rechtens.‹ Das war es. Und wahrscheinlich meinte er es ernst; andernfalls wäre anschließend jemand zu mir gekommen. So ist es immer, wenn der Kaiser absichtlich das Gegenteil von dem sagt, was er meint.«
Julian schüttelte den Kopf und durchquerte das Zimmer, um in den Hof auf den Pflaumenbaum zu blicken.
»Dann ist es ja gut«, sagte er nach einer Pause. »Wegen Barbatio sind tüchtige Soldaten ums Leben gekommen. Ich würde ihn nicht wiedereinsetzen. Das bin ich den Männern schuldig.«
Oribasius sagte: »Du hast erreicht, was du wolltest, Julian. Du bist ihn losgeworden.«
Julian nickte. »Ja … danke, Eutherius. Constantius hätte auf keinen anderen gehört.« Er hielt kurz inne, dann sagte er: »Aber es gibt noch etwas anderes zu berichten, nicht wahr? Das sehe ich dir an. Was hat der Kaiser sonst noch gesagt?«
Eutherius seufzte resigniert. »Nur dass es nachteilige Berichte gegeben habe …«
»Nachteilige Berichte!«, rief Julian aus und schnaubte verächtlich ob der Wortwahl. »Nachteilige Berichte von Barbatio wahrscheinlich. Was erwarten sie anderes? Begreifen sie denn nicht, dass er sich nur schützen will?«
»Der Kaiser wird in allen Angelegenheiten von seinem Oberkämmerer beraten. Natürlich hat er gesagt, von wem die Berichte stammten, und man stellt dem Kaiser nun mal keine Fragen. Doch er erkundigte sich nach dem Präfekten und sagte, er wünsche, dass du seinen Rat gehörig beachtest.«
»Florentius ist also auch zu ihm gerannt. Na, das hätte ich mir denken können. Es wundert mich, dass ich überhaupt gegen die germanischen Stämme siegen kann, wenn ich so viele Feinde im Rücken habe.« Er seufzte; dann fragte er: »Sind die Gefangenen, die ich von Straßburg schickte, bei Constantius eingetroffen? Blieb ihm bei all den Beschwerden noch Zeit, meine Siege zur Kenntnis zu nehmen?« Er klang gekränkt.
»Das kam zur Sprache … Aber setz dich doch, mein lieber Julian. Es ermüdet mich, wenn du ständig hin und her läufst.«
Widerstrebend nahm Julian am Ende der Liege Platz und saß auf der Kante wie eine sprungbereite Katze.
»Und? Was hat er gesagt?«
Eutherius zögerte, antwortete dann aber mit einer müden Geste: »Der Kaiser sagte, er sei des Themas überdrüssig.«
Julian starrte ihn zornig an. Es kam selten vor, dass er seine Wut zeigte; stets bemühte er sich um Beherrschung, da er bei einem Mann, der Tugendhaftigkeit anstrebte, alles andere für unpassend hielt. Aber jetzt rief er aus: »Was? Ich habe Gallien von den Barbaren befreit, habe den Gaukönig in Ketten zu Constantius gesandt, habe ihm ganze Horden neuer Soldaten für seine Heere geschickt, und er ist meiner Siege überdrüssig?« Er sprang auf. »Bei den Göttern, Eutherius, du weißt, ich habe ihn nicht gebeten, mich zum Cäsar zu ernennen! Und welche Wahl hat er mir gelassen? Er hat mich mit einer ungenügenden Anzahl Soldaten und mit untüchtigen Heerführern hergeschickt! Nachdem ich trotz allem Erfolg habe, ist er meiner Siege überdrüssig?«
Eutherius betrachtete ihn mit seinen dunklen, geduldigen Augen, und als Julian endlich schwieg, erwiderte er sanft: »Komm schon, wieso überrascht dich das? Du kennst den Mann so gut wie irgendwer. Ich hatte erwogen, es dir gar nicht zu erzählen. Doch es ist sicherlich besser, wenn du es weißt und zu deinem Vorteil nutzt, als dass du dich Illusionen hingibst. Ich jedenfalls würde das vorziehen.«
Als Julian an ihm vorbeiwollte, ergriff Eutherius seinen Arm und zog ihn zurück auf die Liege. »Und was geht den Oberkämmerer und sein Beamtenheer die Sicherheit der Grenzen an? Jeder ist von Ehrgeiz getrieben – ein Umzug in besseres Quartier, eine Bestellung neuer Wandteppiche und Möbel, die Bereitstellung eines zusätzlichen Hausdieners oder einer Geliebten oder einer rehäugigen Dienerin. Das sind die Interessen bei Hof. Was sind dagegen schon die Grenzen?«