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Der Kopf war ein schimmerndes, ovales Metallgebilde, der Mund durch eine Öffnung mit hochgezogenen Ecken gekennzeichnet, der eine Arm eine Prothese, während die Augen, seltsam stechend, durch zwei runde Löcher blickten.

Rogers raffte sich auf und trat auf die Gestalt, die inzwischen die Grenze passiert hatte, zu und fragte: »Herr Martino?«

Der Mann mit dem Metallkopf nickte.

»Mein Name ist Rogers«, stellte sich der Beamte jetzt vor und deutete dann auf seinen Begleiter. »Und dies ist Herr Haller vom Außenministerium.«

»Wie geht es Ihnen, Herr Haller?« fragte Martino höflich.

Ehe dieser antworten konnte, öffnete Rogers die Wagentür und schob Martino in den Wagen. Dann stieg er mit dem Mann vom Außenministerium ebenfalls ein und zog die Tür hinter sich zu.

Der Fahrer startete und schlug die Richtung nach Rogers Büro ein, gefolgt von den Jeeps der Militärpolizei.

Martino saß unbeweglich in dem weichen Polstersitz. »Ein wunderbares Gefühl, wieder daheim zu sein.« Seine Stimme klang etwas gepreßt.

»Das kann ich mir vorstellen«, nickte Haller, während Rogers sich in Schweigen hüllte.

Eine Weile später hielt der Wagen, vor einem großen Gebäude. Rogers und Haller stiegen mit Martino aus.

»Ich denke, daß für mein Ministerium die Angelegenheit mit der Rückkehr Herrn Martinos beendet ist«, bemerkte Haller. »Nachdem ich meinen Bericht geschrieben habe, gehe ich sofort zu Bett. Gute Nacht, Rogers. Es macht Spaß, mit Ihnen zu arbeiten.«

Sie gaben sich kurz die Hand, dann geleitete Rogers Martino durch einen Seiteneingang in das Gebäude.

»Er hat sich meiner schnell entledigt, nicht wahr?« meinte Martino, während er Rogers nach einer Treppe folgte, die in den Keller führte.

»Hier herein, bitte, Herr Martino.«

Sie traten in einen langen Flur. Auf beiden Seiten befanden sich mehrere Türen, die in gleichmäßigen Abständen die getünchte Betonwand unterbrachen. Rogers blieb stehen und sah sich einen Augenblick suchend um.

»Ich denke, wir nehmen diese hier, Herr Martino«, sagte er dann. »Bitte, folgen Sie mir.« Dabei schloß er eine der Türen auf und trat ein.

Der Raum war klein. Eine Pritsche stand an der einen Wand mit einem weißen Kopfkissen und einer Armeedecke. In der Mitte befanden sich ein Tisch und ein Stuhl. Eine unverkleidete Birne erleuchtete den Raum. Zwei Türen führten in einen kleinen Abstellraum und in ein Bad.

Martino sah sich in dem Zimmer um.

»Hm … Halten Sie Ihre Interviews mit Heimkehrern immer in diesem Raum ab?« Seine Frage klang müde.

Rogers schüttelte den Kopf. »Das gerade nicht. Ich muß Sie leider bitten, vorerst hierzubleiben.« Ehe Martino etwas erwidern konnte, hatte Rogers den Raum verlassen und hinter sich die Tür abgeschlossen. Eine dünne Schicht kalten Schweißes lag auf Rogers Stirn. Er blieb einen Moment gegen die schwere Stahltür gelehnt stehen, zündete sich eine Zigarette an und betrachtete seine zitternden Finger. Dann eilte er nach dem automatischen Aufzug und fuhr in das obere Stockwerk, in dem sein Büro lag. Als er das Licht einschaltete, dachte er an seine Mitarbeiter und deren Begeisterung, wenn er sie jetzt aus dem Bett holte.

Er ging zum Telefon, und wählte zuerst die Nummer Deptfords. Deptford war sein Chef und der Leiter der örtlichen Dienststelle.

Deptford meldete sich augenblicklich. »Hallo!«

»Hier ist Rogers.«

»Hallo, Shawn, ich habe auf Ihren Anruf gewartet. Alles in Ordnung, mit Martino?«

»Nein. Schicken Sie mir ein Sonderkommando, und das so schnell wie möglich. Ich brauche einen zuverlässigen Mann, der mit mikromechanischen Dingen umzugehen weiß, mit der erforderlichen Anzahl Gehilfen. Dann brauche ich einen Kontrollexperten und einen Psychologen.«

»Was ist denn los, Rogers? Was soll dieser Unfug? Sie wissen, daß Ihr Büro für solche Dinge nicht ausgerüstet ist.«

»Tut mir leid, aber ich wage nicht, Martino an einen anderen Platz zu bringen.«

* * *

Im Bad spürte Rogers, wie das heiße Wasser seine verletzte Hüfte umspülte. Bei einem Aufruhr hatte ihn ein Pflasterstein getroffen. Als er jetzt die Schwellung betrachtete, wußte er, daß er sich auf dem absteigenden Ast befand.

