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Er starrte auf den Dolmen und erkannte in der abgerissenen Tür, dem ungeheuren Lärm, dem schaurigen Windstoß die Manifestation dessen, was keiner von ihnen für möglich gehalten hatte. Als er das akzeptiert hatte, stolperte er vorwärts, direkt zur Tür, ohne zu merken, dass er sich mitten im Gestrüpp befand, das ihn festhielt. Er kämpfte sich von Stacheln und Dornen frei. Für ihn gab es nur die Tür, das Innere des Dolmen und die unsagbare Furcht vor etwas, das er nicht benennen wollte, aber dennoch begriff. Niemand musste ihm erklären, was soeben seiner Frau und ihrer Freundin, die eine Mörderin gewesen war, geschehen war.

Jemand packte ihn, und er nahm laute Stimmen wahr und verstand auch die Worte.»O Gott. Hierher. Kommen Sie, Mann. Saumarez. Um Gottes willen, halten Sie ihn fest. Saumarez, Licht, verdammt noch mal. Hier drüben. Hawthorne, gleich werden die Leute oben vom Haus kommen. Halten Sie sie zurück.«

Er wurde gezogen und gezerrt und dann vorwärts gestoßen. Dann war er von den Hecken befreit und rannte Le Gallez hinterher zum Dolmen.

Denn der stand da, wie er schon seit hunderttausend Jahren stand:

Granit, aus dem Stoff gehauen, aus dem die Insel selbst gemacht war, Mauern, Boden, Decke, und dann in der Erde verborgen, die die Menschen hervorgebracht hatte, die immer wieder versuchen sollten, ihn zu zerstören.

Ohne Erfolg. Selbst jetzt.

Le Gallez brüllte Befehle. Er hatte seine Taschenlampe herausgezogen und leuchtete mit ihr ins Innere des Dolmen. Ihr Licht fiel auf den Staub, der in die Höhe stieg wie die erlösten Seelen am Tag des Jüngsten Gerichts. Über seine Schulter hinweg sprach er mit einem seiner Männer, der ihn etwas fragte. Und diese Frage — wie auch immer sie lautete, St. James war unfähig, irgendetwas wahrzunehmen außer dem, was dort im Inneren des Dolmen auf ihn wartete — veranlasste Le Gallez, an der Tür stehen zu bleiben, um zu antworten. St. James sah eine Gelegenheit, in den Dolmen hineinzukommen, die sich ihm sonst vielleicht nicht geboten hätte, und er nutzte sie. Er begann zu beten, als er hineinschlüpfte, mit Gott zu feilschen: Wenn sie überlebt, werde ich alles tun, alles sein, alles versuchen, was du willst, alles annehmen. Nur bitte, Gott, nicht dies, nicht dies.

Er hatte keine Lampe, aber das machte nichts. Er brauchte kein Licht, er hatte seine Hände. Er ertastete sich seinen Weg ins Innere. Er schlug mit den Händen auf die rauen Steine, er schrammte mit den Knien dagegen, und in seiner Hast stieß er sich an irgendeinem tiefen Stein in der Decke den Kopf an. Er taumelte und fühlte die Wärme seines Bluts, das aus der Wunde an der Stirn sickerte. Er feilschte immer noch. Ich werde alles sein, was du von mir verlangst, alles tun, alles annehmen, ohne Frage. Ich werde für andere leben, nur für sie leben, treu und loyal sein, besser zuhören, versuchen zu verstehen, denn da liegt mein Versagen, da lag es schon immer, und du weißt das, und darum hast du sie mir genommen. Ist es nicht so, ist es nicht so, ist es nicht so.

Er hätte sich auf die Knie hinuntergelassen und wäre gekrochen, aber er konnte nicht. Er war in der Schiene eingesperrt, die ihn aufrecht hielt. Aber er musste kriechen, knien, um in der Finsternis und dem Staub, wo er sie nicht finden konnte, Gott anzuflehen. Er riss an seinem Hosenbein, versuchte, den verhassten Kunststoff zu erreichen und den Klettverschluss, aber es gelang ihm nicht, und darum fluchte er so viel, wie er bettelte und bat.

So fand ihn Le Gallez.»Heiliger Jesus«, sagte er und schrie, sich herumdrehend:»Saumarez, wir brauchen mehr Licht.«

Aber nicht St. James. Er hatte schon gesehen. Zuerst die Farbe, Kupfer, dann die Fülle und die Pracht — wie sehr hatte er ihr Haar geliebt.

Deborah lag unmittelbar vor dem leicht erhobenen Stein, den sie ihm als Altar beschrieben hatte, an der Stelle, wo Paul Fielder seiner Aussage nach das Gemälde der Dame mit dem Buch und der Feder gefunden hatte.