Noch ein paar Jahre, dann ist es aus mit mir, dachte er. Ich kann es heute kaum noch aushalten, wenn es feucht wird. Und dann kommt der Tag, an dem ich etwas versuche, das ich eine Woche zuvor noch geschafft habe, aber es wird nicht mehr als ein kümmerlicher Versuch. So geht es weiter. Ich werde falsche Entscheidungen treffen, meine Leute verdächtigen und schließlich nicht mehr wissen, wo ich bin. Tja, und dann werde ich von irgend so einem Pulver leben, bis es die hohen Herren merken und mich in eine weit entfernte Ecke abschieben. Oder wenn das nicht geschieht, wird Azarin mir eines Tages gewaltig eines auswischen.

Er schüttelte sich. Im Wohnzimmer schellte das Telefon. Vorsichtig stieg er aus der Wanne und wickelte sich in das Badetuch, das die Größe eines Bettlakens hatte und das er nach Amerika mitnehmen würde, sollte er jemals wieder dorthin versetzt werden. Am Telefon angelangt; nahm er den Hörer ab und meldete sich: »Wer ist da?«

»Herr Rogers?« Er erkannte die Stimme eines Telefonisten im Außenministerium.

»Ja, am Apparat.«

»Herr Deptford möchte Sie sprechen. Einen Moment, bitte.«

»Danke.« Rogers wartete, wagte aber nicht, seine Zigaretten aus dein Schlafzimmer zu holen.

»Shawn? Man hat mir in Ihrem Büro gesagt, Sie seien zu Hause.«

»Stimmt? Was gibt’s denn?«

»Ich habe eben mit dem Sicherheitsminister gesprochen. Wie kommen Sie mit Martino voran, haben Sie schon etwas Endgültiges festgestellt?«

Rogers überlegt, wie er es seinem Chef beibringen sollte. »Nein, bis jetzt noch nicht. Wir hatten ja auch nur einen Tag Zeit.«

»Das weiß ich. Und wie lange, glauben Sie, werden Sie noch brauchen?«

Rogers runzelte die Stirn. Er mußte vorsichtig sein und durfte nicht zuviel versprechen. »Eine Woche, würde ich sagen.«

»So lange?«

»Ich fürchte, ja. Die Spezialisten bearbeiten ihn Tag und Nacht, und sie tun, was sie können; aber der Kerl macht uns ’ne Menge zu schaffen: er ist wie ein großes, hartes Ei.«

»Ich verstehe«, sagte Deptford. Rogers konnte deutlich hören, wie sein Chef tief Atem holte. »Shawn — Karl Schwerin fragte mich, ob Sie wüßten, wie wichtig Martino für uns sei.«

Mit unbeweglicher Stimme erwiderte Rogers: »Sie können dem Herrn Minister sagen, daß ich mein Geschäft verstehe.«

»Schon gut, Shawn! Er wollte doch nur ganz sicher gehen, deshalb versuchte er, Sie anzuspitzen.«

»Was soll das heißen, anspitzen?«

Deptford zögerte, dann antwortete er: »Sie müssen das verstehen, auch er wird angespitzt.«

»Ich sähe ganz gern etwas weniger preußische Disziplin in unserer Abteilung!«

»Shawn, haben Sie in der letzten Zeit überhaupt geschlafen?«

»Nein. Ich werde jeden Tag einen Bericht schreiben, und wenn wir den Kerl ausgezogen haben, werde ich anrufen.«

»In Ordnung, Shawn. Ich werde es ihm sagen. Gute Nacht.«

»Gute Nacht, Chef.«

Rogers legte den Hörer auf die Gabel; das rote Leuchtzeichen auf dem Apparat erlosch. Er ging zur Badewanne zurück, legte sich in das immer noch warme Wasser und schloß die Augen. Er sah die Ordner über Martino. Der eine war immer noch fast leer. Einen Meter achtundsiebzig hieß es da. Sein Gewicht: 120 Kilo. Die Kopfwände schienen dick zu sein, daher das große Übergewicht.

Sonst paßte nichts aus der alten Identifikationstabelle. Hinter den Worten: Augen, Haar, Gesichtsfarbe standen nur Striche. Auch das Geburtsdatum fehlte, obwohl ein Psychologe ihm ein Alter gegeben hatte, das, unter Berücksichtigung von Fehlerquellen, ungefähr auf 1948 hindeutete. Fingerabdrücke? Besondere Kennzeichen? Narben?