St. James rannte stolpernd zu ihr. Verschwommen nahm er um sich herum Bewegung wahr und Licht, das in die Kammer strömte. Er hörte Stimmen und das Scharren von Füßen auf Stein. Er roch den Staub und den beißenden Gestank des Sprengstoffs. Er schmeckte das Salz und das Kupfer seines Bluts, und er fühlte zuerst den kalten harten Stein des Altars, als er ihn erreichte, und dahinter den warmen, weichen Körper seiner Frau.

Er sah nur Deborah, als er sie herumdrehte. Das Blut in ihrem Gesicht und ihren Haaren, ihre zerfetzten Kleider, ihre geschlossenen Augen.

Er riss sie in seine Arme und drückte ihr Gesicht an seinen Hals. Er konnte weder beten noch fluchen, die Mitte seines Lebens — das, was ihn zu dem machte, was er war, er selbst — war ihm in einem Augenblick entrissen worden, den er nicht vorausgesehen hatte, nicht hatte voraussehen können. Ohne dass ihm ein Moment der Vorbereitung gegönnt worden war.

Er sagte ihren Namen. Er schloss die Augen, um nichts mehr sehen zu müssen, und er hörte nichts.

Aber er konnte noch fühlen, nicht nur den Körper der Frau, die er in den Armen hielt und nie wieder loszulassen schwor, sondern nach einer kleinen Weile auch den Hauch eines Atems, flach und schnell an seinem Hals. Barmherziger Gott. An seinem Hals.

«Mein Gott«, sagte St. James.»Mein Gott. Deborah!«

Er ließ seine Frau sachte zu Boden gleiten und rief laut um Hilfe.

Das Bewusstsein kehrte in zwei Stufen zurück. Zuerst kam der Ton: ein hohes, dünnes Vibrieren, das immer gleich blieb. Es erfüllte ihren Gehörgang und drückte pulsierend an die zarte, schützende Membran in seinem Inneren. Dann schien er durch das Trommelfell hindurchzusickern und in ihren Schädel einzudringen. Und dort blieb er. Es gab keinen Raum für andere Geräusche, wie sie sie bisher gekannt hatte.

Nach dem Ton kam das Licht: nur hell und dunkel, Schatten vor einem Vorhang, der die Sonne selbst zu sein schien. Der Glanz war so stark, dass sie sich ihm immer nur wenige Sekunden aussetzen konnte. Danach musste sie die Augen wieder schließen, wodurch das Geräusch in ihrem Kopf lauter zu werden schien.

Das Vibrieren blieb. Ob ihre Augen geöffnet oder geschlossen waren, ob sie wach war oder in einem Dämmerzustand zwischen Wachen und Schlafen, das Geräusch war da. Es wurde ihr zur einzigen Konstanten, auf die sie sich verlassen konnte, und sie nahm es als ein Zeichen dafür, dass sie am Leben war. Vielleicht, dachte sie, hören Kinder so, wenn sie zur Welt kommen; vielleicht ist dies ihre erste klangliche Wahrnehmung. Es war etwas Greifbares, ein Orientierungspunkt, und als den nahm sie den Ton und schwamm zu ihm hinauf, wie man zur fernen Oberfläche eines Sees hinaufschwimmt, unter schweren, heftig wogenden Wellen, in denen dennoch stets die Verheißung von Luft und Sonne blitzt.

Als Deborah das Licht länger als ein paar Sekunden vertragen konnte, erkannte sie, dass es daran lag, dass der ewige Tag endlich zur Nacht geworden war. Wo immer sie sich befand, aus der strahlenden Helligkeit einer für das Publikum erleuchteten Bühne war ein dämmriger Raum geworden. Eine schmale Neonröhre über ihrem Bett warf einen sanft leuchtenden Schein auf ihren Körper, der sich unter der dünnen, über ihm ausgebreiteten Decke in Hügeln und Tälern abzeichnete. An ihrem

Bett saß ihr Mann auf einem Stuhl, den er so nahe herangezogen hatte, dass er den Kopf auf ihrer Matratze legen konnte. Seine Arme hielten seinen Kopf umschlungen, und sein Gesicht war von ihr ab- gewandt. Sie wusste, dass es Simon war, weil sie diesen Mann überall erkannt hätte: seine Größe und seine Gestalt, wie sein Haar sich im Nacken lockte, wie seine Schulterblätter zu glatten, kräftigen Flächen wurden, wenn er die Arme hob.

Ihr fiel auf, dass sein Hemd schmutzig war. Auf dem Kragen waren rotbraune Flecken, als hätte er sich beim Rasieren geschnitten und das Blut hastig mit seinem Hemd abgetupft. Schmutzstreifen zogen sich über den Ärmel an dem Arm, der näher bei ihr lag, und auch der Stoff der Manschetten war mit Blut voll gesogen. Mehr sah sie nicht von ihm, und ihr fehlte die Kraft, ihn zu wecken. Sie konnte nur ihre Finger ein paar Zentimeter näher zu ihm hin schieben. Aber das genügte.